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Chili und Schokolade

Chili und Schokolade

Titel: Chili und Schokolade
Autoren: Lilli Beck
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ich Konrad vermutlich nie kennengelernt), finde ich, dass er ein echter Snob ist. Widersprechen würde ich aber nie. Auseinandersetzungen gehe ich gerne aus dem Weg. Carla behauptet sogar, ich sei harmoniesüchtig, sonst würde ich meine geliebte Porzellanschnecken-Sammlung nicht vor Konrad in Kartons verstecken.
    Nachdem nun alle ihren Begrüßungschampagner geleert haben, eröffne ich das Buffet. «Bitte bedienen Sie sich.»
    Dr. Preysing greift ungeniert zu. «Das sieht alles äußerst deliziös aus!», sagt er anerkennend. «Ihre Kochkünste sind ja bekannt, Verehrteste. Ihr Gatte muss sehr stolz auf Sie sein.»
    So viel Lob bin ich nicht gewohnt, und die Worte lassen mich erröten. «Sehr freundlich, Dr. Preysing», bedanke ich mich verlegen und hoffe, dass Konrad auch alles gehört hat.
    Nach einer weiteren Vorstellungsrunde beginnt Konrad mit einem halbstündigen Weinseminar über die Bedeutung von Hanglagen, Jahrgängen und Bariquefässern. Das ist mir immer etwas peinlich. Aber endlich hat jeder Gast einen edlen Tropfen im Glas sowie einen Teller voller Köstlichkeiten in der Hand. Die Männer machen es sich auf unseren hellgrauen Leinensofas bequem, während wir Frauen auf den hohen Hockern um den Küchenblock Platz nehmen. Wir nennen uns inzwischen alle beim Vornamen und dementsprechend informell und fröhlich verläuft die Unterhaltung. Die Themen wandern von Kindern über Mode und Schönheit zum leidigen Thema Falten. Carlas absolutes Lieblingsthema …
    «Also, ich habe den genialsten Schönheitschirurgen der Welt! Wenn der Fett aus den Problemzonen absaugt, um die Lippen damit aufzuspritzen, sieht man anschließend nicht aus, als hätte man den Hintern im Gesicht.» Sie spitzt ihren prallen Mund (soweit das überhaupt möglich ist) und reckt ihn in die Runde. «Möchte jemand die Adresse?»
    Die jungen, faltenlosen Freundinnen von Konrads Kollegen unterdrücken sichtlich ihr Lachen und werfen sich verschwörerische Blicke zu, verkneifen sich aber jegliche Bemerkungen.
    Carla bietet außerdem noch die Visitenkarte ihres Friseurs an. Bei ihm verbringt sie noch mehr Zeit als unterm Messer. «Ich wechsele mein Styling ja mehrmals im Jahr», erzählt sie und sieht mich dabei streng an.
    Alma, die unserer Unterhaltung bisher nur konzentriert gelauscht hat, meint plötzlich gelassen: «Bei mir ist sowieso alles zu spät …»
    Wir müssen herzlich lachen. Ich mag den trockenen Humor meiner sonst so strengen Schwiegermutter. Doch dann lässt sie eine kleine Spitze gegen mich los.
    «… bei Evelyn dagegen nicht.»
    Während die anderen das Für und Wider von neuen Frisuren oder Schönheitsoperationen diskutieren, überlege ich, wie Alma es gemeint hat. Vielleicht war es ja nur ein Scherz.
    Ansonsten verläuft der Abend locker und ungezwungen – ganz nach Konrads Wünschen. Eulalia flitzt fast unbemerkt wie die Kommandeurin aller Heinzelmännchen zwischen den Gästen hin und her. Kaum wird ein Teller zur Seite gestellt, hat sie ihn auch schon entfernt. Kein Gast muss aufs Nachschenken warten. Wer sich nicht selbst bedienen möchte, der sendet Eulalia einen kurzen Blick, und schon ist sie zur Stelle. Genauso liebt es Konrad: ein kultivierter Abend mit erlesenen Gästen, an dem viel gelacht, reichlich nachverlangt und fast alles aufgegessen wird.
    Beim Abschied bittet mich Tina um das Rezept von der Kürbiscremesuppe mit Garnelen. Während ich es notiere, wendet sich Dr. Preysing mit der ungewöhnlichen Bemerkung an mich: «Sie sollten Ihre Rezepte nicht nur für Freunde notieren, sondern ein Kochbuch schreiben. Das würde bestimmt ein Bestseller, glauben Sie mir. Ich hatte schon lange nicht mehr solche Delikatessen auf meinem Teller. Ein wahrhaft überirdischer Genuss! Herzlichen Dank, es war ein erlesener Abend, Frau Meyer.»
    Geschmeichelt bedanke ich mich ebenfalls und blicke zu Konrad, der gerade Alma in den Mantel hilft. Ob er das Lob diesmal wohl gehört hat?
    Ein kleines Lächeln umspielt seinen Mund. Er hat es gehört!, denke ich zufrieden und atme auf.
    Konrad zieht seinen Mantel an, um seine Eltern zum Taxi zu bringen und noch eine Runde mit dem Hund zu drehen. Mein fünfundachtzigjähriger Schwiegervater fährt nachts nicht mehr gerne, trinkt aber umso lieber Wein. Und Oscar, der den ganzen Abend brav im Körbchen gelegen hat, springt begeistert auf.
    In der Zwischenzeit bringe ich mit Eulalias Hilfe alles wieder in Ordnung. Schmutziges Geschirr würde ich nie über Nacht stehen lassen, egal,
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