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Chili und Schokolade

Chili und Schokolade

Titel: Chili und Schokolade
Autoren: Lilli Beck
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Oscar.» Beruhigend tätschle ich seinen Kopf. «Das war doch nur die Getränkelieferung für unsere Gäste.»
    Während ich die Kisten ins Haus schleppe, rennt Oscar raus. Aufgeregt beschnüffelt er die Fußspuren des Störenfrieds, pinkelt demonstrativ gegen das Gartentor und bleibt dann dort sitzen, um für den täglichen Mittagsspaziergang loszustürmen. Leider ist auch dafür keine Zeit. Ich locke ihn mit einem Würstel zurück ins Haus. Heute muss er sich ausnahmsweise mal im Garten austoben. Unser Haus, ein langgestreckter Flachbungalow, steht nämlich in der Nähe des alten Englischen Gartens auf einem idyllischen Grundstück, durch das ein Seitenarm des Eisbachs fließt. Ein Gartenarchitekt hat die neuen Pflanzungen auf den alten Baumbestand abgestimmt und eine kleine Zugbrücke über den Bach bauen lassen, die nur von unserer Seite aus hochgezogen werden kann. So gelangen wir auch von dieser Seite in den öffentlichen Teil des Parks.
    Noch während ich meinen Ablaufplan für den Abend durchgehe, erscheint Eulalia Gschwendner, meine Perle. Eulalia ist Mitte fünfzig und eine typische Münchnerin, die sich nie aus der Ruhe bringen lässt. Ihr streichholzkurzes, fast weißes Haar, das runde Gesicht, die klaren blauen Augen und die schlanke Figur entsprechen jedoch nicht der gängigen Vorstellung einer Haushaltshilfe. Als unsere Zwillinge noch zu Hause lebten, kam Eulalia zwei, drei Mal die Woche. Jetzt sind die Jungs aus dem Haus, und sie hilft mir nur noch bei großen Einladungen.
    Einen roten Mopp in der Hand, steht sie kurz darauf in einer schneeweißen Kittelschürze parat. «Ich wische nochmal schnell über den Fußboden und kontrolliere dann, ob genug saubere Handtücher, frische Seife und Papier auf der Gästetoilette sind», verkündet sie in gewohnt resolutem Ton. «Danach helfe ich Ihnen.»
    «Wunderbar, Eulalia. Ohne Sie würde ich das heute nicht schaffen.» Mein Lob ist keine alberne Herrschaftsfloskel, sondern wirklich ehrlich gemeint. Sie ist nämlich die beste Hilfsköchin, die man sich wünschen kann.
     
    Nach fünf Stunden konzentrierter Arbeit sind die kalten Vorspeisen fertig angerichtet. Im Rohr brutzeln die Filethappen bei kleiner Hitze. Um die Schokotörtchen schmiegen sich frische Himbeeren, und im Eisfach steht ein Fruchtsorbet. Die Getränke sind gekühlt, die Zutaten für die trockenen Martinis bereitgestellt, und in der Kristallkaraffe atmet der Rotwein. Überall in unserem durchgängig in Grau-Weiß gestylten modern-puristischen Heim flackern weiße Kerzen, und der zarte Duft weißer Blumensträuße erfüllt das Haus. Ich trage Konrads Lieblingskleid, hellgrau und schlicht geschnitten, dazu gleichfarbige niedrige Wildlederpumps und als einzigen Schmuck mein Hochzeitsgeschenk, eine zweireihige Perlenkette. Meine Fingernägel glänzen frisch poliert, sogar meine ramponierte Frisur konnte ich einigermaßen wieder hinföhnen.
    Als ich mir für die letzten Handgriffe noch eine frische weiße Schürze umbinde, höre ich Konrads Auto vorfahren. Er kommt von der Düsseldorfer Großbaustelle zurück, auf der er als leitender Architekt wieder mal die ganze Woche verbracht hat. Auch Oscar erwacht aus seinem Schläfchen auf dem Sofa, springt sofort runter und legt sich brav in sein Körbchen.
    Ich eile zur Haustür, um ihn zu begrüßen. Doch Konrad rauscht an mir vorbei. Und noch während er seinen schwarzen Trenchcoat im Garderobenschrank verstaut, höre ich ihn fragen: «Ist alles bereit?»
    «Selbstverständlich», versichere ich ihm.
    Zufrieden präsentiere ich die angerichteten Speisen auf unserem imposanten Küchenblock. Das schneeweiße skulpturale Stück in Z-Form, mit den milchweißen Glasfronten und der polierten Arbeitsfläche aus hellgrauem Granit stammt, wie unsere gesamte Einrichtung, von einem italienischen Designer. Konrad liebt die klaren, schnörkellosen Formen der Italiener. Es versteht sich von selbst, dass er keine überflüssige Dekoration mag. Auch keine Familienfotos, ja nicht mal unsere Söhne in silbernen Rahmen. Als einzige Auflockerung im Raum gestattet er eine eckige Glasschale, in der immer genau fünf gleich große Äpfel liegen müssen. Vier grüne und ein roter!
    Ohne erkennbare Regung wandert Konrads Blick über die kulinarische Pracht. «Bestens, dann gehe ich mich jetzt frisch machen.» Ein kurzes höfliches Nicken in Richtung Eulalia und er ist im Bad verschwunden.
    Bei einem alten Ehepaar wie uns ist eine knappe Kommunikation nichts Ungewöhnliches. In
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