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Chiemsee Blues: Hattinger und die kalte Hand (German Edition)

Chiemsee Blues: Hattinger und die kalte Hand (German Edition)

Titel: Chiemsee Blues: Hattinger und die kalte Hand (German Edition)
Autoren: Thomas Bogenberger
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i ma irgendwann amoi an neuen aussuchen ...“
    „Wieso, Hattinger ist doch ganz okay, Chef ... Hattinger, mein ich natürlich.“
    Mia stand draußen neben ihrem Wagen. Sie öffnete einladend den Kofferraum, damit Hattinger seine Sachen reinstellen konnte.
    „Kauf ma vielleicht no a bissl an Schampus für heut Abend, was meinst?“, schlug sie vor.
    „Wär an sich koa schlechte Idee, aber heut Abend muass i für die Leni a Entn braten. Die fahrt ja morgen Früh scho wieder.“
    „Des geht ja scho wieder guad los ... Aber dann könnt’ma ja morgen wenigstens a bissl an Ausflug machen?“
    „Morgen geht’s’ ned, duat ma leid. Morgen muaß i unbedingt no auf a Beerdigung ...“
    Mia schaute Hattinger ungläubig an.
    „Seit wann gehst jetz du freiwillig auf a Beerdigung?“
    Hattinger zuckte mit den Schultern.
    „Mei ... Die Dinge des Lebens san im Fluss, verstehst ...?“

Kleine Sprachkunde
    „Wenn i dem Biaschal oane aufgstricha hätt, waar er übern ganzn Chiemsee gflogn, des kenna S’ ma fei glaum, Herr Kommissar! I hab’n aber gar ned troffa. I woaß ah ned, warum der so ausschaugt ...“ Übersetzung: „Wenn ich dem Bürschchen eine geknallt hätte, wäre er über den ganzen Chiemsee geflogen, das können Sie mir echt glauben, Herr Kommissar! Ich habe ihn aber gar nicht getroffen. Ich weiß auch nicht, warum der so aussieht ...“
    Was, meinen Sie, klingt jetzt charmanter, hinterkünftiger, schlitzohriger, wärmer ... ? Lernen Sie den Satz auf jeden Fall schon mal auswendig, den brauchen wir später noch.
    Also, zur Sache. Bairisch schreiben. Geht das? Soll man das? Muss das denn sein? Da gehen die Meinungen auseinander.
    Der Germanist wendet sich vielleicht mit Grausen. Das ist in Ordnung, denn erstens kann er das besonders gut, und zweitens steht er dann nicht mehr im Weg rum.
    Der Preuße, also aus Sicht des Oberbayern alle, die ihren Ursprung nördlich des Weißwurschtäquators haben – mit Ausnahme des Franken vielleicht, der aus hiesiger Perspektive so eine Art Zwischenexistenz darstellt, einen Puffer zum Norddeutschen gewissermaßen –, also der Preuße kommt damit klar, solang man es nicht übertreibt. Es erinnert ihn an das, was er aus dem Urlaub kennt, und wenn er dabei nicht immer den Originalklang im Ohr hat, macht das nichts, Hauptsache er versteht den Inhalt, ohne sich einen abzubrechen.
    Das eigentliche Problem ist der Bayer. Der Bayer ist skeptisch. Das ist er von Haus aus, per se, unausweichlich. Er kann gar nicht anders, weil es zu seinem innersten Wesen gehört, misstrauisch zu sein. Und er will auch gar nicht anders. Der Bayer ist eben zum Beispiel kein Rheinländer. Der ist schnell begeistert und wacht dann später auf aus sei ner ungezügelten Euphorie, beim Bayern ist es eher umgekehrt. Aber um diese Umkehrung zu erleben, muss man Sitzfleisch haben. Und bisweilen wird auch das Sitzfleisch welk, bevor der Bayer einen Enthusiasmus entwickelt für irgendetwas Neues, Anderes, Ungewohntes.
    Man sollte ihn aber ja nicht unterschätzen, den Bayern und seine Wandlungsfähigkeit! Es wurde tatsächlich schon von welchen berichtet, die 60 Jahre lang die Schwarzen gewählt haben, ohne mit der Wimper zu zucken – nein, nicht dunkelhäutige Menschen, sondern die Partei, die sich hierzulande gern als gottgegebene Einheit mit dem Staat betrachtet –, um dann urplötzlich im vorgerückten Greisenalter ihr Kreuzchen bei einem Grünen zu machen, und das ganz ohne Alzheimer!
    Aber jetzt bin ich ein bisschen abgeschweift. Der Bayer also wird am ehesten etwas auszusetzen haben, wenn in seinen gestrengen Augen etwas schriftmäßig nicht ganz so ausschaut, wie es seine Ohren gewöhnt sind. Und schon das ist relativ, denn der oberbairische Dialekt passt sich alle paar Kilometer geschmeidig wie der berüchtigte Wolpertinger dem Höhenverlauf des endmoränengeprägten Voralpenlandes an, und von anderen bayerischen Regionen wollen wir hier ja gar nicht reden. So mag sein, dass die Rohrdorferin „er kommt“ sagt, der Priener „er kimmt“, aber die Tittmoningerin schon „er kummt“. Oder auch umgekehrt, je nachdem, wer diese Aussage trifft und wo er mit seiner buckligen Verwandtschaft herkommt. Nur „er kam“ sagen sie alle drei nicht, weil es eine einfache Vergangenheit nicht gibt. „Er is kemma“ heißt es dann, oder „er is komma“, auch wenn dieses Ereignis erst dreißig Sekunden her ist. „Er is kimma“ gibt es aber wiederum nicht, was beweist, dass dem Ganzen nicht mit Logik
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