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Charlotte

Charlotte

Titel: Charlotte
Autoren: Felix Thijssen
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auf Geld aus ist«, sagte ich.
    »Umso besser.«
    Sie sah mein Gesicht und lächelte. »Nicht weil wir dadurch billiger wegkommen«, erklärte sie, »sondern weil es sie sympathischer macht und dadurch vielleicht alles vereinfacht.«
    Ich hörte ein Auto. Ich dachte an Charlotte zwischen den Blumen in Deutschland und stundenlang allein mit Leonoor im Wagen. »Bitte warten Sie hier«, sagte ich.
    Gwenaëlle war schon auf dem Weg durch die Diele und ich stand dicht hinter ihr, als sie die Tür öffnete.
    »Bonjour!« Die Bretonin strahlte und Charlotte umklammerte einen Moment ihre ausgestreckten Hände, als fände sie eine Bundesgenossin auf feindlichem Terrain. »Gwenaëlle.« Sie sprach den Namen sorgfältig aus. »Wie geht es dir?«
    »Ich wusste gar nicht, dass ihr euch kennt.« Ich gab Charlotte die Hand und nickte Leonoor zu. Hinter ihr stand der neue Honda. »Guten Tag, Mevrouw Brasma. Gut, dass Sie gekommen sind.« Leonoor sah streitbar aus. Sie trug einen karierten Schottentweedrock, dunkelroten Lippenstift und eine weite schwarze Kunstlederjacke.
    »Mevrouw erwartet Sie«, sagte Gwenaëlle mit reserviertem Lächeln. »Darf ich Ihnen die Jacke abnehmen?«
    »Nein, ich behalte sie lieber an«, erwiderte Leonoor und schaute mich an. »Ist der Rechtsanwalt schon da?«
    »Noch nicht, bitte kommen Sie herein.«
    Wir drängten uns durch die Diele. Gwenaëlle öffnete die Wohnzimmertür. »Soll ich Kaffee aufsetzen?«, fragte sie.
    »Nicht für mich«, antwortete Leonoor und marschierte energisch an mir vorbei ins Wohnzimmer.
    »Bitte lassen Sie uns einen Moment allein«, sagte ich. Gwenaëlle nickte und ich schloss die Tür.
    Heleen Runing stand mitten im Raum. Leonoor blieb zwei Schritte von ihr entfernt stehen: »Ich bin Leonoor Brasma.«
    »Heleen Runing.« Heleen nickte Leonoor zu und gab sich große Mühe mit einem Lächeln für Charlotte. »Guten Tag, Charlotte. Ich freue mich, dass du gekommen bist.«
    Verlegen erwiderte Charlotte ihr Lächeln. »Mein Beileid noch zum Tod Ihres Mannes«, sagte sie. »Ich wollte zur Beerdigung kommen, aber ich wusste nicht, wann sie stattfand …« Sie geriet ins Stottern und schüttelte den Kopf. »Nein, ich wusste einfach nicht, ob ich willkommen war.«
    »Nun …« Heleen wirkte im ersten Augenblick überrumpelt von ihrer Direktheit. Dann ging sie zu ihr hin und nahm ihre Hand. »Weißt du, da waren wir auch noch ziemlich durcheinander. Aber gemeinsam schaffen wir das schon. Wir haben viel zu besprechen.«
    »Erst das Geschäftliche«, sagte Leonoor. Ihr Blick wanderte zu mir und wieder zurück zu Heleen. »Es wundert mich, dass Ihr Detektiv anwesend ist, ich dachte, wir würden uns mit Ihnen und Ihrem Rechtsanwalt unterhalten.«
    Ich sah es Heleens Gesicht an, dass ihr die Anschuldigung fortwährend auf den Lippen lag, aber sie beherrschte sich. Mit einer Handbewegung auf das Sofa sagte sie: »Bitte setzen Sie sich.«
    Leonoor setzte sich hin und straffte herausfordernd den Rücken. Heleen hatte sie geschickt auf den klassischen Platz für den Verdächtigen manövriert, ins volle Licht, das durch die Glastüren hineinfiel. Ich lächelte Charlotte an und winkte sie zu einem Armsessel am Kopf des Wohnzimmertischs, mit dem Rücken zum Steinway.
    Das Mädchen sagte: »Mir wäre es anders lieber gewesen. Jetzt sieht es so aus, als ob ich …«
    Leonoor unterbrach sie abrupt. »Charlotte, ich als deine Mutter bin der Meinung, dass wir das am schnellsten hinter uns bringen, wenn du mich reden lässt.«
    Charlotte entgegnete widerborstig: »Du bist nicht meine Mutter und es tut mir Leid, dass wir einen Rechtsanwalt eingeschaltet haben. Ich will nicht vom Tod meines Vaters profitieren, ich brauche kein Geld.«
    Leonoor hob gebieterisch die Hand und schaute wieder Heleen an. »Ich habe gehört, dass Sie einen Vergleich vorschlagen. Wenn es Ihnen besser passt, können wir auch im Auto auf Ihren Anwalt warten.«
    Heleen setzte sich mit steifen Bewegungen in einen Sessel schräg neben Charlotte und strich langsam ihren Rock glatt, als brauche sie Zeit, ihre Gedanken zu ordnen. »Mein Anwalt muss bei diesem Gespräch nicht anwesend sein«, sagte sie dann. »Sollte es sich als notwendig erweisen, kann er hinterher die nötigen Papiere ausstellen.«
    »Ich dachte, Sie wollten einen langen Prozess vermeiden.«
    Charlotte saß mit gerötetem Gesicht und angespannten Wangenmuskeln da und starrte auf den Fußboden. Ich war der Einzige, der noch stand, schräg hinter Heleen, den Rücken zum
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