Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Charlotte

Charlotte

Titel: Charlotte
Autoren: Felix Thijssen
Vom Netzwerk:
»Molenaar hat den Mann umgebracht.«
    Jetzt erwischte es Molenaar. Sie schüttelte die Freunde ab wie ein kranker Fisch seine Schuppen. »Runing hat Sie an dem Abend, bevor er ermordet wurde, angerufen, um sich mit Ihnen für den nächsten Tag zu verabreden«, sagte ich. »Er konnte erst am frühen Abend, weil er noch eine Verabredung zum Golfspielen hatte. Das sagte er doch?«
    Ich sah sie kalkulieren und schlussfolgern, dass es dumm wäre, das zu leugnen. »Na und?«, antwortete sie mürrisch. »Ich habe eine Stunde lang auf ihn gewartet.«
    »Aber er sagte auch, und zwar schon bei diesem Telefongespräch, dass Charlotte nicht seine Tochter sein konnte, dass Sie tot umfallen könnten und keinen roten Heller von ihm zu erwarten hätten. Das haben Sie eben doch selbst gesagt?«
    »Ich weiß nicht mehr genau, wie er sich ausdrückte.«
    »Ich glaube, dass Sie dachten, er solle besser selbst tot umfallen, dann konnten Sie einen Vaterschaftstest verlangen und einen Erbteil fordern. Vielleicht dachten Sie daran, Stef Molenaar zu bitten, das Problem für Sie zu lösen. Jedenfalls sind Sie noch am selben Montagabend nach Amersfoort gefahren. Das stimmt doch?« Ich stützte mich mit den Händen auf Charlottes Sessel ab und beugte mich nach vorn. »Die Wahrheit ist, es gibt einen Zeugen.«
    Leonoor zögerte nur einen kurzen Moment. Sie glaubte offenbar immer noch, davonkommen zu können. »Na ja, dann war ich eben da, na und?«
    »Sie benutzten den Schlüssel, um in die Wohnung hineinzukommen, aber Stef war nicht zu Hause«, sagte ich. »Er kam erst um vier Uhr morgens zurück. Sie wussten von der Mauser. Sie holten sie aus dem Schrank und nahmen sie mit, denn das war eine viel bessere Lösung. Stef war sein Gewehr abhanden gekommen. Niemand wollte ihm glauben, als er behauptete, es müsse gestohlen worden sein. Stef war der ideale Mörder.«
    Sie grinste unangenehm und erwiderte: »Ich muss mir hier Unsinn anhören, den kein Mensch beweisen kann.«
    »Jeder Mörder macht irgendwann mal einen Fehler«, sagte ich.
    Sie schnaufte. »Was du nicht sagst.«
    »Zwei Fehler«, fuhr ich fort. »Der Bewohner eines Hauses hinter dem Golfplatz von Heelsum sah kurz vor dem Mord jemanden mit einem schwarzen Barett aus einem Auto steigen und in Richtung Golfplatz verschwinden. Er dachte, es sei ein Angler gewesen, denn er bemerkte eine Art Anglertasche. Ich nehme an, die war für die Mauser.«
    »Das wird Molenaar gewesen sein«, sagte sie. »War’s das jetzt?«
    »Molenaar war zu Hause und sah fern«, antwortete ich. »Das Barett hängt an Ihrer Garderobe auf dem Hausboot. Neulich nachts wurde es übrigens noch einmal gesehen, auf dem Kopf einer Person, die die Wohnung von Molenaar betrat. Der größte Fehler war aber nicht das Barett, sondern dass Sie Ihre Sache zu gut machen wollten. Stef Molenaar war tot und Sie hätten es dabei belassen sollen, aber Sie wussten, dass noch Zweifel an seiner Schuld bestanden, und dachten, diese endgültig auszuräumen, wenn das Gewehr in seiner Wohnung gefunden würde. Dann würde man die Akte endgültig schließen. Das war doch der Grund?« Ich schüttelte den Kopf. »Wenn Sie das nicht getan hätten und einfach auf Ihrem Hausboot geblieben wären, anstatt Hals über Kopf nach Deutschland zu verschwinden, wären wir womöglich nie auf Sie gekommen.«
    »Wir?«
    »Die Polizei und ich.«
    »Dass ich nicht lache.« Jetzt klang sie wirklich unangenehm. »Ich sehe weder Polizei noch Beweise.«
    »Die Polizei kommt gleich. Ich hoffe, sie vergessen das Aufnahmegerät nicht. Ich denke, dass man einen Stimmenvergleich durchführen wird.«
    Die Farbe wich aus ihrem Gesicht. »Ich weiß nicht, wovon Sie reden.«
    »Die Nachbarin hat in der Nacht, bevor Sie überstürzt nach Deutschland abreisten, jemanden zu Stef hineingehen sehen. Eine Stunde später erhielt die Polizei in Culemborg einen Hinweis, dass Stef Molenaar sein Gewehr auf dem Oberboden in seinem Badezimmer versteckt hätte. Der Anruf kam aus dem Motel Maarsbergen, daran fährt man auf dem Weg von Amersfoort nach Oosterbeek vorbei. Die Polizei konnte nicht feststellen, ob es sich bei dem Anrufer um einen Mann oder eine Frau handelte. Doch die heutige akustische Technik ist phänomenal, man braucht nur zwei Worte in ein Mikrofon zu sprechen und ist aus allem raus. Ich meine, nur für den Fall, dass wir uns alle irren und wir uns nach einem anderen Scharfschützen umsehen müssen. Ihr Vater meinte, Sie wären die beste Schützin in der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher