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Champagnerwillich: Roman

Champagnerwillich: Roman

Titel: Champagnerwillich: Roman
Autoren: Michaela Möller
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hoch.
    »R. T. L.«
    »Dieser Sender steht nicht in unserem Verzeichnis.«
    Bob zieht noch einmal seine geblümte Krawatte zurecht und macht eine bedeutungsschwere Pause.
    »Guten Tag bei Future Home Entertainment . Mein Name ist Bob, und ich führe Sie durch Ihr Lieblingsprogramm. Welchen Sender möchten Sie sehen?«
    Mannomannomann. Ich komme zu der bitteren Erkenntnis, dass ich mich noch nicht einmal gegen einen virtuellen Mann durchsetzen kann.
    »RTL, bitte.«
    Bobs rechte Braue zuckt.
    »Bitte sprechen Sie laut und deutlich.«
    »Grrrrrr.«
    »Ich habe Sie nicht verstanden. Bitte wiederholen Sie Ihren Programmwunsch!«
    »Ich spreche laut, deutlich und akzentfrei. Und ich habe dieses Theater jetzt langsam satt.«
    »Sie möchten Sat1 sehen?«
    »Oh! Ja, meinetwegen.«
    Bob zieht seine rechte Braue hoch.
    »Dieser Sender steht nicht in unserem Verzeichnis.«
    »Jetzt hör mir mal gut zu, du elektronischer kleiner Mann.Ich möchte nichts als fernsehen. Und wenn keine Sender in deinem Verzeichnis stehen, dann lass dich gefälligst neu programmieren. Ach und ganz nebenbei, deine Krawatte sieht ziemlich albern aus.«
    Mein Gott, ich stehe mitten in der Nacht in einer fremden Wohnung mit nichts bekleidet als einer weißen Bettdecke und schreie einen Flachbildfernseher an.
    In diesem Moment steht Nathan in der Tür.
    »Was machst du denn da? Komm zurück ins Bett, und ich zeige dir ein neues Kapitel meiner Verführungskünste.«
    Es ist fünf Uhr nachts. Ich schrecke hoch. Wo bin ich? Wer bin ich? Und warum gibt mir Bob meine Fernsehzeitschrift nicht zurück? O Gott, die Nyktophobie hat mich ergriffen! Meine Erinnerungen kommen langsam wieder. Ich betrachte Nathans schlafenden Körper und schmiege mich an ihn. Ich muss noch einmal an seine Verführungskünste denken, und plötzlich fällt mir Prämie Nummer zwölf ein: die multifunktionale Mikrowelle. Die wird schnell heiß und ist nach dreißig Sekunden fertig!
    Gelernte Wörter: gerieren = benehmen;
    infaust = ungeschickt;
    Nyktophobie = Nachtangst.

5

EMOTIONALE MISCHFORMEN
    H err Schnüttge.«
    »Frau Schöneberg.«
    »Sehen Sie irgendeine Möglichkeit, meinen Hang zu ausgeprägt unsouveränen Aktivitäten medikamentös zu behandeln?«
    »Ich denke nicht.«
    »Verstehe.«
    Es ist Sonntagmorgen. Zehn Uhr. Und ich stehe nicht in der Schlange vorm Bäcker. Ich liege im Bett, betrachte Nathan und mache mir ernsthafte Gedanken darüber, nach welchen Kriterien sich der One-Night-Stand von einer Affäre und eine Affäre von einer Beziehung unterscheiden lassen. Ich meine, wenn man mit einem Mann schläft, heißt das noch lange nicht, dass man mit ihm zusammen ist. Geschweige denn, dass man ihn liebt. Andererseits lässt kein Sex niemals auf keine Liebe zurückschließen, jedoch immer auf keine Beziehung. Und als ob das nicht schon kompliziert genug wäre, kommen dann noch die emotionalen Mischformen wie die heimliche Geliebte, die betrogene Offizielle, die vorübergehende sexuelle Muse und die Dauerfreundin ohne weitere emotionale Ansprüche hinzu. Wo sind eigentlichdie Ratgeberseiten der Frauenzeitschriften, wenn man sie wirklich braucht?
    Als Kind hatte man für solche Probleme durchaus kompetente Lösungen. In der Schule gab es für solche Fälle Zettel, auf denen man mit einem Kreuzchen an der richtigen Stelle bestätigen konnte, ob man nun mit Paddy, Oli oder Uli ging. Damit war die Sache geklärt, und die Klasse inklusive dem Lehrer wusste von der frohen Botschaft meist noch vor dem Adressat.
    Und heute. Muss der Mann erst wissen, welches dein Lieblingsjoghurt ist oder dir den Schlüssel seines Sportwagens überlassen, oder müssen seine Socken in deiner Waschmaschine schwimmen, damit du endlich weißt, welchen Titel er dir inoffiziell verliehen hat?
    INOFFIZIELL!
    Und damit sind wir schon beim Kern jeglicher Verwirrungen. Der Mann an sich ist so ein verschwiegenes Wesen, dass er sich das Inoffizielle scheinbar zur Berufung gemacht hat. Darum werden sie ja auch CIA-Mitarbeiter, Spionageexperten oder Geheimagenten. Zudem könnte ich mir gut vorstellen, dass viele Männer Arzt, Therapeut oder Pfarrer nur wegen der gesetzlich abgesicherten Schweigepflicht werden.
    Misstrauisch blicke ich auf das langsam aufwachende, fremde Paket neben mir. Was war Nathan doch gleich von Beruf, Jurist? Gab es in Rechtsangelegenheiten nicht auch irgendeine strategisch wertvolle Schweigeklausel?
    Ich meine, es ist ein gutes Zeichen, dass Nathan mich mit zu sich nach Hause genommen
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