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Champagnernaechte sind gefaehrlich

Titel: Champagnernaechte sind gefaehrlich
Autoren: Elizabeth Lowell
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war nicht zu ihr gegangen. Statt dessen hatte er sich in seine Werkstatt zurückgezogen, um seiner Sehnsucht, seinem Kummer und den vergeblichen Träumen in schimmerndem Holz Form zu geben und Möbel für ein Familienleben zu tischlern, das er niemals genießen würde.
    Ein kalter Winterwind fegte durch den Canyon. Der überhängende Felsen dämpfte ihn, verwandelte ihn in die Stimmen eines Mannes und einer Frau, die sich im Dunkeln umarmten, schwebend zwischen Feuer und Regen.
    Und da erkannte Scott, warum Susan kein Lager unter dem Felsen aufgeschlagen hatte. Sie konnte die Leere ebenso wenig ertragen wie er.
    Nach wenigen Sekunden hatte er die Spuren gefunden, die derselben Richtung folgten wie damals im August. Die früheren Fußabdrücke waren längst vom Regen hinweggespült worden. Scott beschleunigte seine Schritte. Bald kletterte er die schmale Felsenschulter hinauf, die einen Ausblick in den Canyon bot. Niemand erwartete ihn, kein Mädchen mit blaugrünen Augen und einem Lächeln, das einen Mann von Heirat und Familie träumen ließ, vom Glück, die Kinder heranwachsen zu sehen, zu beobachten, wie sie sich den Herausforderungen dieses schönen unerbittlichen Landes stellen.
    „Susan?"
    Keine Antwort, nur der gespenstische Wind .. .
    Er schaute sich nach Spuren um, konnte aber keine entdecken. Der Boden bestand aus Kies oder glattem Gestein. Scott blickte in den Canyon hinauf, dann nach unten. Niemand zeigte sich.
    Er stieg auf der anderen Seite der Felsenschulter hinab. Keine Steinhäufchen markierten den Weg, nichts wies darauf hin, welche Richtung Susan eingeschlagen hatte. Hätte sie Kiesel zusammengelegt, würde die sinkende Sonne sie beleuchten wie weiße Flaggen.
    „Verdammt, Susan", murmelte er und sah sich ungeduldig um. „Du müßtest es besser wissen. Wie kann man zu einer solchen Expedition aufbrechen, ohne Markierungen zu hinterlassen und ..."
    Die zornigen Worte verstummten, als ihm der Atem ausging. Er schaute wieder in den Canyon hinauf. Nur Felsen und Pinien, Sonnenlicht und Schatten - sonst nichts ..
    Aber vorher war etwas dagewesen, ein rechteckiger Schatten, der seinen Erwartungen widersprach. Die Geometrie der Natur war rund, eine Kurve nach der anderen floß durch den unvorstellbaren Zeitenlauf. Die Geometrie des Menschen war eckig, eine Linie nach der anderen zog sich durch sorgfältig gemessene Zeiten. Und er hatte die Zeichen eines Menschen gesehen, die nichts mit dem Canyon zu tun hatten.
    Vorsichtig bewegte Scott wieder den Kopf. Und da erblickte er rechteckige Schatten inmitten der anmutigen Kurven des September-Canyons. Nur der ungewöhnliche Winkel in dem die Sonnenstrahlen einfielen, gestattete ihm, das Klippenhaus zu sehen, denn es wurde von Bäumen abgeschirmt und stand in einer der schmalen Nebenschluchten.
    Ein Schauer rann über seinen Rücken, als ihm bewußt wurde, daß er Ruinen betrachtete, die schon alt gewesen waren, als Kolumbus nach Indien aufgebrochen war und statt dessen die Neue Welt gefunden hatte.
    Und zwischen den Ruinen brannte ein verborgenes Feuer, das einen dünnen Rauchschleier zum bewölkten Himmel emporsandte. Scott ging darauf zu.
    Obwohl er wußte, wo die Ruinen waren, obwohl ihm das Sonnenlicht half, fand er es schwierig, sie wieder auszumachen, nachdem er weggeschaut hatte. Er blieb stehen, orientierte sich an markanten Stellen des Canyons, dann setzte er seinen Weg fort, mit der Selbstsicherheit eines Mannes, der es gewohnt ist, sich in der Wildnis zurechtzufinden. Jetzt rief er nicht mehr nach Susan. Der Wind und die Stille waren die einzigen Stimmen, die zum einsamen September Canyon paßten.
    Susan saß am Rand der Ruinen, in einem uralten Raum, der kein Dach hatte. Von den Wänden war genug übriggeblieben, um sie vor dem klagenden Wind zu schützen. Das kleine Feuer loderte wie ein winziger Teil der Sonne, der sich ins Halbdunkel zwischen den Mauerresten verirrt hatte. Sie starrte in die Flammen, die rechte Hand geballt. Tränen glänzten wie Silberregen auf ihren Wangen, ein langsamer Strom tiefer Trauer, der Scotts Herz zusammenkrampfte.
    „Bald wird ein Sturm losbrechen." Gefühle, die er nicht näher bezeichnen konnte, gaben seiner Stimme einen heiseren Klang. „Du solltest nicht hier draußen kampieren. Diese Stelle ist viel zu ungeschützt. Warum fährst du nicht mit zum Ranchhaus?"
    Susan wandte den Kopf und musterte den Mann, dessen Kind in ihrem Körper wuchs, den Mann, den sie liebte, den Mann, der ihre Liebe nicht
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