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Champagnernaechte sind gefaehrlich

Titel: Champagnernaechte sind gefaehrlich
Autoren: Elizabeth Lowell
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mit traurigen Augen, dessen Versuche, freundlich zu lächeln, Scotts Herz brachen. Vielleicht war es die Erinnerung an seine eigene Schwester, vielleicht das Bedürfnis, jemanden zu beschützen. Was immer auch der Grund gewesen sein mochte, Susan durchbrach die Barriere, hinter der er seine Seele verschanzt hatte.
    Einmal war er in einen entlegenen Winkel der Ranch geritten und hatte im September-Canyon eine alte Tonscherbe der Anasazi-Indianer gefunden. Dieses Stück aus einer fernen Vergangenheit schenkte er Susan und bemühte sich, ihr zu erklären, nichts gehe für immer verloren, alles sei ein Teil verflossener und künftiger Zeiten. Irgendwie verstand sie all das, wofür er keine Worte fand, und weinte zum erstenmal seit dem Tod ihrer Eltern. Er nahm sie in die Arme und spürte, wie sie ihm ihr Vertrauen schenkte. Und dabei war ihm zumute gewesen, als müsse er selbst um all das weinen, was er verloren hatte.
    „He, Scott!" Cash schnippte dicht vor den whiskeybraunen Augen seines Freundes mit den Fingern. „Kommst du wieder auf die Erde zurück?" Scott verzog die Lippen.
    „Wo ist die Torte?"
    „Da drüben."
    „Ich hatte schon Angst, daß du das sagen würdest." Mißbilligend betrachtete Scott den unförmigen Schokoladenhaufen, der an den Rändern verkohlt und in der Mitte klebrig feucht war. „Hoffentlich hast du die Glasur schon gemacht."
    „Die findest du in der Spüle."
    Scott schaute in die Spüle, die tatsächlich eine weiße Substanz enthielt. Ohne Schüssel. „Warum werfen wir das Ganze nicht in den Mülleimer?”
    „Ich habe schon Kerzen gekauft", protestierte Cash.
    „Steck sie doch in die Eiscreme."
    „Hör mal, wo bleibt deine Abenteuerlust? Wenn wir den Suppenlöffel zum Glasieren nehmen, tropft vielleicht nicht allzu viel auf den Boden."
    Scott schüttete gerade die erste Glasurladung auf die Torte, als Susans Stimme vor der Wohnungstür erklang. „Mach mir auf, großer Bruder, ich hab' die Hände voll!"
    Cash öffnete die Tür.
    „Alles Gute zum Geburtstag, Schwesterchen. Schau mal, wer da ist! Er kam zufällig vorbei und... He, paß doch auf!"
    Sekundenlang sah Scott nacktes Entsetzen in ihren blaugrünen Augen, dann packte Susan hastig die Pizzaschachtel, die ihr zu entgleiten drohte, und reichte sie ihrem Bruder.
    „Wie hübsch du geworden bist, Schulmädchen", meinte Scott gedehnt. Anschauen durfte er sie schon. Das gestattete er sich, aber sonst nichts. Kastanienbraunes Haar mit goldenen Strähnen, Augen, die wie das Meer schimmerten, ein Körper mit atemberaubenden Rundungen und dem Versprechen einer Leidenschaft, das fast schmerzhafte Gefühle in ihm entfacht hatte, als sie sechzehn gewesen war ... Rasch verdrängte er diese Gedanken und konzentrierte sich darauf, die Schwester seines besten Freundes in ihr zu sehen -mehr nicht. „Die Pizza schmeckt viel besser, wenn man sie nicht mit den Zähnen aus dem Teppich kämmen muß," fügte er hinzu.
    „Da kann ich dir nur beipflichten", erwiderte sie. „Auch ich ziehe einen Tisch und einen Teller vor."
    „Früher hattest du nichts gegen ein kleines Abenteuer einzuwenden." Er beobachtete, wie ihr seine Bemerkung unter die Haut ging und ihre kühle Fassade beinahe durchdrang, und er wußte, daß sie an jenen Abend vor zwei Jahren dachte, wo sie ihm ihre Liebe gestanden hatte.
    An jedem anderen Abend wäre es ihm gelungen, zu lächeln, Susan wegzuschicken und angesichts ihres Geständnisses nur ganz leichte Verlegenheit zu empfinden. Aber es war kein Abend wie jeder anderegewesen. Seine Sehnsucht nach Cashs kleiner Schwester hatte ihn vorher bewogen, zu tief in die Scotch-Flasche zu schauen. Und statt sich von ihr abzuwenden, packte und küßte er sie mit der ganzen wilden Leidenschaft, die ihn verzehrte. Als sie ihre Lust zu bezähmen und mit ihm zu reden versuchte, schrie er sie an: „Was glaubst du denn, was ein Mann von einer Frau erwartet, die ihn liebt, Schulmädchen? Und da liegt das Problem, was? Du bist ein Kind, das die Worte einer Frau ausgesprochen hat, und ich bin ein Mann, in dem du ein Feuer entzündet hast. Lauf weg, Schulmädchen! Lauf wie der Teufel und komm nie mehr zurück!"      
    Diesen Rat hatte Susan befolgt. Sie war weggelaufen und nie mehr zurückgekommen.
    „Inzwischen habe ich gelernt, daß Abenteuerlust nur ein anderes Wort für Dummheit ist", erwiderte sie nun.
    „Es gibt auch eine andere Art von Dummheit, zum Beispiel meine. Bedenk doch, was für ein Leben ich führte! In letzter Zeit
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