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Champagner und Stilettos

Champagner und Stilettos

Titel: Champagner und Stilettos
Autoren: Lauren Weisberger
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spitzen Fingern ihren triefenden Wollmantel auszog. »Ist sie schon da?«
    Luca hielt die Sprechmuschel des Telefons zu und deutete mit dem Bleistift über seine Schulter. »Wie üblich. Warum das sexy Kleidchen heute, cara mia? Möchten Sie sich vielleicht erst mal abtrocknen?«
    Sie strich ihr eng anliegendes, kurzärmliges schwarzes Jerseykleid glatt und hoffte sehr, dass es stimmte und ihr Outfit wirklich so sexy aussah, wie Luca sagte. Dieses Kleid war quasi ihre Gig-Uniform; je nach Wetter kombiniert mit Pumps, Sandalen oder Stiefeln trug sie es bei praktisch jedem von Julians Auftritten.
    »Ich bin fürchterlich spät dran … Hat sie schon sehr genölt?«, fragte Brooke und knautschte ihr Haar zusammen, um es vor der drohenden Kräuselattacke zu schützen.
    »Sie hat eine halbe Karaffe intus und ihr Handy noch kein einziges Mal weggelegt. Machen Sie lieber, dass Sie hinkommen.«
    Es folgte der dreifache Wangenkuss – gegen den dritten hatte Brooke anfangs protestiert, aber Luca ließ nicht mit sich handeln –, dann atmete sie tief durch und ging nach hinten an ihren Tisch. Nola saß bequem zurückgelehnt auf der Polsterbank. Ihre Kostümjacke hatte sie lässig über die Rückenlehne gelegt. Das dunkelblaue, ärmellose Kaschmirtop brachte ihre durchtrainierten Oberarme und ihren olivfarbenen Teint perfekt zur Geltung. Ihr schulterlanger Stufenschnitt war cool und sexy, ihre blonden Strähnchen schimmerten in der sanften Beleuchtung des Lokals, und ihr Make-up wirkte taufrisch. Niemand wäre auf die Idee gekommen, dass sie eine Zwölfstundenschicht im Hexenkessel des Parketthandels an der Börse hinter sich hatte.
    Brooke und Nola hatten sich erst in ihrem letzten Semester an der Cornell University kennengelernt, obwohl Brooke – wie alle übrigen Studentinnen – Nola vom Sehen kannte und ebenso fasziniert wie eingeschüchtert von ihr war. Im Unterschied zu ihren Kapuzenshirt und Ugg Boots tragenden Kommilitoninnen sah man die superschlanke Nola ausnahmslos in hochhackigen Stiefeln und Blazer und niemals, absolut niemals mit Pferdeschwanz. Sie war auf teure Privatschulen in New York, London, Hongkong und Dubai gegangen, wo ihr Vater als Investmentbanker arbeitete, und hatte als einziges Kind schwer beschäftigter Eltern sämtliche Freiheiten genossen.
    Wieso sie an der Cornell gelandet war anstatt in Cambridge, an der Georgetown oder der Sorbonne, wusste keiner so genau, aber man sah ihr an, dass sie nicht besonders beeindruckt von ihrer Umgebung war. Während die anderen auf sämtliche Studentenverbindungspartys gingen, mittags im Ivy Room aßen und sich abends in den diversen Kneipen des Universitätsstädtchens betranken, hielt Nola sich abseits. Gelegentlich gab es Einblicke in ihr Privatleben – ihre Affäre mit einem Archäologie-Professor, das gelegentliche Auftauchen attraktiver, geheimnisvoller Männer, die schnell wieder verschwanden –, ansonsten aber besuchte Nola brav ihre Seminare, erzielte stets Bestnoten und schwirrte jeden Freitagnachmittag eiligst nach Manhattan ab. Als die beiden Mädchen in einem Creative-Writing-Kurs zum gegenseitigen Lektorieren ihrer Texte zusammengespannt wurden, war Brooke so verunsichert, dass sie kaum ein Wort hervorbrachte. Wie gewöhnlich wirkte Nola weder sonderlich erbaut noch genervt, doch als Brooke eine Woche später ihren Text – über eine Friedensaktivistin im Kongo, die mit ihren Aufgaben hadert – von ihr zurückbekam, war er garniert mit nachdenklichen, einfühlsamen Anmerkungen und Vorschlägen. Und dann, als P.S. ihres langen und ernsthaften Kommentars: »Wie wär’s mit ’ner Sexszene im Kongo?« Brooke hatte einen solchen Kicheranfall bekommen, dass sie fluchtartig den Raum verlassen musste, um sich wieder einzukriegen.
    Nach dem Seminar nahm Nola Brooke mit in eine kleine Cafeteria im Untergeschoss eines der Unigebäude, wo Brookes Freundinnen nie hingingen, und kurze Zeit später war sie auch schon auf einem von Nolas Wochenendtrips nach New York mit dabei. Doch selbst jetzt, nach all den Jahren, erschien ihr Nola immer noch als ein höheres Wesen, und es war gut zu wissen, dass ihre Freundin heulen musste, wenn im Fernsehen Bilder von heimkehrenden Soldaten gezeigt wurden; dass sie heimlich von einem Häuschen mit Garten am Stadtrand träumte, obwohl sie nach außen hin für ein solches Spießerdasein nur Spott übrig hatte, und dass sie eine Heidenangst vor kleinen Kläffern hatte (Walter, Brookes Hund, natürlich
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