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Champagner und Stilettos

Champagner und Stilettos

Titel: Champagner und Stilettos
Autoren: Lauren Weisberger
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Kellnerjob zur Gehaltsaufbesserung bestand. Nicht, dass sie geglaubt hätte, es wäre ein Zuckerschlecken, für zweiundzwanzigtausend Dollar im Jahr täglich zwölf Stunden schuften zu müssen. Aber sie hatte die Kombination aus allem unterschätzt – zu lange Arbeitstage, zu wenig Geld, zu wenig Schlaf, zu wenig Privatsphäre in dem Zwei-Zimmer-Loft, das sie sich mit Nola und noch einer Freundin teilte. Weshalb sie auch rundweg ablehnte, als Nola sie eines Sonntagabends beschwor, mit ihr in eine Bar zu gehen, wo eine Jazzband spielte.
    »Komm schon, Brookie, du musst doch auch mal raus«, hatte Nola versucht, sie zu überreden, während sie ein enges schwarzes Tanktop überstreifte. »Die Musik soll richtig gut sein, und Benny und Simone halten uns Plätze frei. Fünf Dollar Eintritt und zwei Drinks zum Preis von einem, was kann man denn mehr verlangen?«
    »Ich bin einfach zu kaputt«, seufzte Brooke, die auf dem Wohnzimmerfuton lag und sich matt durch die Fernsehkanäle zappte. »Ich muss noch ein Referat schreiben, und in elf Stunden darf ich wieder bei der Arbeit antanzen.«
    »Herrje, mir kommen die Tränen. Du bist zweiundzwanzig, verdammt noch mal. Reiß dich zusammen und zieh dich an. Abflug in zehn Minuten.«
    »Aber es gießt draußen –«
    »Zehn Minuten, keine Sekunde länger, sonst bist du meine Freundin gewesen.«
    Als die Mädchen sich im Rue B’s im East Village zu Freunden vom College an einen winzigen Tisch quetschten, bereute Brooke ihre Nachgiebigkeit längst wieder. Warum ließ sie sich bloß immer von Nola bequatschen? Warum hockte sie jetzt hier in einer verqualmten, vollgestopften Bar vor einem wässrigen Wodka-Tonic und wartete auf ein Jazzquartett, das ihr herzlich egal war? Sie mochte Jazz nicht mal besonders, mochte eigentlich gar keine Live-Musik, außer Konzerte von Dave Matthews oder Bruce Springsteen, wo sie bei sämtlichen Songs mitträllern konnte. Aber so etwas war heute definitiv nicht geboten. Weshalb sie halb irritiert und halb erleichtert war, als die langbeinige blonde Barfrau mit einem Löffel – ping, ping, ping! – gegen ein Wasserglas schlug.
    »Hey, Leute! Hört ihr mal einen Moment her?« Sie wischte sich die freie Hand an der Jeans ab und wartete geduldig, bis die Menge ein bisschen ruhiger wurde. »Ich weiß, ihr freut euch schon alle auf die Tribesmen , aber wie wir gerade hören, stecken sie im Stau fest und werden es heute Abend nicht mehr rechtzeitig hierherschaffen.«
    Die Menge buhte und pfiff.
    »Schöne Scheiße, ich weiß. Ein umgekippter Lastwagenanhänger hat den ganzen Verkehr lahmgelegt …«
    »Wie wär’s mit einer Runde aufs Haus?«, rief ein älterer Mann von hinten.
    Die Barfrau lachte. »Tut mir leid. Aber falls jemand nach vorne kommen und uns etwas vorspielen will …« Sie sah den Mann aufmunternd an, der kopfschüttelnd abwinkte.
    »Im Ernst, wir haben ein einwandfrei gestimmtes Klavier. Kann hier irgendjemand spielen?«
    »Hey, Brooke, spielst du nicht Klavier?«, wisperte Nola so laut, dass alle am Tisch es hören konnten.
    Brooke verdrehte die Augen. »Ich bin in der achten Klasse aus dem Schulorchester geflogen, weil ich keine Noten lesen konnte. Sonst noch Fragen?«
    Die Barfrau gab nicht so leicht auf. »Kommt schon, Leute! Keine Müdigkeit vorschützen! Draußen schüttet es wie aus Eimern, und wir sind alle in Stimmung für ein bisschen Musik. Ich geb auch ’ne Runde Freibier aus, wenn sich einer von euch opfert.«
    »Ich kann ein bisschen klimpern.«
    Brooke schaute in die Richtung, aus der die Stimme kam, und sah einen etwas abgerissenen Typen allein an der Bar sitzen. Er trug Jeans und ein schlichtes weißes T-Shirt, und dazu eine Wollmütze, obwohl es Sommer war. Sie hatte ihn bisher nicht bemerkt, fand aber, dass er ganz annehmbar aussehen könnte – geduscht, rasiert und vor allem ohne Mütze.
    »Wunderbar!« Die Barfrau machte eine einladende Geste zum Klavier hin. »Und du bist der …?«
    »Julian.«
    »Na, Julian, dann greif mal in die Tasten.« Sie ging wieder hinter die Bar, Julian nahm auf der Klavierbank Platz. Er spielte stockend ein paar Akkorde, und die Leute verloren bald das Interesse und nahmen ihre Gespräche wieder auf. Selbst als er leise einen ganzen Song spielte (irgendwas Langsames, das Brooke nicht kannte), blieb die Musik eher ein Hintergrundgeräusch. Aber nach zehn Minuten spielte er die Einleitung zu »Hallelujah« und begann, mit überraschend klarer, kräftiger Stimme zu singen. In der Bar
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