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Cécile

Cécile

Titel: Cécile
Autoren: Theodor Fontane
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ist, auch nicht einmal äußerlich. Aber ich sehe, die Loge fängt an, ihre früheren Insassen wieder aufzunehmen und mich an Rückzug zu mahnen. Ich darf mich doch der gnädigen Frau recht bald in ihrer Wohnung vorstellen?«
    »Zu jeder Zeit, Herr von Gordon«, sagte Cécile. »Lassen Sie mich nicht länger warten, als Ihre geschäftlichen Obliegenheiten es fordern. Ich bin so begierig, von Ihnen zu hören.«
    All das wurd in Hast und Verlegenheit gesprochen, und sie wußte kaum, was sie sagte. Gordon aber empfahl sich und ging in seine Loge zurück.
    In dieser angekommen, gab er sich das Ansehen, als ob er dem zweiten Akt mit ganz besonderem Interesse folge, und wirklich nahm ihn der Wartburgsaal und das Erscheinen der Sänger eine Weile gefangen. Aber nicht auf lang, und als er wieder hinübersah, sah er, daß Cécile die Loge verließ und der Geheimrat ihr folgte.
    Das war mehr, als er ertragen konnte; tollste Bilder schossen in ihm auf und jagten sich, und ein Schwindel ergriff ihn. Als er es mühsam überwunden, sah er nach der Uhr: »Halb neun. Spät, aber nicht zu spät. Und sie sagte ja: ›zu jeder Zeit willkommen‹.«
    Und damit erhob er sich, um dem flüchtigen Paare zu folgen. Fand er sie, schlimm genug, fand er sie
nicht
... Er mocht es nicht ausdenken.

 
Sechsundzwanzigstes Kapitel
     
    »Ah, Herr von Gordon«, sagte die Jungfer, als der zu so später Stunde noch Vorsprechende mit aller Kraft (vielleicht um sein schlechtes Gewissen zu betäuben) die Klingel gezogen hatte.
    »Treff ich die gnädige Frau?«
    »Ja. Sie war im Theater, ist aber eben zurück. Die Herrschaften werden sehr erfreut sein.«
    »Auch der Herr Oberst zugegen?«
    »Nein, der Herr Geheimrat.«
    Gordon wurde gemeldet, und ehe noch die Antwort da war, daß er willkommen sei, trat er bereits ein.
    Cécile und der Geheimrat waren gleichmäßig frappiert, und das spöttische Lächeln des letztern schien ausdrücken zu wollen: »Etwas stark.«
    Gordon sah es sehr wohl, ging aber drüber hin und sagte, während er Cécile die Hand küßte: »Verzeihung, meine gnädige Frau, daß ich von Ihrer Erlaubnis einen so schnellen Gebrauch mache. Aber, offen gestanden, im selben Augenblicke, wo Sie die Loge verließen, war mein Interesse hin und nur noch der Wunsch lebendig, den Abend an Ihrer Seite verplaudern zu dürfen. Als Antrittsvisite keine ganz passende Zeit. Indessen Ihr freundliches Wort... Und so verzeihen Sie denn die späte Stunde.«
    Cécile hatte sich inzwischen gesammelt und sagte mit einer Ruhe, die deutlich zeigte, daß ihr unter diesem unerhörten Benehmen ihr Selbstbewußtsein zurückzukehren beginne: »Lassen Sie mich Ihnen wiederholen. Herr von Gordon, daß Sie zu jeder Zeit willkommen sind. Und die späte Stunde, von der Sie sprechen... Nun, ich entsinne mich eines Plauderabends mit dem Hofprediger, wo Sie später kamen. Auch aus dem Theater. Es war ein ›Don-Juan‹-Abend, und Sie hatten den Schluß abgewartet.«
    »Ganz recht, meine gnädigste Frau. Man will immer gern wissen, was aus dem Don Juan wird.«
    »Und aus dem Masetto«, setzte Hedemeyer hinzu, während er sich von dem Fauteuil, auf dem er eben erst Platz genommen hatte, wieder erhob.
    »Aber Sie wollen doch nicht schon aufbrechen, mein lieber Geheimrat«, unterbrach ihn Cécile, der in diesem Augenblick ihre ganze Verlegenheit zurückkehrte. »Schon jetzt, schon vor dem Tee. Nein, das dürfen Sie mir nicht antun und Herrn von Gordon nicht, der ein gutes Gespräch liebt. Und was hat er an dem, was ich ihm sage? Nein, nein, Sie müssen bleiben.« Und sie zog die Glocke... »Den Tee, Marie... Hören Sie doch, lieber Freund, wie draußen der Regen fällt. Ich erwarte noch den Hofprediger; er hat es mir zugesagt. Noch einmal also, Sie bleiben.«
    Aber der Geheimrat war unerbittlich und sagte: »Meine gnädigste Frau, der Club und die L'hombre-Partie warten auf mich. Und wenn es auch anders läge, man soll nie vergessen, daß man nicht allein auf der Welt ist. Es wär ein Unrecht, Herrn von Gordon so benachteiligen zu wollen. Er hat viele Wochen hindurch Ihrer Unterhaltung entbehren müssen und Sie der seinigen; nun bringt er Ihnen eine Welt von Neuigkeiten, und ich bin nicht indiskret genug, bei diesen Mitteilungen stören zu wollen. Wenn Sie gestatten, sprech ich morgen wieder vor. Vorläufig darf ich vielleicht dem Herrn Obersten einen herzlichen Empfehl bringen. Auch von Ihnen, Herr von Gordon?«
    Gordon begnügte sich damit, sich kalt und förmlich gegen den
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