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Cathérine de Montsalvy

Titel: Cathérine de Montsalvy
Autoren: Benzoni Juliette
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diesem schwarzen Diamanten!«
    »Wie schade!« sagte Madame de Montsalvy. »Er ist so schön!«
    »Aber noch furchtbarer!« fiel Bruder Etienne ein. »Wißt Ihr, Madame Cathérine, daß Nicole Son, die Putzmacherin, die Euch in Rouen Asyl gewährte, ebenfalls tot ist?«
    »Tot? Wie ist das möglich?«
    »Ermordet! Sie war auf dem Weg, der Frau Herzogin von Bedford einen kostbaren Umhang aus Goldspitzen zu liefern. Man hat sie in der Seine wiedergefunden, mit durchgeschnittener Kehle …«
    Cathérine erwiderte nichts, aber der entsetzte Blick, den sie auf den Diamanten warf, war deutlich genug. Also tötete der verdammte Stein selbst die, die ihn nur aufbewahrten! Sie mußte sich von ihm trennen, je früher, desto besser.
    »Trotz allem«, fügte der Mönch mit leisem Lächeln hinzu, »sollten wir nichts übertreiben und uns vor Aberglauben hüten. Vielleicht handelt es sich nur um eine Reihe von Zufälligkeiten. Ihr werdet mir zugeben, daß ich ihn durch den größten Teil des Königreichs befördert habe, durch Gebiete, in denen Elend herrscht und es von Straßenräubern wimmelt … und daß mir nichts Böses zugestoßen ist!«
    Es war wirklich eine Art Wunder, daß es im tiefsten Winter, Anfang des Jahres 1433, dem Franziskaner von Mont Beuvray gelungen war, dieses von Elend heimgesuchte, von Mörderbanden und da und dort verstreuten englischen Garnisonen zum Weißbluten gebrachte Frankreich zu durchqueren, ohne daß jemand ahnte, daß er in einem groben Leinwandsäckchen unter seiner Kutte das Lösegeld eines Kaisers bei sich trug. Damals, als Cathérine und Arnaud de Montsalvy aus Rouen geflohen waren, noch in der Nacht der Hinrichtung der Jungfrau von Orléans, waren die Juwelen der jungen Frau in die Obhut ihres Freundes, des Maurermeisters Jean Son, gegeben worden, bis Bruder Etienne Chariot, der verläßlichste Geheimagent Yolandes, Herzogin von Anjou, Gräfin der Provence und Königin der vier Königreiche Aragon, Sizilien, Neapel und Jerusalem, Gelegenheit haben würde, sie ihrer rechtmäßigen Eigentümerin zurückzugeben.
    Seit Jahren trabten die großen, nackt in ihren Franziskanersandalen steckenden Füße Bruder Etiennes über die Landstraßen des Königreichs, trugen die Botschaften und übermittelten die Befehle der Königin Yolande, Schwiegermutter Karls VII., bis in die geheimsten Schlupfwinkel, in die tiefsten Verstecke des Volkes. Niemand mißtraute diesem kleinen, rundlichen Mönch, der immer lächelte und unter dessen freimütiger Liebenswürdigkeit sich wahre Intelligenz verbarg.
    Er war bei sinkendem Abend in Carlat eingetroffen. Seine beleibte Silhouette hatte sich vom Schnee abgezeichnet, als Hugh Kennedy, der schottische Gouverneur, eben die Ablösung der Wachen beaufsichtigte, und man hatte ihn unverzüglich zu Cathérine geführt. Den Mönch nach über achtzehn Monaten wiederzusehen war für die junge Gräfin eine wahre, durch ihr Herzeleid doppelt große Freude gewesen. Bruder Etienne war schon immer das vom Schicksal bestimmte Werkzeug gewesen, sie mit Arnaud zusammenzuführen. Seine Anwesenheit ließ die Erinnerung an kostbare Stunden in ihr aufleben, die ihr jetzt, wenn sie sie sich ins Gedächtnis zurückrief, nur das Herz zerrissen. Diesmal jedoch vermochte Bruder Etienne trotz all seines guten Willens nichts für ihre Vereinigung zu tun. Der Aussätzige und die, die auf dieser Welt um ihn trauerte, waren wie durch die Pforten eines Grabmals voneinander getrennt …
    Cathérine verließ den Tisch und trat zum Fenster. Jetzt war die Nacht völlig hereingebrochen, hatte sich jenseits des riesigen, kreisförmigen Hofs, auf den die Feuer aus der Küche einen roten Schein warfen, über das Land gesenkt. Aber seit langem brauchten die Augen der jungen Frau das Tageslicht nicht mehr, um die Richtung der Leprastation von Calves zu finden. Quer durch den Raum, durch Finsternis und Nacht, zogen sich die Bande, die sie an Arnaud de Montsalvy, ihren Gatten, ketteten, so stark und so schmerzhaft wie eh und je … Stundenlang konnte sie dort stehen, mit leerem Blick, und die Tränen, die abzuwischen sie sich nicht die Mühe nahm, rollten über ihr schönes Gesicht.
    Bruder Etienne hüstelte ein wenig und sagte dann mit leisem Vorwurf:
    »Madame … Ihr tut Euch großen Schaden an! Gibt es denn wirklich nichts, was Euren Schmerz lindern könnte?«
    »Nichts, Pater! Mein Gemahl war mein ganzes Leben. Ich hörte an dem Tage auf zu existieren, an dem …«
    Sie beendete den Satz nicht,
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