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Cathérine de Montsalvy

Titel: Cathérine de Montsalvy
Autoren: Benzoni Juliette
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vergißt nie jemand, Madame … und am wenigsten diejenigen, die ihr treu gedient haben! Eins ist sicher: Sie wünscht Euch zu sehen. Fragt mich nicht, warum, die Königin hat sich nicht darüber ausgelassen … wenn ich auch nicht daran zweifeln kann.«
    Die dunklen Augen Cathérines musterten den Mönch. Sein unstetes Wanderleben schien ein erstaunlicher Jungbrunnen zu sein. Er hatte sich nicht verändert. Sein Gesicht war nach wie vor rund, frisch und offen. Doch Cathérine hatte so viel gelitten, daß sie sich angewöhnt hatte, allem zu mißtrauen. Die engelhafteste Gestalt schien ihr eine Drohung zu bergen, selbst die eines alten Freundes wie Bruder Etiennes.
    »Was hat die Königin Euch gesagt, als sie Euch zu mir schickte, Bruder Etienne? Könnt Ihr mir ihre Worte wiederholen?«
    Er neigte zustimmend den Kopf, doch sein Blick lag weiter auf der jungen Frau.
    »Gern. ›Es sind unstillbare Schmerzen‹, hat die Königin zu mir gesagt, ›aber selbst bei äußerstem Leid kann Rache zuweilen Linderung bringen. Geht und holt mir die Dame Cathérine de Montsalvy, und erinnert sie daran, daß sie nie aufgehört hat, dem Kreis meiner Hofdamen anzugehören. Ihr großes Leid sollte sie nicht von mir entfernen.‹«
    »Ich weiß ihr Dank, daß sie sich an mich erinnert, aber hat sie vergessen, daß alle Montsalvys verbannt sind, zu Verrätern und Treuebrüchigen erklärt wurden und vom königlichen Profos gesucht werden? Daß man tot oder aussätzig sein muß, um den Häschern zu entwischen? übrigens, die Königin hat mein Leid erwähnt. Weiß sie davon?«
    »Sie weiß stets alles. Messire Kennedy hat sie auf dem laufenden gehalten.«
    »Das heißt also, daß der gesamte Hof sich daran weidet!« bemerkte Cathérine bitter. »Was für ein Triumph für La Trémoille, den heldenmütigsten der Hauptleute des Königs im Siechenspital zu wissen!«
    »Niemand weiß davon außer der Königin! Und die Königin kann schweigen, Madame«, sagte der Mönch tadelnd. »Messire Kennedy hat sie unter dem Siegel der Verschwiegenheit unterrichtet. Außerdem hat er den Leuten dieser Gegend wie seinen Soldaten angedroht, jedem, wer immer es sei, eigenhändig die Gurgel durchzuschneiden, der das wahre Schicksal Messire Arnauds verraten würde. Für die Welt ist Euer Gatte tot, Madame, selbst für den König! Mir scheint, Ihr wißt wenig davon, was unter Eurem eigenen Dach vorgeht.«
    Cathérine errötete. Es stimmte. Seit dem verwünschten Tag, an dem Arnaud zur Leprastation von Calves gebracht worden war, hatte sie sich in ihren Gemächern eingeschlossen, die sie nur bei Einbruch der Nacht verließ, um auf dem Wehrgang ein wenig Luft zu schöpfen. Dort verweilte sie einen langen Augenblick, unbeweglich zwischen zwei Stützbalken, immer in dieselbe Richtung starrend. Gauthier, der Normanne, den sie einst vor dem Galgen gerettet hatte, begleitete sie, hielt sich aber respektvoll zehn Schritte hinter ihr, wagte nicht, sie in ihren Gedanken zu stören. Nur Hugh Kennedy, der Gouverneur von Carlat, hatte den Mut, sich ihr zu nähern, wenn sie wieder hinunterstieg. Die Soldaten betrachteten diese Frau, die, schwarz gekleidet und verschleiert, stets aufrecht und stolz, außerhalb ihrer Gemächer nie ihr Gesicht zeigte, mit einer Mischung aus Mitleid und Besorgnis. Abends, am Feuer, sprachen sie von ihr, riefen sich die blendende Schönheit ins Gedächtnis zurück, die seit sechs Monaten keiner von ihnen wieder gesehen hatte. Die phantastischsten Geschichten machten die Runde. Man erzählte sich sogar, die schöne Gräfin habe sich das Haar abrasiert und sich entstellt, um nie wieder die Liebe eines Mannes erregen zu können. Die Leute im Dorf bekreuzigten sich, wenn sie ihr düsteres Musselintuch sanft im Abendwind gegen den roten Himmel flattern sahen. Und mählich wurde die schöne Gräfin de Montsalvy eine Legende …
    »Ihr habt recht«, erwiderte Cathérine nach einer kleinen Pause. »Ich weiß nicht, warum mich nichts mehr interessiert, ausgenommen vielleicht das Wort, das Ihr ausgesprochen habt: Rache … obgleich es im Munde eines Gottesmannes ziemlich seltsam klingt. Doch ich verstehe nicht, weshalb die Königin den Wunsch haben sollte, die Rache einer Geächteten zu unterstützen.«
    »Ihr werdet in dem Augenblick nicht mehr geächtet sein, Madame, in dem die Königin Euch zu sich ruft, dann seid Ihr in Sicherheit. Und was Eure Rache betrifft, so fügt es sich, daß sie mit den Wünschen Madame Yolandes übereinstimmt. Ihr überseht,
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