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Camorrista

Titel: Camorrista
Autoren: Giampaolo Simi
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es gehört. Vielleicht der Wind, der durch eine Ritze dringt.
    Es wiederholt sich nicht, und ich blicke runter auf den Schreibtisch. Da liegen ein paar geschwärzte Pfeifen und ein Topf mit vertrockneter Erika. Ich will gerade die Tür zu einem der Zimmer öffnen, als mir etwas Rotes auffällt: ein lebhaftes Rot, ein Blutrot, das Rot eines Alarmlämpchens. Mitten unter den Mädchenporträts.
    Eine rosenförmige Plastikseifendose mit Glitzersteinchen, genau wie meine. Aber das ist doch nicht möglich (es ist meine, es ist die Seifendose, die Cocíss sich genommen hat), Cocíss ist schon hier (hat er mich erwartet?). Warum? Ich nehme die Seifendose und will schon nach ihm rufen, da sehe ich, dass etwas darin ist.
    Während ich sie öffne, werfe ich einen Blick die Treppe hinauf, in die mit grauem Staub bedeckten Zimmer. Das Weiße darin ist nicht mehr der Koks, den Cocíss auf unserer Reise
dort aufbewahrte. Es ist nur ein Stück zusammengefaltetes Papier.
    Ich gehe zur Tür, um es im Licht zu lesen. Die Schrift ist krakelig und furchtbar, zweimal ist etwas durchgestrichen. Aber ich kenne sie gut, verdammt.
    »GE SOFOT.« O Gott.
    Der Wasserhahn oben hört plötzlich auf zu tropfen.
    Ich klammere mich an die Türklinke, wie betäubt. Lese noch einmal. »GE SOFOT.« Cocíss hat mir geschrieben.
    Jetzt bringt jemand die Stufen zum Knarren, die Schritte sind wie ein Erdrutsch, der an Geschwindigkeit zunimmt.
    Das Schloss ist blockiert, ich trete das Glas ein und werfe mich auf den Boden, um nach draußen zu kriechen. Ich rolle über die Stufen, und als ich wieder aufstehe, höre ich raue, kehlige Schreie. Aus den Augenwinkeln sehe ich gerade noch einen Schatten, der hinter dem Lattenzaun auftaucht, dann renne ich in den Nebel hinein, zwischen die Baracken und die schiefen Türme aus Autoreifen.
    Mir kommt die Idee, sie zu benutzen, um über den Drahtverhau zu springen, und ich klettere die niedrigste Säule hoch. Ich höre sie kommen, doch in der Zwischenzeit steige ich höher und höher. Das ist eine großartige Idee, sage ich mir, dann greife ich in irgendeinen kaputten Reifen und finde mich mit dem Kopf nach unten wieder, bis zur Taille eingeklemmt, die Beine frei, ohne irgendeinen Halt.
    Sie kommen nach wenigen Sekunden. Sie sind dort unten. Sie tappen im Nebel herum und können mich nicht sehen. Noch nicht.
    »Wo ist die hin, verdammt?«, sagt einer auf Italienisch. »Darf man wissen, was für einen Scheiß du gemacht hast? Hat sie dich bemerkt?«
    »Ach was, ich war oben.«
    »Hat sie dich gesehen?«
    »Nein, sie hat mich nicht gesehen, sag ich dir.«
    »Und wieso ist sie dann von sich aus abgehauen, diese Schlampe?«

    Ich versinke langsam mitten in der Reifensäule. Ich kann mich nicht halten.
    »Wo sind die anderen?«
    »Die sind runter zum Schießplatz. Aber du pass auf, wenn wegen dieser Scheißdrecksschlampe … Konnte der Junge sie denn nicht da unten erledigen?«
    »Wer denn, Cocíss?«
    »Ja, statt dass wir uns erst jetzt drum kümmern müssen, wo sie schon hier ist. Außerdem ist es gefährlicher.«
    »Der? Weißt du, was für ein Gemetzel der da unten angerichtet hat?«
    »Weiß ich, weiß ich. Aber wer schützt den denn, Japàn oder er persönlich?«
    »Er persönlich.«
    »Und warum? Fickt er ihn vielleicht?«
    »Hör mir gut zu, sag das nie wieder.«
    »Was hab ich denn gesagt? Der Junge hört mich ja nicht. Du hast ihn doch mit den anderen im Geländewagen weggeschickt.«
    »Ich wollte ihn heute Morgen wirklich nicht zwischen den Beinen haben. Aber vergiss es, ich rate dir nur, sag nie wieder so was über den Boss.«
    »Jetzt hör mir gut zu, lass uns diese Schlampe finden und den Job erledigen, sonst fickt er uns . Wo verdammt ist … was für ein Scheißdrecksnebel !«
    »Und was sind das da? Reifen?«
    Inzwischen bin ich auch mit den Beinen drin. Und die beiden stehen direkt unter mir. Reden weiter. Einer ruft mit dem Handy die anderen an und gibt ihnen Anweisung, mit dem Geländewagen den Strand abzufahren. Ich muss irgendetwas tun, weil ich fast keine Luft mehr bekomme.
    Ich bewege die Beine. Beim dritten Versuch schwankt die Reifensäule, noch zwei weitere Versuche, und ich spüre, dass ich es schaffen kann, dass eine letzte Anstrengung genügt und alles umfällt. Nur noch ein Versuch, noch einer, und fertig.

    Ich überschlage mich, während einer der beiden »Achtung!« schreit.
    In den Reifen gefangen, stürze ich auf die beiden und rolle über den Boden. Beim Aufprall quetsche ich mir den
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