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Cäsars Druide

Titel: Cäsars Druide
Autoren: Cueni Claude
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doch wenn die Wirkung des Weines nachläßt, wird man schreckhaft und ängstlich wie ein aufgescheuchtes Reh. Ich griff zum Eisengriff, den mir Celtillus am Eichenstamm befestigt hatte, damit ich mich einfacher hochziehen konnte, und stand auf.
    »Wanda«, schrie ich verärgert, so, als müßte sie ständig an meiner Seite sein.
    »Ja, Herr!« Sie saß hinter mir und hatte mich offenbar die ganze Zeit nicht aus den Augen gelassen. Ihr »Ja, Herr« klang übrigens in keiner Weise demütig oder gar unterwürfig. Im Gegenteil. Sie sagte ihr »Ja, Herr« derart selbstbewußt, daß es beinahe ironisch klang. Sie war im Grunde genommen ein unverschämtes Ding. Und eine Klette dazu. Das hatte ihr natürlich Onkel Celtillus befohlen. Er drohte ihr oft mit der Peitsche, aber ich glaube, er liebte sie mittlerweile wie seine eigene Tochter. Es gab auf jeden Fall keine Stelle an ihrem Körper, die auf Erziehung hindeutete.
    »Ich möchte noch mal zum Felsen rauf.«
    Wanda nickte, packte entschlossen meinen linken Arm und ging mit mir langsam den Hügel hinauf. Sie hatte sich längst an meinen langsamen Schritt gewöhnt. Sie war der Ersatz für mein linkes Bein. Obwohl sie unsere Sprache inzwischen beherrschte, suchte sie nie von sich aus das Gespräch. Immerhin hatte ich sie dazu gebracht, daß sie mit mir nur noch germanisch sprach. Ich war nämlich genauso süchtig nach neuem Wissen wie Onkel Celtillus nach unverdünntem römischem Wein. Celtillus hatte mir übrigens Latein beigebracht. Im Handumdrehen. Und Kretos, der stets von Zahnschmerzen geplagte Händler aus Massilia, hatte mir letztes Jahr bescheinigt, daß ich nun endlich die griechische Sprache in Wort und Schrift beherrschte. Diese Erfolge hatten mein Ansehen auf unserem Hof enorm gesteigert und mich angespornt, noch mehr zu lernen. Am liebsten hätte ich in Massilia eine Marmortafel anfertigen lassen, wo alles draufstand, was ich bereits wußte und beherrschte. Aber hier hätte es eh keiner lesen können …
    Als wir den Felsen erreicht hatten, ließ Wanda meinen Arm los und zog sehr langsam ihre Hand zurück, so, als rechne sie jederzeit damit, daß ich das Gleichgewicht verlor und sie mich auffangen mußte. Das waren so die Augenblicke, in denen ich an das bereits erwähnte Moor dachte. Selbstverständlich würde ich nicht das Gleichgewicht verlieren! Ich stemmte mich mit beiden Händen auf die leicht erhöhte Felsplatte und zog mich hoch. Obwohl Wanda ganz genau wußte, daß ich es haßte, faßte sie sanft um meine Hüften und half nach. Ich haßte es wirklich. Mit einem kräftigen Sprung hatte auch Lucia die Felsplatte erreicht. Nun schaute sie zu Wanda hinunter und wimmerte leise. Aus unerfindlichen Gründen liebte Lucia Wanda über alles. Und da ich Lucia liebte, rief ich Wanda zu: »Komm hoch, hier scheint die Sonne.«
    »Ja, Herr.« Gelenkig kletterte Wanda zu mir auf die Felsplatte. Sie hatte langes, strohblondes Haar, das sie seitlich geflochten trug. Dieser Zopf war ein Vermögen wert. Von Kretos wußte ich, daß man in Ägypten dafür viel Gold bezahlte. Angeblich ließen sich aus blondem Germanenhaar die besten Torsionstaue für Katapultmaschinen herstellen. Ich weiß nicht, ob Wandas Haar wirklich so hell war. Ich habe schon beobachtet, wie sie unten am Bach ihr Haar mit Talg und Asche einrieb. Ich lächelte sie an und glättete schelmisch meinen Schnurrbart. Sie hatte den Kopf leicht geneigt, traurig, als habe sie sich ihrem Schicksal ergeben. Und doch strahlten ihre wunderschönen Augen Würde aus. Wanda hatte ein hübsches, schmales Gesicht mit vollen Lippen, die stets nach frischem Wasser rochen. Sie trug einen ärmellosen Rock aus rotem Wollstoff, unter dem sich straffe Brüste wie zwei Halbkugeln abzeichneten. Den Stoff hatte sie so drapiert, daß er über den Schultern mit zwei Fibeln zusammengehalten werden konnte. Um die Taille war der Rock gegürtet. Seit sie den roten Wollstoff trug, sah sie wirklich nicht mehr wie eine Sklavin aus. Und wenn man einer Sklavin zwei Fibeln schenkte, konnte man sie genausogut freilassen. Aber so war nun mal Onkel Celtillus. Ich meine, das kommt davon, wenn man römischen Wein nicht verdünnt. Da feiert man das ganze Jahr die Saturnalien. Das war so ein römisches Fest, an dem die Römer ihre Sklaven wie Herren behandelten. Aber eben nur während des Festes.
    Wanda schien meine Gedanken nicht zu erraten. Sie saß da und wartete geduldig. Mir fiel auf, daß sie am Handgelenk einen neuen gläsernen Armreif
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