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Die magische Maske

Die magische Maske

Titel: Die magische Maske
Autoren: Christa Holtei
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Eine schreckliche Neuigkeit
    »Verschwinde! Geh mir aus den Augen!«
    In der Abendstille schallte Mikions aufgebrachte Stimme plötzlich laut über den Hof. Man hörte zwei klatschende Geräusche, dann war es wieder ruhig. Erschrocken drehten sich Paseas und Iris um. Sie hatten gerade stolz die Amphoren aus der Töpferwerkstatt ihres Vaters Andokides betrachtet. Fertig geformt und bemalt standen sie auf den tiefen, überdachten Regalen an der Hofmauer. Sie mussten nur noch gebrannt werden, dann waren sie für das große Geburtstagsfest der Göttin Athene in zwei Wochen bereit: für die Panathenäen-Spiele.
    Paseas und Iris waren schon ganz gespannt darauf. Tausende Zuschauer wurden zu den Spielen in Athen erwartet. Acht Tage lang würden Musiker und Sänger um den goldenen Ölzweig wettstreiten. Die besten Sportler Athens und Attikas würden ihre Kräfte im Laufen, Ringen oder Faustkampf messen und als Sieger den begehrtesten Preis von allen bekommen: mit wertvollem Olivenöl gefüllte Amphoren.All diese bauchigen, großen Krüge trugen das Bild der Göttin Athene auf der einen Seite. Und auf der anderen Seite zeigten sie die Sportart, für die sie als Siegespreise vergeben wurden.
    Jeder Töpfer Athens, der etwas auf sich hielt, riss sich um einen Auftrag für die Panathenäen-Amphoren. Andokides, der Vater der Geschwister, hatte zu den Glücklichen gehört. Er hatte den Auftrag für den Ringkampf bekommen. Und Mikion, der Vater ihres Freundes Hegias, stellte seit Wochen mit seinen Sklaven Preisamphoren für das Wagenrennen her.
    Die Geschwister schauten neugierig hinüber zu Mikions Werkstatt.
    »Was ist denn da los?«, fragte Paseas erstaunt.
    Iris zuckte die Schultern. »Keine Ahnung. Vielleicht hat ein Sklave was Falsches auf die Amphoren gemalt und Ohrfeigen dafür bekommen?«
    Paseas und Iris mussten nicht lange auf eine Erklärung für Mikions Wutanfall warten. Bestürzt sahen sie, dass kein Sklave, sondern die kleine kräftige Gestalt ihres Freundes Hegias aus der Werkstatt kam. Er war mit den Geschwistern aufgewachsen. Die drei Freunde hielten zusammen wie Pech und Schwefel, und Paseas und Iris sahen sofort, dass mit ihrem Freund etwas ganz und gar nicht stimmte.

    Sein Gesicht unter den kurz geschnittenen schwarzen Locken war rot und verheult. Einen Moment lang blieb er mit hängenden Schultern vor der Tür stehen. Dann ging er langsam weiter. Als er seine Freunde sah, blickte er nur kurz in ihre Richtung und beeilte sich dann, zum Wohnhaus zu kommen.
    »Warte!«, rief Iris und lief über den Hof am Brunnen vorbei zu ihm. Paseas eilte hinter ihr her. Es sah Hegias gar nicht ähnlich, ihnen auszuweichen.
    »Was ist los?«, fragte Iris besorgt.
    Zögernd blieb Hegias stehen.
    »Nichts«, antwortete er kurz angebunden. Er wollte weg. Er wollte nichts erklären, das sah man ihm an. Aber Paseas ließ nicht locker.
    »Nichts ist los! Ah ja!« Weil er größer als Hegias war, musste er sich ein wenig vorneigen, um ihm ins Gesicht schauen zu können. »Du hast Ohrfeigen bekommen, du heulst und du willst nicht mit uns reden. Aber es ist
nichts
! Vollkommen klar!«
    Kleinlaut blickte Hegias ihn an.
    »Nun sag schon!«, drängte Iris ihren Freund. »Vielleicht können wir dir ja irgendwie helfen!«
    »Nein!« Langsam schüttelte Hegias den Kopf.
    Iris schaute ihren Bruder hilflos an. Es war sehr schwierig, etwas aus Hegias herauszubekommen,wenn er nicht reden wollte. Sie fing an, eine ihrer langen Locken zwischen den Fingern zu drehen. Das tat sie immer, wenn sie nachdenken musste.
    Paseas seufzte und versuchte es noch einmal.
    »Gut. Dann sage
ich
dir jetzt, was los ist. Du hast wieder irgendeine Amphore kaputt gemacht und deshalb ist dein Vater wütend auf dich.«
    Es war nicht das erste Mal, dass Hegias ein solches Missgeschick passierte. Vor ein paar Tagen noch hatte es Scherben gegeben. Als Sohn eines Töpfers hätte er es besser wissen müssen und nicht ausgerechnet im Hof Ball spielen sollen. Aber wann immer Hegias Zeit hatte, übte er begeistert für sein Mannschaftsspiel. Es hieß Episkyros. Dabei musste man einen Ball weit schießen und sicher werfen können. Das trainierte man allerdings nicht gerade im Hof einer Töpferei, wo fertig bemalte Amphoren und andere zerbrechliche Gefäße auf den Regalen trockneten.
    Das wusste Hegias natürlich genau.
    Aber der Ball hatte im Hof gelegen und ihn an den nächsten Gegner erinnert. Da hatte er einfach dagegengetreten. Und dann war es passiert: Drei Amphoren lagen
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