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Cäsars Druide

Titel: Cäsars Druide
Autoren: Cueni Claude
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und der Fischgestank, der ihrem Maul entströmte, war ziemlich römisch. Ich vergrub den Kopf zwischen den Armen und versuchte erneut einzuschlafen. Ich wollte im Traum nach Massilia zurück. Doch Lucia ließ mir keine Ruhe. Sie drückte ihre nasse Nase unter meine Hände, leckte meine Stirn und knabberte an meinem Nacken. Es roch, als hätte ich in einer mit spanischer Fischsauce gefüllten Amphore gebadet. So lösten sich auch die letzten nubischen Sklavinnen wie Rauchfäden im Wind auf.
    »Die Druiden kommen!« Ich schreckte hoch und schaute von meinem Felsen ins Tal hinunter, zu unserem Gehöft, das am Ufer eines Baches lag. Es war kälter geworden. Der Nebel hatte sich gelichtet. Jetzt sah ich die drei Reiter, die in scharfem Galopp zum Bach hinunter ritten. Lucia reckte stolz den Kopf und richtete ihre Nackenhaare auf. So sah sie fast wie ein Kelte aus, der seine Haare mit Kalkwasser dornenartig gestärkt hatte. Aber es waren nicht die Druiden, die sie beunruhigten. Sie roch irgend etwas. Und bei Epona, es war nicht Fisch. In der Ferne, dort wo der Rhenus das Land der Kelten vom Land der Germanen trennt, braute sich eine riesige schwarzgraue Wolke zusammen. Als ich die Augen zusammenkniff, sah ich, daß es Rauch war. Es kam aus Arialbinnum, dem Oppidum der Rauriker.
    Etwas umständlich ließ ich mich von der Felsplatte gleiten und humpelte zu unserem Hof hinunter. Lucia stolzierte mit gestrecktem Rücken neben mir her und schaute immer wieder prüfend zu mir hoch. Sie hatte sich längst an meinen langsamen Schritt gewöhnt und auch daran, daß selbst ein Räuspern von mir eine Bedeutung hatte.
    Unser Gehöft bestand aus acht strohbedeckten Langhäusern. Eine einfache, aber stabile Pfostenkonstruktion stützte die Gebäude. Die Wände waren aus lehmbeworfenem Flechtwerk, die Dächer aus Stroh. Obwohl unsere Kornspeicher und Vorratsgruben zum Bersten voll waren, hatten wir weder einen schützenden Erdwall mit Graben noch Palisaden. Seit wir vor zwei Generationen hierhergezogen waren, lebten wir in Frieden mit unseren Nachbarn. Bei großer Gefahr hätten wir uns in das Oppidum der Rauriker am Knie des Rhenus begeben. Das Oppidum lag bloß einen halben Tagesritt von hier – und jetzt stand es in Flammen.
    Vor dem ersten Langhaus wurden die Druiden mit frischem Wasser empfangen. Es waren würdevolle Männer in langärmeligen, weißen Tuniken. Darüber trugen sie schwarze Wollumhänge mit Kapuze. Sie wurden wie Götter empfangen. Keltische Druiden waren nicht nur Priester, nein, keltische Druiden waren auch Lehrer, Richter, politische Berater, Astronomen, Erzähler, Mathematiker und Ärzte in einer Person, ja, sie waren das Tor zum Universum des Wissens. Sie waren die lebendigen Bücher der Kelten. Die Schrift war für uns etwas Unreines. Heiliges Wissen durfte nicht schriftlich festgehalten werden. Nur Kaufleute schrieben etwas auf, und zwar auf griechisch, weil die griechische Handelskolonie Massilia das Zentrum unserer Handelswelt war. Hier kaufte der Adel ein, oder Leute, die gerne dazugehört hätten. Ich muß wohl nicht erwähnen, daß ich nicht in Massilia einkaufte.
    Ich war damals siebzehn und seit einigen Jahren in der Obhut des Druiden Santonix, der mich die Geschichte unseres Volkes lehrte. Ich hatte sie in Versform auswendig zu lernen. Aber selbst wenn ich eines Tages alles im Schlaf würde vortragen können, so konnte ich noch lange nicht sicher sein, einmal Druide zu werden. Das würde sich erst viel später entscheiden. Daß ich nicht adliger Abstammung war, erschwerte natürlich die Sache. Gut, es war kein grundsätzliches Hindernis. Behaupteten die Adligen. Aber ich kenne keinen Druiden, der nicht adliger Abstammung ist. Wie auch immer: Im schlimmsten Fall konnte ich immer noch Barde werden. Auch Barden waren Gelehrte und großartige Geschichtenerzähler, aber unsere Druiden waren natürlich mehr. Sie waren Mittler zwischen Himmel und Erde, zwischen Leben und Tod, zwischen Göttern und Menschen.
    Die Druiden waren heute gekommen, um uns die letzten Anweisungen für unseren langen Marsch an die atlantische Küste zu geben. Es waren drei Druiden, denn die Zahl ›3‹ ist uns Kelten heilig. Doch ich kannte nur meinen alten Lehrmeister, den Druiden Santonix. Seine beiden Begleiter hatte ich noch nie gesehen. Santonix war ein gütiger und weiser Mann. Er war fast schon vierzig und ein begnadeter Lehrer. Obwohl ich unser Gehöft nie verlassen hatte, glaubte ich mit ihm schon das ganze Universum bereist
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