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Cäsars Druide

Titel: Cäsars Druide
Autoren: Cueni Claude
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trug.
    »Von Celtillus?« fragte ich.
    Wanda nickte. In Sachen Gesprächsfreudigkeit unterbot sie wohl jeden Kelten. Auch die stummen.
    »Sag mal, Wanda, angenommen, ich wäre Druide, was möchtest du von mir wissen.«
    Wanda hatte die Beine übereinandergeschlagen und spielte mit dem Blatt einer Rotbuche.
    »Wir Germanen brauchen keine Druiden.«
    »Jaja, ich weiß, ihr habt keine Priester, das besorgen eure Stammeshäuptlinge …«, entgegnete ich unwirsch, »aber angenommen …«
    »Bei uns«, unterbrach mich Wanda, »haben nur die Frauen seherische Fähigkeiten. Niemand käme auf den Gedanken, einen Mann zu befragen.« Das war Wanda!
    »Also«, versuchte ich es nochmals, »angenommen, ich wäre eine Druidin, was möchtest du von mir wissen.«
    »Du bist aber nicht Druidin«, sagte sie obenhin.
    »Das weiß ich«, sagte ich, allmählich unwillig, »aber ich möchte wissen, was du wissen möchtest, wenn ich Druidin wäre!«
    Sie hob den Kopf und schaute mir direkt in die Augen.
    »Wieso kannst du nicht laufen, Herr?«
    Für einen Augenblick war ich verwirrt. Das war wie ein Schluck Garum. Ich wollte eher vom rätselhaften Lauf der Gestirne oder von den sagenumwobenen Tiefen der Ozeane erzählen, und jetzt wollte sie etwas über mein linkes Bein hören. Was sollte ich dazu sagen? Ich war so geboren! Für mich war es das Selbstverständlichste auf der Welt, daß ich durch den Wald humpelte, ab und zu über eine Wurzel stolperte, der Länge nach hinfiel und bei steil abfallenden Böschungen regelmäßig das Gleichgewicht verlor und mit aufgescheuerten Knien durchs Ziel schoß. Na und? Jedem seinen persönlichen Auftritt.
    »Ich möchte wissen, wieso du nicht laufen kannst«, wiederholte Wanda. Bei Epona! Wie ernst sie das sagen konnte! So sind die Germaninnen, sie grübeln und graben wie die Maulwürfe und versinken dann wie ein Stein im Moor, bis sie vor lauter Dunkelheit die Sonne nicht mehr sehen.
    »Natürlich kann ich laufen! Was mach ich denn die ganze Zeit?« Ich lachte laut und fuhr dann fort, und zwar in germanischer Sprache: »Aber als ich im Leib meiner Mutter heranwuchs, verschwand plötzlich das Wasser, in dem werdende Kinder wie quirlige Fische im Flußwasser gedeihen. In diesem Wasser lernt man alle Bewegungen. Ohne Wasser konnte ich mich aber nicht mehr bewegen. Sehr, sehr lange. Deshalb konnte ich nichts lernen. Als ich endlich auf die Welt kam, war ich wie eine griechische Statue. Hübsch und gut gebaut«, ich hob dabei den Zeigefinger, »aber unbeweglich.«
    Zu meiner Verblüffung hörte Wanda aufmerksam zu. Es schien sie wirklich zu interessieren. Ich wurde einfach nicht schlau aus ihr. Ich fuhr fort: »Bei euch Germanen hätte man mich ausgesetzt. Auch bei den Römern oder Griechen. Nur die Kelten und Ägypter ziehen behinderte Kinder groß. Denn sie glauben, daß in ihnen Götter wohnen.«
    Ich grinste übers ganze Gesicht. Diese Deutung gefiel mir außerordentlich. Sie hätte von mir erfunden sein können.
    »Warum glauben eure Priester, daß in dir die Götter wohnen, Herr?«
    »Warum?« fragte ich erstaunt. »Warum wohl! Das ist doch ganz einfach: Die Götter haben dir zwei Beine gegeben, damit du sie gebrauchen kannst, damit du laufen kannst. Mit mir haben die Götter offenbar etwas anderes vor. Sie wollen nicht, daß ich für andere laufe. Verstehst du? Sie brauchen meinen Körper als Wohnung.« Ich hob den Kopf, wie es die Söhne der Adligen tun, die ich nicht ausstehen konnte. Aber so konnte mich Wanda wenigstens einmal im Profil sehen.
    »Herr, du meinst, die Götter wollen, daß du Druide wirst?«
    »Ich möchte soviel wissen wie ein Druide, aber nicht unbedingt Druide sein. Einem Druiden ist es ja verboten, Wein zu trinken. Wie soll er da neue Rezepturen erfinden können? Ich möchte vielmehr der bedeutendste Händler des Mittelmeers werden. Aber mit dem Wissen eines Druiden. Du siehst, für mich müßte man eine neue Druidengattung erfinden. Einen Handel treibenden Druiden.«
    Wanda verbesserte meine Satzstellung, die mir immer noch Mühe bereitete, und schaute lächelnd übers Tal. Nach einer Weile sagte sie: »Wenn die Germanen dich als Sklaven nehmen, wirst du unsere Sprache vollkommen beherrschen, Herr.«
    »Meinst du? – Was werden die Germanen mit mir anstellen?«
    »Sie werden dich in den Salzbergwerken einsetzen. Da mußt du ohnehin auf allen vieren arbeiten. Und irgendwann werden sie dich töten«, antwortete Wanda, als sei dies die selbstverständlichste Sache der
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