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Die Kinder von Alpha Centauri

Die Kinder von Alpha Centauri

Titel: Die Kinder von Alpha Centauri
Autoren: James P. Hogan
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    Prolog
     
     
    »... Meine Damen und Herren, unser heutiger Ehrengast - Henry
B. Congreve.« Der Ansager beendete die Vorstellung und trat zur Seite, um die
stämmige, weißhaarige Gestalt im Dinner- Jackett mit schwarzer Fliege das
Podium besteigen zu lassen. Begeisterter Beifall erhob sich von den
dreihundert Gästen, die im Hiltonkomplex am westlichen Stadtrand von
Washington, D. C., versammelt waren. Die Saalbeleuchtung erlosch und ließ das
Publikum zu weißen Hemdbrüsten, funkelnden Hälsen und Fingern und maskenhaften
Gesichtern verblassen. Zwei Punktscheinwerfer erfaßten den Sprecher, während
er das Verebben des Beifalls abwartete. Der Zeremonienmeister kehrte im Schatten
neben ihm zu seinem Stuhl zurück.
    Nach achtundsechzigjahren Lebenskampf stand Congreves gedrungene
Gestalt noch immer aufrecht, die Schultern strafften sich zu beiden Seiten des
kurzgeschorenen Kopfes jugendlich kräftig. Die Linien seines scharf geschnittenen
Gesichtes waren noch immer fest und geradlinig, und seine Augen funkelten belustigt,
als er den Blick durch den Saal gleiten ließ. Es schien vielen Anwesenden
sonderbar, daß ein Mensch von solch sprühender Lebenskraft, einer, der noch so
vieles in sich barg, hier seine Abschiedsrede halten wollte.
    Nur wenige der jüngeren Astronauten, Wissenschaftler, Ingenieure und
leitenden Angestellten der North American Space Development Organisation
konnten sich NASDO ohne ihren Chef Congreve vorstellen. Für sie alle würde es
nie wieder so sein wie früher.
    »Danke, Matt« Congreves Stimme grollte als heiserer Bariton aus den
Lautsprechern ringsum. Er blickte von einer Seite zur anderen, um sein
Publikum zu erfassen. »Ich, äh - ich wäre beinahe überhaupt nicht reingekommen.«
Er legte eine Pause ein; auch das leiseste Konversationsgeflüster verstummte.
»Ein Schild drau ßen in der Halle verkündet, daß die Fossilien oben in
Zwölfnulldrei ausgestellt sind.« Die amerikanische Archäologenvereinigung
hielt im Hiltonkomplex diese Woche ihre Jahrestagung ab. Congreve zog die
Schultern hoch. »Da hätte ich eigentlich hingehört. Zum Glück stieß ich
unterwegs auf Matt, der mich auf den rechten Weg zurückholte.« Eine Welle des
Gelächters ging durch die Dunkelheit, untermalt von Protestrufen an einigen
Tischen. Er wartete, bis es still geworden war, dann fuhr er mit ernsterer
Stimme fort. »Das erste, was ich zu tun habe, ist, allen hier Anwesenden und
denjenigen NASDO-Leuten, die heute nicht dabeisein können, für die Einladung
zu danken. Außerdem muß ich natürlich meinen tiefempfundenen Dank für das da und noch mehr meine Dankbarkeit für die Gefühle
ausdrücken, die es symbolisiert. Ich danke Ihnen allen.« Während seiner Worte
wies er auf die einen halben Meter lange Nachbildung in Silber und Bronze der
noch unbenannten, unerprobten Sternsonde SP3, die am Haupttisch auf ihrem
Teaksockel vor Congreves Platz stand.
    Seine Stimme wurde noch ernster.
    »Ich will mich nicht auf eine Menge persönlicher Anekdoten und
Reminiszenzen einlassen. Dergleichen ist bei solchen Anlässen zwar üblich,
aber das wäre banal, und ich möchte meine letzte Rede als Leiter der NASDO
nicht mit Banalitäten belasten. Die Zeiten gestatten solchen Luxus nicht. Statt
dessen möchte ich über Dinge sprechen, die von globaler Bedeutung sind und
jeden Einzelnen betreffen, der auf diesem Planeten lebt, ja sogar die künftigen
Generation - vorausgesetzt, es wird sie geben.« Er schwieg einen Augenblick.
»Ich möchte vom Überleben sprechen - vom
Überleben der menschlichen Gattung.«
    Obwohl im Saal gebannte Stille herrschte, schien diese sich bei seinen
Worten noch zu vertiefen. Hier und dort sah man sich im Publikum verwundert an.
Offenkundig würde dies nicht einfach eine gewöhnliche Abschiedsrede sein.
Congreve ergriff wieder das Wort.
    »Wir standen schon einmal kurz vor einem dritten Weltkrieg und hingen
schon über dem Abgrund. Heute, im Jahr 2015, sind dreiundzwanzig Jahre
vergangen, seitdem amerikanische und sowjetische Streitkräfte in Belutschistan
mit taktischen Atomwaffen gegeneinander kämpften, und obwohl die rasche
Verbreitung einer auf Fusion beruhenden Wirtschaft wenigstens die Aussicht
bietet, das Energieproblem zu lösen, das diese Konfrontation ausgelöst hatte,
sind Eifersucht, Argwohn und Verdächtigungen, die uns damals an den Rand des
Krieges brachten und unsere Gattung während ihrer gesamten Geschichte
beharrlich heimgesucht haben, heute noch ebenso
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