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Cäsars Druide

Titel: Cäsars Druide
Autoren: Cueni Claude
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konnte, da meine Nahsicht vorzüglich war. Aber Onkel Celtillus legte mit einer beinahe dramatischen Bewegung seine Hand auf die hintere Holzplanke des Wagens und wiederholte, daß der Wagen bereitstünde. Dabei machte ich mir überhaupt keine Sorgen. Ich war nämlich überzeugt, daß sich die Götter – ähnlich wie die Senatoren in Rom – zu einem Rudel zusammengeschlossen hatten, um mich, Korisios, am Leben zu erhalten. Ich weiß wirklich nicht, wieso ich das dachte. Aber ich dachte es nicht nur, ich war felsenfest davon überzeugt. Sorgen waren nicht meine Spezialität. Na ja, es bekümmerte mich ein bißchen, daß ich an meinem Waffengurt nur noch zwei freie Löcher hatte. Denn wenn ein Kelte so dick wurde, daß der Gurt zu kurz war, mußte er eine Geldstrafe zahlen. Und ich hatte kein einziges Stück Keltengold mehr im Beutel.
    Onkel Celtillus machte sich aber richtige Sorgen. Jetzt kniete er vor dem eisenbeschlagenen Holzrad des Karrens, und befriedigt stellte er fest, daß das Rad rollen würde. Welch überwältigende Erkenntnis. Sich Sorgen machen, das ist einfach keine keltische Tugend. Als Alexander der Große während seines Donaufeldzugs einen keltischen Gesandten fragte, wovor er sich am meisten fürchtete, sagte dieser zu seiner Verärgerung nicht, vor ihm, dem großen Alexander, sondern davor, daß der Himmel einstürzen könnte. Seitdem geht das Gerücht um, wir seien Großmäuler und Trunkenbolde. Aber auch furchtlos. Onkel Celtillus machte sich natürlich nicht Sorgen um sich. Sondern um mich, Korisios.
    Denn ich war anders als andere Menschen. Mein linkes Bein war etwas steif und schwer zu gebrauchen, der linke Fuß stark nach innen verdreht, und so hatte ich beim Gehen Schwierigkeiten mit dem Gleichgewicht. Irgendwie waren meine Muskeln auch stets zu weich oder zu hart, so daß ich Mühe hatte, die Bewegung des Laufens richtig zu koordinieren. Es war eine Behinderung, die mich weiter nicht störte, denn ich war damit geboren und aufgewachsen. Ich hatte nie etwas anderes gekannt. Und Santonix hatte mich gelehrt, zu ändern, was ich ändern konnte, und anzunehmen, was ich nicht ändern konnte. Das war der Schlüssel zum Glück. Denn wenn man etwas Unangenehmes akzeptiert hatte, war man frei, sich den schönen Dingen des Lebens zuzuwenden. Diese Erkenntnis scheint mir sogar bedeutender zu sein als die keltische Schmiedekunst, die zwar selbst die Römer nachahmen, aber immer noch nicht beherrschen und deshalb in Bronzehelmen rumlaufen.
    Ich war damals ein sehr glücklicher Mensch, neugierig und unternehmungslustig, und ich war noch nie jemandem begegnet, mit dem ich gerne getauscht hätte.
    »Korisios«, begann mein Onkel Celtillus von neuem und erklärte mir nochmals, wie er mich an die Küste bringen wollte. Er erklärte mir, daß heftige Regengüsse die Wege unpassierbar machen könnten, und daß er für diesen Fall ein weiteres Pferd gekauft habe. Wanda würde mit mir reiten.
    »Wanda!« schrie ich. »Was habe ich eigentlich den Göttern getan, daß sie mir diese germanische Sklavin aufgebürdet haben? Ich frage mich manchmal, wer hier eigentlich wessen Sklave ist!«
    Celtillus schüttelte verärgert den Kopf: »Korisios, die Götter haben mich am Leben erhalten, damit ich dich an den Atlanticus bringe.«
    »Aber Celtillus«, lachte ich laut auf, »ich frage mich in letzter Zeit öfter, ob du wirklich der Kerl bist, der zwanzig Jahre lang als Söldner in der römischen Armee gedient hat. Du hast in Spanien gekämpft, in Nordafrika, in Ägypten und auf Delos. Du hättest dir irgendwo eine Pilzvergiftung holen, mit einem Dreiruderer auf Grund laufen oder von einem parthischen Reiter geköpft werden können, aber du hast alle Widrigkeiten überlebt! Und du hast Angst?«
    »Korisios, du hast deinen Vater leider nicht gekannt. Aber ich kann dir heute sagen: Dein Vater kannte keine Furcht, und dennoch hat er das Mittelmeer nie erreicht.«
    Ich kannte die Geschichte in allen Einzelheiten, denn sie war in unserer Dorfgemeinschaft immer wieder erzählt worden. Mein Vater, der Schmied Korisios, war damals zusammen mit Onkel Celtillus über den Poeninus nach Rom gezogen, um als Söldner in Roms Armeen zu dienen. Keltische Schmiede waren als Söldner äußerst begehrt. Doch nach wenigen Tagen hatte sich mein Vater an einer Muschel einen Zahn ausgebissen, und obwohl der Legionsarzt den Zahn gezogen hatte, war die Backe angeschwollen wie eine Schweinsblase. Ein griechischer Arzt soll später gesagt haben,
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