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Bye Bye, Crazy Chick

Bye Bye, Crazy Chick

Titel: Bye Bye, Crazy Chick
Autoren: Joe Schreiber
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antwortete ich und war mir nicht sicher, wie ich die Art und Weise, wie sie ›Mittelpunkt‹ ausgesprochen hatte, einordnen sollte. »Ich meine, glaube ich jedenfalls.«
    »Das würde ich schon sagen. Ein tragisches Ende für Ms. Zaksauskas, gewiss, aber … Wie dem auch sei. Sie haben sicher viel zu tun. Kommen wir also zur Sache. Einverstanden?« Sie öffnete eine Schublade, aus der sie eine Mappe zum Vorschein brachte, und schlug sie auf. »Lassen Sie mich mal sehen. Perry, wir haben Ihre Bewerbung im Juli erhalten. Durchschnittsnote 3,3 …«
    »3,34«, schaltete Dad sich ein.
    »3,34.« Leannes Lächeln verhärtete sich ein wenig um dieMundwinkel, während sie einen spitzen Bleistift nahm und einen kleinen Vermerk machte. »Richtig, selbstverständlich. Punktzahl beim allgemeinen Eignungstest 1840, beim American College Test 25, womit Sie zu den besten fünfzehn Prozent zählen. Mitglied im Schwimmteam, im Debattierclub und in der Forensik, Mitarbeit bei der Schülervertretung – alles sehr beachtlich …« Wieder ein Lächeln, leicht variiert dieses Mal. »Aber Sie wissen sicher, dass die Auswahlkriterien hier bei uns an der Columbia außerordentlich streng sind. Bei unserem Spitzenniveau können wir es uns leisten, wählerisch zu sein. Und bitte verstehen Sie das nicht falsch, Mrs. und Mr. Stormaire, aber wenn Perrys Bewerbung nur aus diesen Zahlen bestünde, na ja … dann würden wir jetzt nicht hier zusammensitzen.«
    Ich warf Mom und Dad einen schnellen Blick zu. Keiner von beiden lächelte mehr, obwohl Dad einen ziemlich verkrampften Versuch startete.
    »Entschuldigung, aber ich verstehe nicht ganz, wovon Sie sprechen.«
    »Hiervon.« Leannes Hand verschwand wieder in der Schublade und kam mit einem fünf Zentimeter dicken Papierstapel wieder heraus, den sie mit einem Knall auf den Tisch fallen ließ. »Perrys Bewerbungsaufsatz.«
    Meine Eltern runzelten die Stirn und blickten beide auf den Stapel Blätter, als handelte es sich um irgendein stinkendes Pilzgewächs, das Leanne aus dem Boden gerupft und ihnen vor die Nase geworfen hätte. Es war verblüffend, wie ähnlich die beiden sich einen Augenblick lang sahen.
    »Das ist sein Aufsatz?«, fragte Mom.
    »Mm-hm.« Leanne blätterte darin. »In unserem Bewerbungsverfahren verlangen wir einen zweihundertfünfzig bisfünfhundert Worte langen Essay über ein vorgegebenes Thema. Perrys hat vierzigtausend Worte.«
    »Vierzig
tausend
?«, fragte Dad.
    »Wie lautete das Thema?«, wollte Mom wissen.
    Leanne sah in die Mappe, die sie zuerst aufgeschlagen hatte. »Beschreiben Sie eine Situation oder eine Begebenheit, die Ihnen dabei geholfen hat, Ihre eigene Identität zu finden.« Sie blinzelte uns von unten heraus an und spielte so perfekt die Ahnungslose, dass ich mich fragte, ob sie diesen Gesichtsausdruck mittels der verspiegelten Oberfläche ihres Schreibtischs einübte. »Nun würden wir normalerweise einen Aufsatz, der unsere üblichen Zulassungskriterien so völlig missachtet, ungelesen zurücksenden und den Bewerber entweder dazu auffordern, eine angemessenere persönliche Darstellung einzureichen, oder ihm einfach mitteilen, dass er wahrscheinlich nicht für unser Studienprogramm geeignet ist. In diesem Fall hat jedoch der bloße Umfang des Aufsatzes das Interesse unserer Zulassungsbeauftragten gewonnen, die ihn wiederum an andere weitergegeben haben … Mittlerweile hat er so eine Art Kultstatus hier im Haus erreicht.«
    »Kultstatus?«, fragte Mom und sah mich komplett verblüfft an. »Worüber hat er denn geschrieben?«
    »Es lässt sich wahrscheinlich am einfachsten als eine Erzählung über seine Nacht in New York mit Gobija Zaksauskas beschreiben«, antwortete Leanne und blätterte die Seiten durch. »Was Perry da bei seiner Bewerbung eingereicht hat, ist eine viel zu lange, weitschweifende Geschichte über kriminelle Verhaltensweisen junger Menschen, die er mit unzulänglichem sprachlichen Ausdruck und äußerst geringer Beachtung der üblichen Anforderungen an solche Bewerbungsaufsätze für dasCollege verfasst hat. Sie ist umgangssprachlich formuliert, viel zu ausführlich, voller Widersprüche und stellenweise schlichtweg schlampig geschrieben.« Damit ließ sie die erste Seite des Manuskripts sinken. »Doch es ist zugleich eins der fesselndsten und originellsten Schriftstücke, die mir jemals in diesem Fachbereich unter die Finger gekommen sind.«
    »Aha«, sagte Dad.
    »Aha«, sagte Mom.
    »Genau«, sagte Leanne und sah mir direkt ins
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