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Butterschmalz zum Fruehstueck

Butterschmalz zum Fruehstueck

Titel: Butterschmalz zum Fruehstueck
Autoren: Helga Jursch
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Bundesregierung warnt, weil labile Menschen Schäden durch das Praktizieren der Maharishi -Techniken erleiden können. Schließlich gibt es noch das Etikett „Ayurveda“, welches alle möglichen Wellness-Anwendungen bezeichnet, jedoch wenig mit der reinen Lehre zu tun hat. Ayurveda gilt in Europa allgemein als sanft, aber meine Behandlungen sind der leibhaftige Beweis dafür, dass es auch anders geht.
    Gestern fingen die Wohlfühl-Tage an. Nach der Massage bekam ich einen Shirovasti zur Kopfreinigung. Ich bekam nach mühsamer Anpassung einen Zylinder auf den Kopf, wie Nofretete einen trägt. Dann kam warmes Öl rein. Während es einwirkte, wurde ich ganz sanft an Brust und Rücken massiert. Da kann man sich schon vorstellen, dass sich alle schlechten Gedanken in Öl auflösen. Danach soll und kann man gründlich entspannen.
    Ansonsten wird mein Wohlgefühl durch die Tatsache getrübt, dass mein Camcorder kaputt ist. Ich frage nach, was ich machen könne, und man rät mir, nach Trivandrum in ein Fotogeschäft zu fahren. Und am besten gleich, denn die Fotohändler sind Christen, und die machen über Ostern ihre Geschäfte zu. Ich lasse also den Taxifahrer von der Rezeption briefen und fahre nach Trivandrum. Die Stadt ist eng, dreckig, stickig, laut, hat aber dennoch einen morbiden Charme. Die Garküchen, Verkaufsstände, Haustempel und das Gewusel wirken wie die Kulisse eines exotischen Films.
    In den ersten drei Geschäften haben die Leute noch nie einen echten Camcorder gesehen. Das nächste Geschäft ist auf der anderen Straßenseite. Nur, wie komm ich rüber? Nach etlichen, fehlgeschlagenen Versuchen erbarmt sich der Taxifahrer. Er verlässt sein Gefährt, nimmt mich am Arm und bringt mich über die Straße. Es ist so einfach, wenn man weiß wie. Das Geschäft ist wieder nichts, aber den Rückweg schaffe ich alleine und bin ganz stolz auf mich. Das System habe ich allerdings nicht verstanden. Ich hatte einfach Glück. Ich sage dem Fahrer, dass es keinen Zweck habe und dass ich zurück wolle. Er fährt mich dennoch zu einem anderen Geschäft. Da kann ich immerhin eine dichte Fototasche und paar Päckchen Silicagel erstehen. Ich packe die Kamera in die Tasche und stelle sie in den Kühlschrank. Heute Morgen mache ich sie an und hurra! Der Bildschirm geht wieder! Dafür taucht aber eine Fehlermeldung mit der Penetranz eines indischen Strandverkäufers auf, und die Kamera filmt nicht. Jetzt muss ich spirituelle Größe beweisen und einfach mal davon ausgehen, dass das nicht so schlimm ist. Keine ganz einfache Sache.

27. März 2005

Wohlbehagen
    Das Leben ist schön! Nicht nur, weil die Kamera plötzlich wieder geht, sondern auch wegen der Wellness-Anwendungen. Die spirituelle Größe ist nun nicht mehr notwendig, und das ist gut so, weil ich darin wahrlich keine Meisterin bin.
    Mein Anwendungsplan hat sich geändert. Erst habe ich Ölmassage, das gelbe Pulver bin ich glücklicherweise los. Danach kommt Shirodara , der Stirnguss. Der wirkt wie eine Reise durch Raum und Zeit. Als der Stirnguss um ist, komme ich von sehr, sehr weit zurück in die Welt und habe danach das Gefühl, schon seit Jahrhunderten hier zu leben. Als Nächstes kommt das Ölbad dran. Dabei legt man sich in eine flache Wanne und wird die ganze Zeit mit warmem Öl übergossen und synchron massiert. Man fühlt sich völlig hilflos und rutscht ohne Halt herum. Ich gehöre zu denen, die das schön finden. Am Ende wird das Öl mit einem Palmblatt von der Haut abgestreift, und dann ist man so sauber wie eine frisch geputzte Fensterscheibe.
    Danach kommt die Ärztin und will wissen, wo genau mir der Rücken wehtue. Ich zeige es ihr. Bisher war ich ein wenig enttäuscht, weil die Masseurinnen nie so richtig auf meinen Rücken eingehen wollten. Nun formt Usha aus Brotteig einen Wall, klebt ihn um die schmerzende Stelle und gießt ein scharfes Öl rein, das dann eine Weile einwirken muss. Jedenfalls steht jetzt mein Rücken im Mittelpunkt und ich habe ein paar Tage Ruhe von den anderen Behandlungen für den Verdauungstrakt. Damit habe ich mehr Bewegungsfreiheit und kann endlich nach Lust und Laune filmen, die Welt ist in Ordnung.
    So furchtbar das Erbrechen war: Mich haben jetzt mehrere Leute angesprochen, was ich denn getan hätte, ich würde plötzlich so viel besser aussehen. Zudem ist meine Zunge beinahe rosa wie die der meisten Inder. Ich weiß nicht, ob der Vorgang Endorphine freigesetzt hat, ich bin jedenfalls verdammt gut drauf. Martha, die ja schon
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