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Butterschmalz zum Fruehstueck

Butterschmalz zum Fruehstueck

Titel: Butterschmalz zum Fruehstueck
Autoren: Helga Jursch
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kommt mein persönlicher Höhepunkt: Webarbeiten aus Lotusfaser. Vor etwa neunzig Jahren wollte eine Weberin vom Inle -See dem von ihr verehrten Mönch ein neues, kostbares Gewand schenken, am besten aus Seide. Das lehnte der Mönch ab, denn dafür müssten Seidenwürmer sterben. Der Frau war nun aufgefallen, dass Lotusstängel einen fädigen Schleim absonderten, wenn man sie durchschnitt . Da Lotus im Buddhismus das Reinste überhaupt darstellt, wäre das ein guter Stoff für den Mönch, sofern der Schleim nutzbar wäre. Wenn man die Stängel anritzt und auseinanderzieht, tritt ein fädiges Gespinst aus, das maximal dreißig Zentimeter lang ist. Wenn man es gleich auf einer feuchten Fläche rollt, entsteht ein Faden, der dann zu Garn versponnen werden kann. Und so sitzen Frauen und produzieren in mühevoller Arbeit jeweils dreißig Zentimeter Faden. Der Tagesertrag dürfte bei wenigen Metern liegen. Ein Mönchsgewand dürfte etwa vier bis fünf Quadratmeter groß sein. Den Arbeitsaufwand vermag ich mir kaum vorzustellen. Die Frau muss den Mönch also sehr geliebt haben. Die Faser nimmt nur Naturfarben an und sieht wie Leinen aus, fällt aber ganz weich und knautscht nicht. Das Material ist einzigartig und so fürchterlich teuer, dass ich einen Kauf gleich ad acta legen muss. Immerhin konnte ich mir einen Seidenschal leisten, in dem Lotusfäden mit verwebt sind.
    Es folgt der Besuch bei einem Schmied, der Messer, Hacken und Scheren auf einfachste Art und Weise herstellt. Ein Mann facht ständig das Feuer mit seinen manuellen Blasebälgen an. Wir sind zeitlich etwas im Rückstand, aber auf unserem gnadenlosen Programm steht noch eine Zigarrenfabrik. Das sollte in fünf Minuten abgehandelt sein. Denkste ! Es gibt Zigarren und Zigaretten aus Tabak und Maisblättern. Wir dürfen testen, und das Ganze ist eine Mordsgaudi.
    Wo der See aufhört und anfängt, lässt sich gar nicht ohne Weiteres feststellen. Im Grunde handelt es sich um ein Sumpfgebiet, dessen tiefere Stellen mit Wasser gefüllt sind, und das ändert sich ständig. Hier wird auch Landwirtschaft betrieben. Der Pflanzgrund wird mit langen Stangen im See befestigt und dann werden übliche Gemüsesorten, allen voran Tomaten, angebaut. Wir fahren vorsichtig durch die schwimmenden Felder. Dann haben wir unser letztes Tagesziel erreicht: das Kloster der springenden Katzen. Die Mönche in diesem Kloster haben sich hin und wieder gelangweilt und deshalb die dort lebenden Katzen dressiert, durch Reifen zu springen. Aber nun ist es Abend und die Katzen wollen nicht mehr. Doch die Pagode ist voller Katzen aller Farben und Größen. Irgendwann werden sie unruhig. Futterzeit. Die armen Katzen bekommen, genauso wie die Mönche, Reis. Einer aus unserer Gruppe hat noch ein wenig Möwenfutter, das vor einem Tempel zur Karmaverbesserung verkauft wurde. Dieses wird von den Katzen als hochwillkommene Abwechslung genommen.
    Es wird höchste Zeit für die Rückfahrt, denn es wird mächtig schnell dunkel - und kalt. Zurück im Hotel feiern wir Abschied, weil wir am nächsten Tag nach Yangon fliegen und deshalb unseren Bus und sein Team verlassen. Wir hatten zwei Busfahrer und einen Boy, der für die ganzen Dreckarbeiten zuständig war. Ein ganz netter, sanfter und unterwürfiger Kerl. Wir geben den drei Männern das Trinkgeld, und der Boy gibt sofort sein Trinkgeld an die Busfahrer weiter. So war das von keinem von uns gedacht gewesen. Eine von uns macht ein schönes Gedicht, auch über unseren Bus, den feuerroten „Angel“. Sie interpretiert das als englischen Engel, aber es könnte auch die Angel sein, an deren Haken wir freiwillig festhängen.
    Ko Ko holt seine Gitarre raus und singt zusammen mit dem Busteam ein paar wunderschöne Liebeslieder, die auf Deutsch übersetzt in etwa heißen: Ich lade dich ein, in meine Träume zu kommen. Oder: Deine offenen Haare schreiben Gedichte. Und schließlich, für die unglückliche Liebe: Vollmond über Yangon . Denn so ein Vollmond ist schließlich etwas Schönes. Aber Yangon ist grell beleuchtet, laut und diesig. Da leuchtet der arme Mond völlig umsonst und wird von niemandem wahrgenommen. Wie die vergebliche Liebe. So schön die Lieder sind: Mir ist es einfach zu kalt. Nicht mal im Bett wird mir richtig warm, und so wache ich auch in der Nacht vor Kälte auf.

9. Januar 2013

Shwedagon -Pagode als grandioses Finale
    Wir fliegen morgens von Heho nach Yangon . Ich bin winterlich gekleidet. Heho ist ein winziger Flughafen, in dem die
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