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Butterbrot

Butterbrot

Titel: Butterbrot
Autoren: Gabriel Barylli
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Schwingen hielten dann irgendwelche anderen im Arm und konnten es genießen.
    Ich hatte plötzlich Lust, irgend etwas kaputtzumachen
    - den Plattenspieler vielleicht oder die Sandwichtabletts oder den Idioten, der seine Hand langsam über ihre Hüfte gleiten ließ und sie dann so tief auf ihr liegen hatte, wie ich es nicht so schnell hatte tun wollen. Ich wußte auch nicht, ob dieses Lächeln auf ihrem Mund der Musik galt oder mir oder einem von den anderen -»Vielleicht lächelt die immer so« - dachte ich kurz, vielleicht ist die einfach etwas blöd und lächelt immer so - wer weiß - na gut, dann hab ich dort nichts verloren und schau einmal nach, was sonst noch im Angebot ist -Nichts -
    Nichts war im Angebot - rein gar nichts.
    Sie hatte einfach das unverschämte Glück, aus einem Margeritenbeet als Glockenblume herauszuragen -wer weiß, wie sie im Vergleich mit peruanischen Rosen gewirkt hätte. An diesem Abend jedenfalls war sie konkurrenzlos. Vielleicht war sie sogar eine Rose und nicht nur eine Glockenblume - egal - sie war auffallend, und ich war wütend.
    Irgendein Fußballer zog sie dann zu sich auf ein Sofa und redete wie ein Wasserfall auf sie ein. Er hatte so eine unangenehme »Ich bin Mittelstürmer - ich treffe immer ins Netz«-Ausstrahlung, die bei fast allen Frauen irgendwie ankommt - vor allem bei denen, die es nicht zugeben.
    Diese »Mich beeindrucken nur geistige Werte«-Hal-tung von Frauen ist ja nur ein Abfangtest für Männer, die nicht wissen, daß das Tier in der Frau immer nur das Tier sucht - wegen der Fortpflanzung - wegen der Genetik!
    Die Frau will nämlich immer spüren, daß das Männchen überlegen ist. Daß es einen Schutz bieten kann in der Natur und im Leben gegen die Gefahren und das Wetter und, und ... gegen alles ganz im allgemeinen.
    »Gut«, dachte ich - »wenn sie auch so eine ist, dann kann sie sich ja von dem Linksaußen eine Flanke schie-ßen lassen«, und zündete mir eine letzte Zigarette an, bevor ich gehen wollte.
    In dem Moment stand sie auf und ging in die Küche -und ich hinterher.
    Vielleicht war also nicht nur der Park der entscheidende Fehler - vielleicht war es vielmehr die Küche. Ich kam gerade zurecht, als sie aus einer weißen Porzellanschüssel Karamelsoße schleckte. Sie nahm dazu den Zeige- und den Mittelfinger und schob sie wie einen Löffel in die dicke, cremige Karamelsoße und hob sie dann in ihren schönen, roten Mund. »Der Mund ist genauso rot wie ihr Kleid« - dachte ich - und hätte ihr ewig dabei zusehen können, wie sie diese dicke, cremige Karamelsoße schleckte. -»Wahrscheinlich hat sie zwei Wochen lang nach dem Lippenstift gesucht« - dachte ich, während ich ihr zusah. Frauen können ja eine nicht zu glaubende Gradlinigkeit entwickeln, wenn es darum geht, einen Lippenstift zu finden, der in der Farbe zu dem neuen Kleid paßt, das seit zwei Wochen im Schrank rechts vorne hängt.
    »Ganz unten müssen Birnen sein«, sagte ich und lächelte sie an, als sie sich erschrocken umdrehte.
    »Ach was«, sagte sie mit vollem Karamelmund und lächelte mir direkt in die Augen - »Sie waren wohl auch schon heimlich hier.«
    »Nein«, sagte ich - »aber ich kenne Elisabeth - wenn sie eine Party gibt, dann gibt es auch immer diese Wahnsinnscreme« -»Mit Birnen« - lächelte sie.
    »Mit Birnen.«
    Was man für Blödsinn redet - dachte ich, während sie die Porzellanschüssel in den Eisschrank zurückstellte und sich sanft über ihre Lippen wischte, um die Reste der Karamelcreme zu verbergen. Gott sei Dank wissen erwachsene Menschen, daß nicht alles so blödsinnig ist, wie es sich anhört, was sie in dem Moment sagen, in dem ihre Stimme irgendwelche Sätze von sich wirft
    - Gott sei Dank sind diese Sätze nur zwei Prozent der Botschaft, die die Menschen einander zusenden, wenn sie in einer Küche stehen und jeder sich fragt, wie es weitergeht. Gott sei Dank sind achtundneunzig Prozent die unverbergbare Wahrheit dessen, was man tatsächlich denkt und fühlt. Und diese achtundneunzig Prozent hört der andere wirklich - sieht der andere wirklich.
    Wie langsam sie die Schüssel zurückstellt - dachte es in mir - wie zart sich die Finger ihrer Hand von dem dicken Rand dieser weißen Porzellanschüssel lösen, und wie sanft sie die Eiskastentüre schließt und noch einmal eine halbe Sekunde lang nachdrückt, obwohl das überhaupt nicht nötig wäre - wie sie sich jetzt umdreht und auf die Tischkante setzt, ihre Beine wissen genau, daß ihr rotes Kleid dadurch
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