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Brunetti 18 - Schöner Schein

Brunetti 18 - Schöner Schein

Titel: Brunetti 18 - Schöner Schein
Autoren: Donna Leon
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Brunetti trank seinen Tee aus und schenkte ihnen beiden nach.
    »Das war natürlich Antonio«, sagte sie im Plauderton.
    Natürlich, dachte Brunetti. »Hat er Ihrem Mann erzählt, was er getan hat?« Er fragte sich, ob das Ganze auf einen Fall von Erpressung hinauslief und ob sie deswegen in die Questura gekommen war und ihn hatte sprechen wollen.
    »Nein. Er hat es mir erzählt. Er rief an und fragte, ob er mich besuchen könne - ich weiß nicht mehr, was für einen Grund er nannte. Er sagte, er sei ein Geschäftspartner meines Mannes« - das kam sehr hämisch aus ihrem Mund. »Ich sagte, ich sei zu Hause. Also kam er und hat es mir erzählt.«
    »Was genau?«
    »Was passiert war. Dass Maurizio, behauptete er jedenfalls - Antonio, meine ich -, deutlich gemacht habe, was er von ihm erwarte, und dass Antonio es getan habe.« Sie sah ihn an, und er hatte das Gefühl, sie habe alles gesagt, was sie zu sagen hatte, und warte nun auf einen Kommentar von ihm. »Aber das ist unmöglich«, fügte sie hinzu und versuchte möglichst überzeugend zu klingen.
    Brunetti ließ etwas Zeit verstreichen, bevor er fragte: »Haben Sie ihm geglaubt?«
    »Dass Antonio ihn umgebracht hatte?«
    »Ja.«
    Gerade als sie antworten wollte, drang vom Campo der Freudenschrei eines Kindes herein, und ihr Blick wandte sich in die Richtung. Ohne Brunetti anzusehen, sagte sie: »Das ist schon seltsam: Ich kannte Antonio bis dahin gar nicht, aber mir ist nie in den Sinn gekommen, an seinen Worten zu zweifeln.«
    »Haben Sie geglaubt, dass Ihr Mann ihn dazu aufgefordert hat?«
    Falls Brunetti erwartet hatte, sie würde auf seine Frage mit Empörung reagieren, wurde er enttäuscht. Eher schien sie müde. »Nein. Das kann Maurizio nicht getan haben«, sagte sie mit einer Stimme, die jeden Zweifel zu unterdrücken versuchte.
    Sie drehte sich wieder zu Brunetti um. »Es könnte höchstens sein, dass er davon gesprochen hat; wie hätten sie sonst davon erfahren sollen?« Gequält fragte sie: »Woher sonst hätte Antonio den Namen des Zahnarztes wissen können?« Und nach einer Pause: »Aber niemals hätte Maurizio, auch wenn er sich das noch so sehr gewünscht hätte, ihn zu so etwas aufgefordert.«
    Brunetti sagte nur: »Verstehe. Hat er bei diesem Besuch sonst noch etwas gesagt?«
    »Er hat gesagt, Maurizio wolle ganz bestimmt nicht, dass ich davon wisse. Zuerst hat er es so hingestellt, als habe Maurizio sie direkt dazu aufgefordert, doch als er sah - Antonio war nicht dumm, das sollten Sie bedenken -, dass ich das nicht glauben konnte, änderte er seine Darstellung und behauptete, es sei eher eine Anregung gewesen, auf jeden Fall aber habe Maurizio ihnen den Namen genannt. Ich weiß noch: Er fragte mich, warum denn sonst Maurizio den Namen erwähnt haben sollte.« Brunetti glaubte, sie sei fertig, aber dann sagte sie noch: »Und seine Frau.« »Was wollte er?«
    »Er wollte mich, Commissario«, antwortete sie fast schon gereizt. »Ich hatte zwei Jahre lang mit ihm zu tun, er war ein Mann mit...« Sie suchte nach den richtigen Worten. »Mit unerfreulichen Vorlieben.« Als Brunetti nicht darauf reagierte, fügte sie hinzu: »Wie Tarquinius' Sohn, Commissario. Wie Tarquinius' Sohn.«
    »Hat Terrasini gedroht, die Polizei zu informieren?«, fragte Brunetti, obwohl das unwahrscheinlich schien, da er in diesem Fall ja einen Mord gestehen musste.
    »O nein, das hat er nicht. Er hat nur gesagt, mein Mann wolle bestimmt nicht, dass ich erfahre, was er getan habe. Kein Mann wolle, dass seine Frau so etwas wisse.« Sie drehte den Kopf zur Seite, und Brunetti bemerkte, wie straff die Haut an ihrem Hals sich spannte. »Er behauptete, Maurizio sei verantwortlich für das, was geschehen sei.« Sie schüttelte den Kopf. »Antonio war nicht dumm, wie gesagt.« Dann sachlich: »Er hat eine katholische Schule besucht. Jesuiten.«
    »Und weiter?«, fragte Brunetti.
    »Damit Maurizio nicht erfuhr, dass ich Bescheid wusste, schlug Antonio vor, er und ich sollten eine Übereinkunft treffen. Das Wort stammt von ihm: ›Übereinkunft‹.«
    »Wie Tarquinius' Sohn mit Lucretia?«, fragte Brunetti.
    »Genau so«, antwortete sie, und es klang sehr müde. »Wenn ich den Bedingungen dieser Übereinkunft zustimme, werde Maurizio nie erfahren, dass ich weiß, dass er diesen Leuten von dem Zahnarzt erzählt und Antonio dazu angeregt hat, zu tun - nun ja -, was er getan hat. Und dass er ihm den Namen genannt hat.« Sie legte beide Hände an die Teekanne, als sei ihr plötzlich kalt
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