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Brunetti 17 - Das Mädchen seiner Träume

Brunetti 17 - Das Mädchen seiner Träume

Titel: Brunetti 17 - Das Mädchen seiner Träume
Autoren: Donna Leon
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Natürlich!«
    Brunetti saß wie gebannt und mit so ergriffener Miene da, als sei er immer noch in seiner zweitklassigen Filmrolle gefangen.
    Der Innenminister. Dem unter anderem die Ordnungskräfte einschließlich der Polizei unterstellt waren. Die Klatschpresse war ganz vernarrt in seine Familie: Die Ehefrau gehörte zu den Erben eines mächtigen Industriemagnaten; der älteste Sohn, ein Anthropologe, in Neukaledonien verschollen; eine der Töchter jettete zwischen den Filmstudios von Rom und Los Angeles hin und her, ohne dass ihre Karriere wirklich in Schwung kam; eine zweite war mit einem spanischen Arzt verheiratet und lebte zurückgezogen in Madrid; und über den derzeitigen Erben, einen jungen Mann von unberechenbarem Temperament, der schon in mehr als eine Diskothekenschlägerei verwickelt gewesen war, zirkulierten in Polizeikreisen die wildesten Gerüchte bezüglich weitaus ernsterer Vergehen, die allerdings nie vor Gericht gekommen waren. Die Mutter war Venezianerin, der Vater stammte aus Rom.
    »... Vorwurf ist also völlig unhaltbar.« Patta näherte sich dem Ende seiner Litanei. »Ich brauche Ihnen wohl kaum zu sagen, dass die Vorstellung, er könne auch nur im Entferntesten in diese Sache verwickelt sein, ganz undenkbar ist, weshalb wir sie auch gar nicht erst in Erwägung ziehen werden.« Der Vice-Questore wartete auf Brunettis Antwort, doch der überlegte fieberhaft, wie und wo er etwas über den jungen Mann in Erfahrung bringen könnte.
    Trotzdem nickte er, als hätte er jedes Wort seines Vorgesetzten mitbekommen. Es wäre interessant zu wissen, wer sich hinter dem »er« und »wir« aus Pattas Vortrag verbarg. Mit Ersterem konnte sowohl der Minister als auch sein Sohn gemeint sein, während sich das »wir« höchstwahrscheinlich auf die Polizei bezog, vielleicht aber auch auf die gesamte politische Kaste.
    »Habe ich mich deutlich genug ausgedrückt, Commissario?«, fragte Patta, diesmal mit jenem drohenden Unterton in der Stimme, der eigentlich dem Schurken im Melodrama vorbehalten war.
    »Jawohl, Signore.« Brunetti erhob sich. »Ich bin sicher, Sie haben die Situation zutreffend eingeschätzt, und wir sollten eine so bedeutende Persönlichkeit nicht ohne triftigen Grund in unsere Ermittlungen einbeziehen.«
    »Es gibt keinen Grund«, herrschte Patta ihn wutschnaubend an. »Weder triftig noch sonst was.«
    »Natürlich«, sagte Brunetti, »ich habe verstanden.« Er machte ein paar Schritte zur Tür hin, gespannt, was für eine letzte Warnung Patta ihm mit auf den Weg geben würde, aber der Vice-Questore hatte offenbar alles gesagt. Brunetti wünschte seinem Vorgesetzten höflich einen guten Morgen und verließ das Büro.
    Draußen im Vorzimmer blickte Signorina Elettra ihm mitfühlend entgegen. »War wohl unangenehm, hm?«, fragte sie.
    »Ich habe gerade erfahren, dass Fornaris Tochter mit dem Sohn des Innenministers verlobt ist«, sagte er und sah, wie ihre Augen sich weiteten, während sie das Geschehen neu sortierte. Für den Fall, dass Tenente Scarpa sich hinter dem Wandteppich versteckt hielt, fügte Brunetti hinzu: »Natürlich ist es unter diesen Umständen ganz ausgeschlossen, dass wir uns mit der Vergangenheit des jungen Mannes beschäftigen oder irgendwelche früher gegen ihn erhobenen Anschuldigungen ausgraben.«
    Auch sie verwarf ein solches Vorgehen mit entschiedenem Kopfschütteln. »Wenn er der Sohn eines Ministers ist«, sagte sie mit Nachdruck, »dann würde dabei ohnehin nichts herauskommen.« Aber noch während sie sprach, suchte ihre Rechte bereits nach der Tastatur: Der Bergbach, der über ihren Bildschirm sprudelte, verschwand und machte einem detaillierten Programmmenü Platz. »Diesbezügliche Recherchen wären reine Zeitverschwendung«, setzte sie hinzu und rückte ihren Stuhl vor den Bildschirm.
    »Ich bin ganz Ihrer Meinung, Signorina«, säuselte Brunetti und begab sich nach oben, um das Ergebnis ihrer Suche abzuwarten.
    »Mamma mia«, rief sie, als sie zwei Stunden später sein Büro betrat. »Der Junge lässt rein gar nichts aus!« Mit einem Bündel Papiere in der Hand trat sie vor seinen Schreibtisch und ließ sie eins nach dem anderen mit ihrem Kommentar auf die Tischplatte flattern. »Unerlaubter Drogenbesitz.« Flatter, flatter. »Verfahren aus Mangel an Beweisen eingestellt. Schwere Körperverletzung.« Flatter, flatter. »Eingestellt, weil das Opfer seine Anzeige zurückzog. Noch mal schwere Körperverletzung.« Flatter, flatter. »Auch hier Anzeige
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