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Bruder Cadfael Und Der Hochzeitsmord

Bruder Cadfael Und Der Hochzeitsmord

Titel: Bruder Cadfael Und Der Hochzeitsmord
Autoren: Ellis Peters
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niederen Volk.
    Stumm, reglos, geduldig, den Rücken kerzengerade an die Wand gelehnt und mit nach orientalischer Sitte gekreuzten Beinen saß Lazarus auf der Veranda vor dem Hospiz. In seinem linken Arm hielt er Bran, der unruhig schlief und Joscelins Holzpferd an seine Brust gedrückt hatte. Die kleine Lampe über dem Eingang warf ihr schwaches Licht auf seine dünnen Ärmchen, das zerzauste, blonde Haar und das verweinte Gesicht. Als Cadfael und Mark die Veranda betraten, erwachte er, rappelte sich verschlafen auf, und Lazarus hob seinen Arm und ließ ihn von der Bank klettern.
    »Aber Bran!« rief Bruder Mark besorgt. »Warum bist du denn noch nicht im Bett?«
    Halb erleichtert, halb vorwurfsvoll umarmte ihn der Junge, und anklagend drang seine Stimme durch die Falten der neuen, etwas weiten Kutte: »Ihr seid beide weggegangen! Ihr habt mich allein gelassen. Ich wußte nicht, wo ihr wart... Ich wußte nicht einmal, ob ihr zurückkommen würdet! Wo ist er jetzt?«
    »Er wird bald kommen, du wirst schon sehen.« Bruder Mark nahm Bran an der Hand. Die andere Hand des Jungen griff nach dem Holzpferd, das er zunächst auf der Bank hatte liegen lassen, jetzt aber eifersüchtig wieder an sich nahm. »Komm jetzt, ich werde dich ins Bett bringen und dir alles erzählen.
    Deinem Freund geht es sehr gut, und er braucht sich jetzt nicht mehr zu verstecken. Alles Unrecht ist wiedergutgemacht worden. Komm, ich werde es dir erzählen, und dann wird er es dir noch einmal erzählen, wenn er das nächste Mal kommt. Er wird kommen, das verspreche ich dir.«
    »Er hat gesagt, ich würde sein Knappe sein und Latein und Rechnen lernen, wenn er Ritter wird«, sagte Bran mahnend, bevor er sich schlaftrunken ins Haus führen ließ. Mark warf einen Blick zurück auf Cadfael, und nachdem dieser beruhigend genickt hatte, verschwand er mit dem Jungen im Schlafsaal.
    Lazarus blieb stumm und rührte sich nicht, als Cadfael sich neben ihn setzte. Die Zeiten, da er Überraschung, Angst oder Verlangen empfunden hatte, waren schon lange vorbei. Mit seinen weitblickenden, graublauen Augen sah er in den Nachthimmel, an dem jetzt ein Strom dünner, feiner Wolken ruhig ostwärts trieb, während unten auf der Erde vollkommene Windstille herrschte.
    »Ihr habt gehört«, sagte Cadfael und lehnte sich bequem zurück, »was Mark dem Kind gesagt hat. Jedes Wort davon war wahr, Gott sei Dank! Alles Unrecht ist wiedergutgemacht worden. Huon de Domvilles Mörder ist gefaßt, und er ist ohne jeden Zweifel schuldig. Das also ist vorbei. Aussicht auf Gnade besteht nicht, es sei denn, der Mörder zeigte Reue, und darauf deutet nichts hin. Er hat nicht nur seinen Onkel umgebracht, sondern auch seinen Freund, der ihm vertraute, auf niederträchtigste Weise verraten und versucht, ein unschuldiges Mädchen gewissenlos auszunutzen. Aber das ist vorüber. Ihr braucht Euch keine Sorgen mehr zu machen.«
    Der Mann neben ihm sagte nichts, fragte nichts, hörte nur zu.
    Ruhig fuhr Cadfael fort: »Alles wird sich für sie zum Besten wenden. Ich habe keinen Zweifel daran, daß der König den Abt zu ihrem neuen Vormund bestimmen wird. Radulfus ist ein strenger und hochherziger, aber auch sehr menschlicher Mann.
    Sie hat nichts mehr zu befürchten, nicht einmal für einen Liebsten, der über nicht allzu viele irdische Güter verfügte. Ihr Glück, ihre Wünsche werden nicht mehr übergangen werden, als seien sie ohne Bedeutung.«
    Lazarus wandte den Kopf. Das Gesichtstuch dämpfte seine tiefe Stimme, die die Worte nur mühsam und stockend formte.
    »Ihr sprecht nur von Domville. Was ist mit dem zweiten Mord?«
    »Welcher zweite Mord?« fragte Cadfael.
    »Vor über einer Stunde habe ich unten in der Bachniederung die Fackeln gesehen, als sie Godfrid Picard holten. Ich weiß, daß er tot ist. Wird man Domvilles Mörder auch für diese Tat verantwortlich machen?«
    »Aguilon wird sich wegen Mordes an seinem Onkel verantworten müssen«, antwortete Cadfael, »und die Beweise gegen ihn sind erdrückend. Warum sollte man nach einem zweiten Mörder suchen? Angenommen, es würde sich erweisen, daß er mit dem Mord an Picard nichts zu tun hat - würde das etwas an seinem Schicksal ändern? Aber dieser Tat wird man ihn nicht beschuldigen. Eine solche Anklage ließe sich nicht aufrecht erhalten, denn Godfrid Picard wurde nicht ermordet.«
    »Woher wollt Ihr das wissen?« fragte Lazarus wißbegierig.
    Seine Stimme verriet keine Angst oder Sorge.
    »Picard fiel nicht in einen Hinterhalt.
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