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Bronzeschatten

Bronzeschatten

Titel: Bronzeschatten
Autoren: Lindsey Davis
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und noch zwei, von denen einer einen Frauennamen eingraviert hatte. Verkaufen konnte man sie nicht, weil sie womöglich in die falschen Hände geraten wären; ich würde sie später in den Tiber werfen.
    Zum Schluß schlangen wir ein Seil um den nun fast nackten Leichnam und wuchteten ihn auf eine Bahre, die wir mitgebracht hatten.
    Die stummen Prätorianer sperrten die Gasse ab, bis Frontinus und ich unsere Last in einen Kanalschacht der Cloaca Maxima geworfen hatten. Wir lauschten: Da! Tief unten, nahe den Steinstufen am Einstieg, ein dumpfes Klatschen. Die Ratten würden ihn schnell genug finden. Sobald das nächste Sommergewitter sich über dem Forum entlud, würde das, was noch von ihm übrig war, durch den wuchtigen Bogen unter dem Pons Emilius in den Fluß gespült werden und dann entweder an den Pfeilern hängenbleiben, um vorbeifahrende Schiffer zu erschrecken, oder aber weiterschwimmen, um schließlich in einer Ruhestätte im Meer zu landen, wo gleichgültige Fische sein Skelett vollends blankputzen mochten.
     
    Das Problem war erledigt; Rom würde keinen Gedanken mehr an seinen vermißten Bürger verschwenden.
    Wir wanderten zurück, verbrannten die Bahre; wischten den Fußboden im Lagerhaus auf; schrubbten uns Hände, Arme, Beine und Füße sauber. Dann holte ich einen Eimer frisches Wasser, und wir wuschen uns noch einmal gründlich. Ich ging nach draußen, um das Schmutzwasser auf die Straße zu gießen.
    Ein Mensch in einem grünen Umhang mit hochgeschlagener Kapuze blieb stehen, als er mich am Tor stehen sah. Ich nickte grüßend, ohne ihm in die Augen zu schauen. Er ging weiter. Ein ehrbarer Bürger, der guten Gewissens seinen Geschäften nachging, ohne etwas von dem schauerlichen Geschehen zu ahnen, das er eben verpaßt hatte.
    Es wunderte mich freilich, daß er trotz des herrlichen Wetters so vermummt war; manchmal könnte man meinen, in Rom schlichen dauernd Leute durch finstere Seitengäßchen, die unerkannt bleiben wollten.
    Ich sagte, ich würde abschließen.
    »Gut, dann rücken wir ab!« Frontinus würde seine Jungs auf einen wohlverdienten Schluck einladen. Mich bat er nicht dazu – was mich nicht überraschte.
    »Danke für deine Hilfe. Auf bald, Julius …«
    »Nicht, wenn ich es verhindern kann!«
    Als sie gegangen waren, blieb ich noch kurz am Tor stehen. Das Herz war mir schwer. Jetzt, da ich allein war, hatte ich Muße, mich umzuschauen … Im Hof fiel mein Blick auf einen interessanten Haufen, der, diskret von einem Stoß alter Felle verdeckt, die Außenmauer stützte. Als Sohn eines Auktionators war ich einfach außerstande, einen herrenlosen Gegenstand, der sich eventuell würde verscherbeln lassen, zu ignorieren, also schlenderte ich darauf zu.
    Unter den Fellen steckten ein munteres Spinnenpaar und jede Menge Bleibarren. Die Spinnen waren mir fremd, die Barren dagegen alte Bekannte; die Verschwörer hatten sich den Weg an die Macht mit gestohlenem Silber erkaufen wollen. Später hatten die Prätorianer alle Barren mit Edelmetallgehalt im Tempel des Saturn verwahrt, aber die Diebe, die das ungemünzte Silber aus den britischen Minen schmuggelten, hatten den Verschwörern große Mengen Blei untergejubelt – wertlos für Bestechungen – und so ihre Auftraggeber munter betrogen. Offenbar war das Blei hier für den Abtransport durch einen kaiserlichen Armeezug zurückgelassen und mit militärischer Präzision gestapelt worden, jede Reihe exakt im rechten Winkel zu der darunter. Für einen Mann mit den richtigen Kontakten hatten Bleibarren durchaus einen gewissen Wert … Ich deckte sie wieder zu, wie sich das für einen ehrlichen Staatsdiener gehört.
     
    Ich ließ das Tor offen und ging noch einmal zu dem Kanalschacht über der Cloaca Maxima zurück. Von all den stinkenden Leichen gescheiterter Existenzen, die Rom verschandelten, war dies die letzte, die ich freiwillig so respektlos behandelt hätte. Jeder Verräter hat eine Familie, und seine kannte ich. Sein nächster männlicher Verwandter, der diese Beisetzung von Rechts wegen hätte leiten sollen, war ein Senator, dessen Tochter mir sehr, sehr viel bedeutete. Ein typisches Falco-Dilemma: Weil ich bei einer höchst wichtigen Familie Eindruck schinden wollte, mußte ich meinen guten Charakter dadurch beweisen, daß ich ihren toten Verwandten ohne jede Zeremonie in einer öffentlichen Kloake verschwinden ließ …
    Ächzend wuchtete ich den Kanaldeckel wieder hoch, streute hastig eine Handvoll Erde hinunter und murmelte dazu
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