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Brief in die Auberginenrepublik

Brief in die Auberginenrepublik

Titel: Brief in die Auberginenrepublik
Autoren: Abbas Khider
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Präsidenten auf einen Hund gepinselt wird, geschieht häufiger. In den letzten Monaten hat das ebenso zugenommen wie die Menge der Köter. Immer hier in Saddam City. Es gibt sogar eine spezielle Polizeieinheit mit der Aufgabe, solche Hunde zu jagen.«
    »Aber warum das alles?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Wer weiß es dann? Du kennst dich hier gut aus! Wozu der ganze Aufwand für ein paar Hunde?«
    »Nun gut. Die Regierung nennt die schiitischen Rebellen seit 1991 manchmal in der Öffentlichkeit ›streunende Hunde‹. Deswegen sieht man das hier. Stille Rache vielleicht?«
    »Okay. Lass uns zurückkehren!«
    »Ja, es ist besser so!«
    Ich fühle mich unendlich fremd hier, so nah an meinem Wohnort. Plötzlich passiert so viel in meinem Leben. Alles kommt mir abenteuerlich vor. Es geschehen so viele seltsame Dinge um mich herum, ganz in meiner Nähe, von denen ich nichts weiß und mit denen ich nicht gerechnet habe. Lebe ich auf einem anderen Planeten? …
    Das Auto fährt weiter, und ich beobachte diese fremde Welt mit Misstrauen. Wäre ich nur schon zu Hause! Ich möchte meine Kinder in die Arme schließen, festhalten und küssen. Und am liebsten würde ich bei ihnen weinen.
    Bald wird das Auto die Kanalbrücke erreichen und wir werden Saddam City endlich hinter uns lassen.
    Zu Hause werde ich den Brief zurück auf Ahmeds Tisch legen und mir nichts von alldem anmerken lassen. Die Rolle der ahnungslosen Ehefrau kann ich nur zu gut spielen. Gott, ich habe schon wieder nichts getan. Ich fühle mich so hilflos. Nein, ich werde etwas tun.
    »Halt bitte irgendwo hier an!«
    »Sofort.«
    Das Auto stoppt auf der rechten Seite, gegenüber einer Autowerkstatt.
    »Hast du ein Feuerzeug?«
    »Ja, nehmen Sie es!«
    Ich öffne die Tür, nehme den Brief aus meiner Tasche, zünde ihn an, und als er richtig Feuer fängt, werfe ich ihn vor mich auf die Straße. Langsam verkohlt er und wird zu Asche. Nur ein kleines Stückchen des Papiers bleibt verschont. Mit einem großen Schritt steige ich aus dem Auto, beuge mich hinunter, sehe genau hin und lese:
    »Die Glaubwürdigkeit unserer Geschichte besteht vermutlich darin, dass sie weder glaubwürdig noch unglaubwürdig ist. Sie ist eben nur eine mesopotamische Geschichte …«

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