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Bretonische Brandung

Bretonische Brandung

Titel: Bretonische Brandung
Autoren: Jean-Luc Bannalec
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Seite an. Er konnte nichts erkennen.
    Solenn Nuz stand eine Zeit lang so. Regungslos. Dann drehte sie sich ohne Eile um und begann, den Strand hinaufzulaufen. Dupin ging neben ihr her. Sie gingen langsam, aber nicht schleppend. Klaren Schrittes.
    Sie waren fast am Ende des Strandes angekommen, dort, wo das Dünengras begann, als Dupin wusste, dass er sich entschieden hatte. Er hatte sich schon eben entschieden. Als er die ganze Geschichte verstanden hatte. Er war sich dessen nur noch nicht bewusst gewesen.
    »Wir wissen, was passiert ist. Wir kennen die ganze Geschichte, Madame Nuz«, er setzte nur kurz ab und bemühte sich um Stärke und Endgültigkeit in der Stimme, »der Fall ist für uns geklärt.«
    Dupin hatte sie dabei nicht angeschaut.
    »Die Polizei weiß alles, was sie wissen muss.«
    Solenn Nuz reagierte nicht. Sie hatten die hölzerne Treppe erreicht und stiegen die Stufen nebeneinander hoch. Sie waren fast am Quatre Vents angekommen.
    »Sie wollen sicher mit Ihrem Schwiegervater sprechen.«
    »Ja. Das will ich.«
    Wenig später erreichten sie die Terrasse. Riwal und Le Coz standen vor dem Eingang des Quatre Vents. Auch Le Coz rauchte nun.
    »Pascal Nuz sitzt in der Bar. Wir haben alle Gäste weggeschickt. Louann Nuz ist nach Hause gegangen. Er ist allein. Er wollte allein sein.«
    Riwal klang auf eine seltsame Art unentschieden.
    Er beeilte sich hinzuzufügen:
    »Die Waffe haben wir gesichert. Le Coz hat sie mit ihm zusammen aus dem Haus geholt. Sie lag in seinem Zimmer, in einer kleinen Kiste.«
    »Madame Nuz will mit ihrem Schwiegervater sprechen. Wir werden die beiden kurz allein lassen.«
    Solenn Nuz verschwand in der Bar und schloss die Tür hinter sich.
    Le Coz hatte sich von der Seite genähert. Sie standen nun alle drei sehr nahe beieinander. Ausnahmsweise störte es Dupin nicht. Keiner von ihnen wusste, was er sagen sollte. Es war nicht einmal eine betretene Stille. Auch keine Leere. Jeder hatte den Blick auf etwas anderes gerichtet.
    Sie standen eine ganze Weile so.
    »Der Fall ist geklärt.«
    Dupin sprach klar und bedacht. Es wirkte wie das Signal zur Rückkehr in die Realität, aus der sie alle für kurze Zeit gefallen waren.
    »Ich sage dem Piloten Bescheid, Monsieur le Commissaire.«
    Le Coz holte sein Handy heraus.
    »Ich unterrichte Inspektor Kadeg«, Riwal schien froh, etwas Konkretes zu tun zu haben. »Und Kireg Goulch. Die Schatzsuche hat sich ja jetzt erledigt.«
    Beide Polizisten gingen in verschiedene Richtungen auseinander und hatten bereits die Telefone am Ohr. Dupin blieb allein.
    Er setzte sich. Nicht an den »Einsatztisch«, sondern dorthin, wo er am Montag das erste Mal gesessen hatte, direkt an die Wand. Wo er den Hummer gegessen hatte. Als er noch dachte, er hätte es mit einem Bootsunfall zu tun. Mit einem Unfall, den seine Inspektoren und der findige Kireg Goulch rasch aufklären würden.
    Er blickte über den Quai hinaus aufs Meer. Wieder lag dieses spektakuläre sphärische Licht über allem. Er würde Nolwenn anrufen müssen. Vor allem: Er würde den Präfekten anrufen müssen. Dupin hasste prinzipiell alle Anrufe bei ihm: die während des normalen »Büroalltags«, die während eines Falles, aber am allermeisten hasste er die Anrufe nach der Aufklärung eines Falles. Aber jetzt war es anders: Nach diesem Fall war es wichtig, dass er ihn als Erster ausführlich sprach.
    Riwal kam zurück.
    »Kadeg weiß Bescheid. Er war etwas verstimmt, dass er jetzt am Ende doch, wie soll ich sagen, so abseits des Geschehens war.«
    Dupin konnte sich das gut vorstellen.
    »Rufen Sie ihn noch mal an, und sagen Sie ihm, ich möchte, dass er den Bürgermeister und den Direktor des Instituts drankriegt. Dass er auf keinen Fall lockerlassen soll, in beiden Fällen nicht. – Und dass ich persönlich den Präfekten in Kenntnis setze.«
    »Sehr gern.«
    In Riwals Stimme lag Empathie.
    Auch Le Coz war zurück.
    »Ich muss einige längere Telefonate führen. Sie beide warten hier. Madame Nuz bleibt mit ihrem Schwiegervater allein, bis der Hubschrauber da ist.«
    Dupin stand auf.
    Gedankenverloren war Dupin dieses Mal nach links gelaufen. Zwischen dem alten Farmhaus, der Segelschule und dem Austernrestaurant mit den beiden Becken entlang, an der großen Wand mit dem surrealen Pinguin vorbei. Weiter in Richtung der Sandbank nach Bananec.
    Die Ereignisse schwirrten in seinem Kopf herum. Die ungeheuerliche Geschichte, der ganze Fall.
    Dupin blieb stehen. Er war schon eine Weile unterwegs und
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