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Bretonische Brandung

Bretonische Brandung

Titel: Bretonische Brandung
Autoren: Jean-Luc Bannalec
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Schwaden über dem Meer waren, die er da sah – Dunst, diesige Reflexionen von Licht auf dem grell glitzernden Meer an einem dieser silbrigen Tage. Die Glénan hatten sich wieder im unendlichen Nichts aufgelöst. Sie waren verschwunden.
    Es war Viertel nach zwei, als Dupin das Amiral betrat. Er war über den langen, steinernen Quai gelaufen, wo ihn die Bir an Land gelassen hatte und an dessen Ende die großen Parkplätze lagen, die malerische Altstadt und auf der anderen Straßenseite das Restaurant.
    Girard stand hinter der Theke und war mit einem imposanten Messer und einer hauchdünnen Tarte aux Pommes beschäftigt, die letzten Mittagsgäste waren längst beim Dessert. Er hatte den Kommissar sofort gesehen und rief einen der Garçons herbei, dem er das Messer übertrug.
    Mit nicht geringer Erleichterung sah Dupin, dass sein Stammplatz frei war. Der Tisch links hinten, ganz in der Ecke der Brasserie, von dem aus man alles sah. Die Menschen im Restaurant, die Menschen draußen auf den Plätzen, vor allem auch: die drei Häfen. Den neuen Jachthafen rechts, links den Hafen der lokalen Fischer und dahinter den großen Hochseehafen. Und zwischen den Häfen die alte Festung, die seit fünfhundert Jahren allem trotzte, von niemandem je eingenommen worden war, und an deren dem Amiral zugewandten Mauer eine große Sonnenuhr befestigt war. Darunter glänzten die Worte: »Le temps passe comme l’ombre« – »Die Zeit flieht wie der Schatten«. Manchmal nicht, dachte Dupin, manchmal bleibt sie für immer stehen.
    Unbesiegbar war sie, unzerstörbar, diese Festung. Alles an ihr vermittelte, dass sie für immer dort stehen würde. Dupin war heute froh, in ihrer Nähe zu sein. So unerschütterlichen Halt zu haben.
    »Geschafft? Sind Sie durch?«
    Girard stand neben ihm.
    »Ich bin durch.«
    »War es schlimm?«
    »Schlimmer.«
    Girard blickte ihn mit einem warmen, aber unpathetischen Blick an.
    »Ich habe – echte Delphine gesehen.«
    Dupin musste lächeln. Er hatte diesen absurden Satz eher geflüstert, wusste aber, dass Girard, selbst wenn er ihn gehört hätte, ohnehin nichts dazu sagen würde.
    »Entrecôte frites? Roten? Wie immer?«
    »Unbedingt.« Ihm fiel noch etwas ein: »Und bevor ich es vergesse: Ich habe morgen Abend Besuch. Ich bräuchte einen Tisch für zwei. So um acht.«
    »Notiert.«
    Kommissar Dupin lehnte sich zurück. »Wie immer.« Das waren sie. Die Worte, die alles gut werden ließen. An diesem Tag. Am Ende dieser Tage. All dieser Dinge. So war es. So war es wirklich.

Das Buch
    Zehn Seemeilen vor Concarneau: Die sagenumwobenen Glénan-Inseln wirken mit ihrem feinen weißen Sand und kristallklaren Wasser wie ein karibisches Paradies – bis eines schönen Maitages drei Lei-chen angespült werden.
    Das hatte gerade noch gefehlt: eine Bootsfahrt am frühen Morgen. Kommissar Dupin würde sich nach der Überfahrt am liebsten sofort mit einem bretonischen Hummer in der urigen Inselkneipe belohnen, doch dafür lässt ihm der Präfekt keine Zeit. Wer sind die Toten am Strand? Wurden sie Opfer des heftigen Unwetters der vergangenen Nacht?
    Alles deutet auf Tod durch Ertrinken hin, doch als sich herausstellt, dass einer der Toten ein windiger Unternehmer mit politischen Beziehungen, der andere ein selbstherrlicher Segler mit jeder Menge Feinden war, ahnt Dupin nichts Gutes. War der vermeintlich tragische Unfall auf offener See in Wahrheit ein kaltblütig geplanter Mord? Wer ist der Dritte im Bunde, und was verbindet die drei Männer? Während der nächste Sturm aufzieht, begegnet Dupin modernen Schatzsuchern, militanten Meeresbiologen, attraktiven Taucherinnen und unheimlichen Gestalten aus der überreichen Fabelwelt der Bretonen. Seine Ermittlungen führen ihn in die Geschichte der Inseln und ihrer eigensinnigen Bewohner und bringen eine dramatische Gewissheit ans Licht.
    Jean-Luc Bannalec gelingt erneut ein raffinierter Krimi mit verblüffenden Wendungen, feinsinnigem Humor und unvergesslicher Atmosphäre. Und zugleich eine Liebeserklärung an die Bretagne und die atemberaubende Schönheit der Glénan.

Der Autor
    Jean-Luc Bannalec ist ein Pseudonym; der Autor ist in Deutschland und im südlichen Finistère zu Hause. Im März 2012 erschien »Bretonische Verhältnisse«, der erste Fall für Kommissar Dupin. Das Buch wird derzeit in mehrere europäische Sprachen übersetzt.



1. Auflage 2013
    © 2013 by Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln
eBook © 2013 by Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln
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