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Braut der Nacht

Braut der Nacht

Titel: Braut der Nacht
Autoren: Kalayna Price
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Möglichkeit zog ich nicht in Betracht. Ich kehrte ihr den Rücken zu und sah Nathanial mit schief geneigtem Kopf an.
    »Wir werden ihn finden«, sagte er. »Aber wir müssen uns beeilen.«
    »Hier«, flüsterte ich und blieb witternd vor einer Tür stehen.
    Samantha– die ihr Äußeres in Ronco verwandelt hatte, eine wirkungsvolle, aber verstörende Tarnung– lehnte sich an die Wand und inspizierte gelangweilt ihre Fingerknöchel, während ich die Gerüche filterte. Ich war definitiv der Meinung, dass ich wahrscheinlich Luchs und Wolf riechen konnte. Verdammte unzuverlässige Vampirnase.
    Ein Stück weiter vor uns bogen zwei Vampire um die Ecke. Ich spannte mich an und ballte die Hände zu Fäusten. Abwartend wagte ich nicht einmal zu atmen. Aber nachdem sie uns zugenickt und von Nathanial ebenfalls ein Nicken als Antwort erhalten hatten, gingen sie weiter. Ich hatte keine Ahnung, in welche Illusion Nathanial uns gehüllt hatte, aber es funktionierte. Solange wir nicht irgendeinem der älteren übersinnlichen Vampire über den Weg laufen.
    Sobald die beiden um die nächste Ecke verschwunden waren, öffnete ich die Tür und schlüpfte hinein, dicht gefolgt von Nathanial und Samantha. Das Zimmer war groß, dunkel– und erfüllt von dem Geruch nach verwundeten Gestaltwandlern. Nathanials Finger streiften meine Schulter, als er nach mir griff, um zu versuchen, mich zurückzuhalten. Aber zu spät. Ich war bereits losgerannt. Ich sauste durch den Raum, geradewegs auf die Gestalt mit dem lohfarbenen Haar zu, die zusammengesunken auf einem Stuhl saß.
    »Hey!«, brüllte jemand hinter mir.
    Scheiße. Wachen.
    Ich wurde nicht langsamer. Laute Stimmen erhoben sich hinter mir, gefolgt vom Knirschen brechender Knochen. Jemand stöhnte. Ich blickte nicht zurück.
    »Bobby?« Besorgt kniete ich neben ihm nieder, und er hob den Kopf.
    Seine Augen waren rot und geschwollen, als er mich ansah, aber seine Haut war blass. Viel zu blass. Man hatte ihn bis auf die Hose ausgezogen, und die Ketten, die ihn an den Stuhl fesselten, schnitten ihm tief ins Fleisch. Hässliche Brandblasen zogen sich über die nackte Brust und seine Arme.
    »Ich werde dich befreien«, flüsterte ich. Aber wie? Ich konnte das Silber nicht berühren– mein Gefühl in den Fingern zu verlieren, würde uns nicht helfen.
    Ich riss einen langen Streifen von meinem Rocksaum und wickelte mir den glänzenden Stoff um die Hände. Das schützte mich zwar vor dem Silber, aber die behelfsmäßigen Handschuhe vereitelten jede Möglichkeit, dass ich die dünnen Silberketten zu fassen bekam. Verdammt.
    Ich warf einen Blick zurück zur Tür. »Nathanial, hilf mir!«
    Er schleuderte einen der Vampire gegen einen zweiten, und beide prallten mit einem dumpfen Krachen gegen die Wand. Tot oder bewusstlos fielen die Vampire zu Boden und hinterließen einen körpergroßen Abdruck an der Wand. Sie waren nicht die Einzigen, die reglos am Boden lagen.
    »Einer ist uns entwischt«, sagte Samantha, deren Erscheinung wieder von Roncos Gestalt zu ihrer eigenen zurückschrumpfte.
    »Dann bekommen wir bald Gesellschaft.« Nathanial kniete sich neben mich, und ich rückte zur Seite, damit er besser an die Kette herankam.
    Er musste die Finger regelrecht in Bobbys nackten Rücken bohren, um das Ende der Kette zu fassen zu bekommen, die sich tief in die Haut gefressen hatte. Als er sie vorsichtig fortzog, riss das Silber kleine Fleischfetzen mit sich. Bobby kniff die geschwollenen Augen zusammen, die Muskeln in seinem Gesicht zuckten, und er verzerrte gequält die Lippen, gab aber keinen Laut von sich, als die Kette sich löste.
    Ich nahm seine große Hand in meine und schmiegte meine Wange an sein Knie, aber das war alles an Trost, das ich ihm anbieten konnte. Es gab nichts, was ich gegen den Schmerz tun konnte, und obwohl die Energie seines Tiers in prickelnden Wellen von ihm ausstrahlte, konnte er sich nicht verwandeln und dadurch seine Wunden heilen, solange noch das Silber auf seiner Haut lag.
    »Wir müssen uns beeilen«, drängte Samantha, den Blick fest auf die Tür geheftet.
    »Befreie Steven«, befahl ich ihr und deutete auf den Shifter auf dem anderen Stuhl. Er bewegte sich nicht, und seine Brust hob und senkte sich kaum.
    Finster starrte sie mich an, und einen Augenblick lang glaubte ich, sie würde mich ihren höheren Vampirrang spüren lassen, doch dann drehte sie sich um und packte die Silberkette, mit der Steven gefesselt war. Mit einem Ruck riss sie sowohl die Kette als auch
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