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Brainspam: Aufzeichnungen aus dem Königreich der Idiotie

Brainspam: Aufzeichnungen aus dem Königreich der Idiotie

Titel: Brainspam: Aufzeichnungen aus dem Königreich der Idiotie
Autoren: Torsten Sträter
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im Dunkel meines Sargs
zerfallen. Ich wusste, dass die Flüssigkeit zuerst verdunstete. Dann Rigor
Mortis , die Totenstarre.
    Ich fasste an mein klopfendes Herz, das schlug wie ein
Dampfhammer, und berührte nacktes Fleisch.
    Wer auch immer dafür verantwortlich war, würde bezahlen –
und wenn ich aus dem Jenseits zurückkehren müsste!
    Onkel Erwin, das Schwein.
    Er war der Dominanteste unserer Familie, ein Pfennigfuchser
und verkappter Lebemann.
    Er hatte auch das Begräbnis meiner Uroma ausgerichtet, aber
meines Wissens nicht die Dreistigkeit besessen, sie ohne Leibwäsche unter die
Erde zu bringen.
    Er hatte mich immer gehasst, erkannte ich nun.
    Bis ans Ende deiner Tage, schwor ich mir stumm.
    Bis ans Ende deiner Tage.
    Ich begann zu zittern.
    Als ich meine Ellenbogen verschränken wollte, spürte ich
eine glitschige Substanz auf meinem Körper – sie hatten mir die letzte Ölung
gegeben!
    Nach welchem christlichen Brauch war ich verscharrt worden?
    Mein Gott.
    Möglich, dass Erwin nichts damit zu tun hatte.
    Vielleicht war der Bestatter ein gewissenloser Mensch.
    Ein Ghoul!
    Verdammter Leichendieb. Auch du!
     
    Ich konnte noch immer atmen, stellte ich fest.
    Wie lange noch?
    Brich aus oder finde deinen Frieden!
    Was dann passierte, war nicht mehr Vernunft gesteuert; ich
wusste, es wäre der Anfang vom Ende, mein Eintritt in die Gebetsmühle des Todes,
aber ich tat es.
    Ich sog die kalte Luft ein und schrie.
    »Hilfe!« Erst leise.
    »HILFE!« Dann lauter; meine Schreie hallten vom Deckel
meines Grabes zurück.
    »Hilfeeeeeee!«
    Meine Stimme kippte, überschlug sich.
    Der Deckel wurde ruckartig hochgerissen und warmes Licht
flutete mein Grab.
    Ich blinzelte in die Helligkeit, vermochte aber nichts
auszumachen, nur grelle Strahlen …
    … Dann sah ich die Umrisse einer Gestalt, die sich über mich
beugte.
    Eine Frau, engelsgleich, in weiße Gewänder gehüllt.
    Ihre Brust zierte das flammende Symbol allen Lebens.
    Ihre Stimme jedoch sprach schroff.
    Ich lauschte, noch immer unter schmerzendem Licht, ihrer
Stimme.
    Ich werde ihre Worte nie vergessen, die Essenz ihrer
Botschaft für immer in meinem Herzen tragen, bis ich sterbe.
    Meine Kinder, wie auch deren Kinder werden die Botschaft
bewahren.
    Schlafe niemals besoffen unter der Sonnenbank ein.

Happy Hour in der Bar der Ausgelöschten
     
    Enrique zog noch mal sein Glas durch die Bowle, hielt es
dann hoch und starrte hindurch, als würde er seine Zukunft in den schlingernden
Früchten sehen.
    »Alkohol ist echt Teufelszeug«, sagte er dann, nickte und
trank auf Ex.
    »Scheiß drauf – Happy Hour«, erwiderte der dünne Kerl, der
sich den anderen noch nicht vorgestellt hatte. »Ich nehm’ noch so einen
Bananen-Daiquiri.«
    Zur Unterstützung seiner Bestellung fuchtelte er mit seiner
käsigen Hand zur Kellnerin rüber.
    Die anderen – Enrique, Pollo das Schaukelpferd und Balthasar
– verzogen die Gesichter.
    Pollo wippte schwer angeschlagen herum, wobei er ständig den
Tisch anstieß und kleine Eruptionen in den Gläsern seiner Mitzecher
verursachte.
    »Kannste mal mit der Kacke aufhören«, fragte Balthasar,
»sonst stell ich dich echt neben das Klo – und das ist hier nicht der beste
Platz.«
    »Das hier auch nicht«, grinste der Unbekannte und ließ einen
fahren.
    Sein schwarzer Umhang blähte sich kurz hinten auf und
erschlaffte dann wieder.
    Es hätte wie die Trompeten von Jericho geklungen, wenn er
dabei nicht gekichert hätte.
    »Boooooahhhh!« Balthasar hielt sich die Nase zu; Pollo
musste allerdings lachen, ein merkwürdig lang gezogenes, hölzernes Wiehern.
    »Was bist du denn für einer?«, fragte er den Kerl mit den
Blähungen.
    »Ich bin das bessere Ende von Das Parfüm .«
    »Oh. Das ist heftig«, sagte Enrique und klopfte ihm auf die
Schulter, was einen grässlichen Schleicher zur Folge hatte, der den Umhang nur
kurz in Wallung brachte, aber höllisch in der Nase brannte. »Wie kam’s?«
    »Süskind hat ein ganzes Blech Pflaumenkuchen gefressen,
während er das letzte Kapitel schrieb. Weil er fertig werden wollte, hat er
mich erfunden; ihm ging’s wohl nicht …«, er furzte erneut, wartete eine Sekunde
und zog dann ein erleichtertes Gesicht, »… besonders. Jedenfalls sollte ich auf
dem Markt aufkreuzen, und nicht dieser gierige Pöbel. Ein Showdown wie in High
Noon . Nur Grenouille und ich, und ich sage: Mal schauen, was du
wegstecken kannst, Nasenbär , und lasse einen sausen, dass die verdammte
Erde bebt. Na ja – jedenfalls
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