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Brainspam: Aufzeichnungen aus dem Königreich der Idiotie

Brainspam: Aufzeichnungen aus dem Königreich der Idiotie

Titel: Brainspam: Aufzeichnungen aus dem Königreich der Idiotie
Autoren: Torsten Sträter
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Schade.«), eine Fahrt in der Wildwasserbahn,
»Unendliche Geschichte« mit gleichsam unendlichem Anstehen, nur um dann an
Fuchur vorbei zu rasen, der »Rettet Fantasien« murmelte, während ich wie ein
Bettnässer auf den Boden starrte – ich habe echt alles gemacht.
    »Zeit, nach Hause zu fahren!«
    »Nein! Büüüüüüttöö! Nur noch den Turm. Büüüütöööööö!«
    »Nei-heien! Ich hab jetzt keinen Bock mehr. Und auf
irgendwelches Rapunzelturm-Gedöns schon gar nicht!«
    Nix mit Rapunzel jedoch.
    Der Freefall-Tower ragte hoch in den Himmel, und während ich
versuchte, meinen Anwalt zu erreichen, um meine Nichten vorbeugend entmündigen
zu lassen, hatten diese die Chance genutzt und sich in den Sitzen der
Höllenmaschine verkeilt.
    Ich legte auf: Jede Entmündigung war für die Katz. Sie
würden keine Achtzehn werden.
    Ich hätte, gebe ich zu, gern einfach von unten zugesehen,
wie kindliche Gedankenlosigkeit verpuffte, während zarte Körper mit zig
Stundenkilometern dem Abgrund entgegenrasen.
    Aber die Nummer mit der Zuckerwatte hatte mich eines
gelehrt: Das männliche Hirn ist zu simpel konzipiert, um alle spontanen Launen
ausgelassener Kinder voraus zu ahnen.
    Ich sah die Klageschrift vor mir:
    Die Warner Brothers Coorperation gegen Torsten Sträter
    Gegenstand: Totschlag eines Belgiers durch absichtlich
vom Freefall-Tower abgeworfenen Mädchen-Slippers mit Pokemon-Motiv. Tödliche
Schädelfraktur, gepaart mit einer klaffenden, durch den Absatz des Schuhs
hervorgerufenen Pikatchu-förmigen Wunde im Gesicht. Der Verstorbene kann nur im
geschlossenen Sarg aufgebahrt werden.
    Ich hätte mir gern noch mal den Urbi-et-Orbi-Klingelton
angehört.
    Ich.
    Stieg.
    Zu.
     
    Wie soll ich sagen?
    Vor die Wahl gestellt, mir von einer Trümmerfrau mit
aufgemalten Augenbrauen das Krümelmonster ins Gesicht tätowieren zu lassen oder
noch mal den Tower zu nehmen, würde ich umgehend beginnen, mein Gesicht mit
einer vorbereitenden Hautcreme einzuschmieren.
    Schlicht ausgedrückt:
    Man nimmt Platz, wird achtzig Meter in die Höhe gezogen und
ohne Vorwarnung fallengelassen. Unterwegs stirbt man, wird aber durch ein
monströses Bremsmanöver reanimiert.
    Ich weine bestimmt nicht gern vor meinen Nichten – aber wann
bekommt man schon eine zweite Chance?
    »So schlimm fanden wir es gar nicht, Onkel«, meinten die
beiden auf dem Weg zum Auto.
    »Nennt mich Lazarus«, erwiderte ich.
    Mein Wagen war noch da, mein Leben auch. Im Innern duftete
es vertraut nach meinem Lieblingsduftbaum »Rinderhack mit Erbsen und Möhren«,
und ich gab dem Seat die Sporen.
    Nur weg, weg in ein neues Leben.
     
    Am Kreuz Recklinghausen winkten sie mich dann raus.
    »Haben Sie das Martinshorn nicht gehört, Sie IRRER? Sie
rasen wie ein Bekloppter, und das schon seit dreißig Kilometern!«, meinte der
Polizist.
    Ich lächelte ihn an.
    »Wirklich? Ein Martinshorn? Klingt das etwa so? «
    Das Gespräch wurde noch ziemlich unangenehm.
    Aber dafür bekam ich ein passables Möööööööp hin.

Cranger Kirmes:
Bedienungsanleitung
     
    Anspruch:              
*
    Metapherndichte:    **
    Lerneffekte:           
****
    Romantik:              
*
    Action:                   
***
    Sex:                        
*
     
    Herne ist dummerweise komplett aus Beton errichtet worden,
und so wird die Stadt daran gehindert einfach weiterzuziehen, um irgendwann
über den Rand der Erde zu kippen und zu verschwinden. Deswegen wird diese Stadt
ständig Produzenten und Regisseuren als Location angeboten, um aus der Not eine
Tugend zu zimmern.
    Einige Auszüge:
    »Zu flach.« (Roland Emmerich auf die Anfrage, wie es mit dem
Godzilla-Dreh in Herne Baukau aussähe.)
    »Zu viele Pommesbuden.« (Aus dem Ablehnungsschreiben der
Metro Goldwyn Mayer zur Ausschreibung der Neuverfilmung von Die Katze auf
dem heißen Blechdach.)
    »Zu viele heiße Blechdächer.« (Kommentar des Set-Managers
für Fräulein Smillas Gespür für Schnee .)
    Peter Jacksons Bemerkung »zu viele Orks« möchte ich gar
nicht erst erwähnen.
    Hier wird ohnehin kein eitel Flimmer benötigt. Jeder
Versuch, einen Pisspott in eine Kristallkaraffe zu verwandeln, muss scheitern,
und deswegen erhebt sich die Stadt über harmlos duckende Dörfchen wie
Castrop-Rauxel und Oer-Erkenschwick, um seine eigene Version von Dantes Inferno
zu entfachen.
    Die Hölle heißt Cranger Kirmes.
    Jedes Jahr erhebt sie sich wie Phönix aus einer Asche,
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