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Boy 7

Boy 7

Titel: Boy 7
Autoren: Mirjam Mous
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sagte Lara. »Heftig, was? Komm, ich zeige dir den Rest des Gartens.«
    Mir war es ganz recht, dass ich nicht sofort ganz allein in einem fremden Gästezimmer sitzen musste. Laras Wortschwall sorgte dafür, dass ich mein Elend für einen Augenblick vergaß und mich fast normal fühlte.
    »Selbst gezüchtet.« Sie zeigte auf eine Pflanzengruppe. »Und dieses Rosenbeet ist das Paradepferdchen meiner Tante. Sie hat damit sogar einen Preis gewonnen.«
    Ich glaubte nicht, dass ich einen grünen Daumen besaß. Okay, ich wusste, wie eine Rose aussah und dass man einen Rasen hin und wieder mähen musste, aber weiter reichten meine Pflanzenkenntnisse nicht.
    Bei einem Vogelhäuschen stand eine Frau. Breiter Rücken, Schaftstiefel, die Haare lässig hochgesteckt. Sie schippte Futter aus einer Tüte in das Häuschen.
    »Tante Bobbie«, rief Lara. »Ich habe einen Gast mitgebracht.«
    Die Frau drehte sich um. Ihre grauen Augen musterten mich neugierig. »Hallo.« Sie wischte sich die Hand an ihrer Hose ab und streckte sie mir dann entgegen.
    Ich musste ein paar Schritte auf sie zugehen, um sie zu ergreifen. »Boy Seven.«
    »Bobbie.« Sie hatte einen festen Händedruck. »Was ist mit deinem Bein?«
    »Knöchel verstaucht.«
    »Im Verbandskasten ist eine elastische Binde.« Bobbie nickte Lara zu. »Er kann im gelben schlafen.«
    »Glückspilz.« Lara strahlte, als hätte ich soeben den Hauptpreis gezogen. »Vom gelben Zimmer hast du die beste Aussicht auf den Garten.«
    »Lust auf Tee?«, fragte Bobbie.
    Lara legte ihrer Tante den Arm um die Taille. »Sie backt großartige Obstkuchen.«
    Auf einmal spürte ich wieder, wie müde ich war. »Nachher vielleicht. Ich würde gern erst duschen.«
    Lara brachte mich zu meinem Zimmer. An der Decke rotierte ein Ventilator auf vollen Touren, wodurch es ziemlich kühl war. An einer blassgelben Wand stand ein Doppelbett, auf der Kommode gegenüber eine Schale voller Blätter und Zweige, die einen würzigen Duft verbreiteten. Ich nahm die Baseballkappe ab und legte sie neben die Schale.
    »Hier ist das Badezimmer«, sagte Lara.
    Ein Plastikvorhang mit Rosenmotiv schirmte den Duschraum ab. Es gab eine Toilette mit einer dottergelben Klobrille und einer passenden WC-Matte davor. Auf dem Waschbecken lagen Gästeseifen und es gab Flakons mit Shampoo. Darüber hing ein Spiegel und ich erhaschte einen flüchtigen Blick auf einen blonden Jungen, dessen Haare in alle Richtungen abstanden. Ich zuckte zusammen, als mir klar wurde, dass ich mein eigenes Spiegelbild gesehen hatte.
    »Ist was?«, fragte Lara.
    Und ob etwas war! Ich hatte mich nicht erkannt.
    »Neinnein.« Schnell ging ich wieder ins Zimmer und versuchte, meine Atmung unter Kontrolle zu bekommen.
    Lara kam mir nach und öffnete die Balkontüren. »Schau nur, wie hübsch.«
    Ich stellte mich neben sie auf den Balkon und starrte, ohne etwas wahrzunehmen, in den Garten. In meinem Kopf hämmerte es, als würde ich einen Specht beherbergen. Ich war also blond. Sah ich einigermaßen normal aus? Ich hatte es nicht gewagt, lange genug in den Spiegel zu schauen.
    Sie lehnte sich über die Balustrade. »Der dahinten ist mein Lieblingsbaum. Er trägt jedes Jahr tonnenweise Nüsse.«
    Lara Gartenfreak. Wenn ich bloß wüsste, was ich gern machte.
    Sie wandte sich um. »Möchtest du morgen hier oder im Garten frühstücken?«
    Morgen. Bis dahin hatte ich vielleicht mein Gedächtnis wieder.
    4
    Kaum war Lara weg, stieg ich aus den Bergschuhen. Ich öffnete die Knöpfe meiner Jeans und streifte die Hose ab. Da erst entdeckte ich das Etikett an der Innenseite. Genau das gleiche Etikett wie an meinem Rucksack. Boy 7. War das irgendeine Kleidermarke, spezialisiert auf Rucksäcke und Jeans? Oder ...
    Hastig zog ich mein Hemd aus und überprüfte den Kragen. Darin befand sich ein Label von Tumblewoods und daneben wieder ein Boy-7-Etikett. Ich griff nach meinen Bergschuhen und studierte das Lederfutter. Bingo. Die Innenseite meiner Baseballkappe und der altmodisch wirkende Schlafanzug: ebenso. Ich riss meine Socken von den Füßen – au! – und drehte sie von außen nach innen. Ja, klar. Sogar in den beiden Boxershorts stand es in winzigen Buchstaben ...
    Vielleicht hieß ich wirklich Boy Seven!
    Aber wer hatte die Etiketten in die Kleidungsstücke genäht? Und warum?
    In einer normalen Familie wurde Kleidung nicht gekennzeichnet. Wohnte ich vielleicht in einem Heim oder einem Internat?
    Mein Zeh stieß gegen die Rolle aus Geldscheinen, die mir aus der
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