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Boy 7

Boy 7

Titel: Boy 7
Autoren: Mirjam Mous
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sicherer fühlst«, bot ich an.
    Aber sie beugte sich schon über den Nebensitz und öffnete die Tür von innen. »Steig ein.«
    Erleichtert ging ich zur Beifahrerseite.
    »Du humpelst ja.«
    »Umgeknickt.« Ich schwang meinen Rucksack ins Auto und ließ mich auf den klebrigen Sitz fallen. »Heiß.«
    »Wenn es dem Herrn nicht passt ...«
    »Kein Problem.« Schnell zog ich die Tür zu.
    3
    Der Wagen rauschte über die Straße. Das Armaturenbrett klapperte. Ich sah auf die Uhr über dem Steuer. Es war fünf nach drei.
    »Du hast dich nicht einmal ordentlich vorgestellt«, sagte sie.
    Augenblicklich fühlte ich mich wieder unwohl. »Du dich auch nicht.«
    »Lara Rogers. Und du?«
    Lügen oder ... Sie würde mir nie glauben. Ich wandte meinen Blick von ihr ab und betrachtete meine Füße. Im Sitzen ließen meine Hosenbeine die Knöchel frei. Ich sah die 7 auf den Socken. »Seven.«
    »Und dein Vorname?«
    Mein Blick wanderte auf meinen Rucksack. Auf dem Träger war eine Marke eingestickt: Boy 7.
    »Boy.« Boy Seven. Ich probierte die Wörter auf meiner Zunge. Jetzt hatte ich einen Namen. Ein Pseudonym, wie Schriftsteller es manchmal nutzten. Es war ein Halt. Zumindest gab es mir das Gefühl, wieder einen Faden in der Hand zu haben. Einen ausgedachten Faden, zugegeben, aber immerhin meinen.
    Sie blies sich die feuchten Haarsträhnen aus der Stirn. »Was hast du denn auf dieser Grasebene gemacht?«
    Das Lügen ging immer leichter. »Irgend so ein Vollidiot hat mich mitgenommen. Auf seiner Rückbank hatte er ein Gewehr liegen, und als ich das sah, wollte ich sofort aussteigen.«
    Sie kicherte. »Nicht gerade der ideale Ort zum Aussteigen.«
    »Das kannst du laut sagen.« Ich rutschte tiefer in den Sitz und wagte es endlich, mich ein wenig zu entspannen. Nur noch kurz und ich war wieder in der bewohnten Welt. Ich hatte genügend Geld, um ein Motel zu bezahlen. Mit ein wenig Glück würde ich meine Gedanken nach einer guten Nachtruhe wieder sortieren können. Es war immer noch beängstigend, dass mich mein Gedächtnis im Stich ließ, aber die Situation wirkte um einiges weniger hoffnungslos als anfangs.
    »Du bist ziemlich jung dafür, dass du allein reist.«
    Diesmal konnte ich die Wahrheit sagen. »Ich bin auf dem Weg zu meinen Eltern.«
    Sie zeigte auf den Werbetext auf der Motorhaube. »Ich wohne bei meiner Tante und helfe ihr mit ihrem Bed & Breakfast.«
    Ich tastete nach dem Geldbündel in meiner Hosentasche. »Meinst du, da ist noch ein Zimmer frei?«
    »Bestimmt. Es ist ein schlechter Sommer für Touristen. Die meisten Leute suchen Abkühlung an der Küste.« Sie sah mich munter an. »Es wird dir nicht leidtun. Es ist wirklich ein tolles Haus mit einem wunderschönen Garten, in dem sich die Gäste aufhalten dürfen.«
    »Cool.« An der Innenwand meines Schädels pochte noch immer ein dumpfer Schmerz. Ich schloss einen Moment die Augen.
    »Stört es dich, wenn ich das Radio einschalte?«, fragte Lara.
    »Nein, kein Problem.«
    Knistern. Sie drehte am Knopf, um einen geeigneten Sender zu suchen. Fetzen von Countrymusik, Pop und Klassik huschten vorbei.
    »Was hörst du gern?«, wollte sie wissen.
    Aus den Lautsprechern ertönte ein Gitarrensolo. Funken in meinem Hirn. Ich erkannte den Song! »Eric Clapton ist okay.«
    Sie drehte die Lautstärke hoch und zu meinem Erstaunen konnte ich jedes Wort mitsingen. Mein Gedächtnis kam zurück! Noch nie war ich so erleichtert gewesen. Na ja, zumindest so weit ich mich erinnern konnte.
    Schweigend fuhren wir weiter über den Asphalt. Nach einer Weile wurde die Umgebung grüner. Ich sah immer mehr Bäume, ein Schild mit BRANDING, BRIGHT AND SHINEY und dann die ersten Häuser.
    Lara tippte mit den Fingernägeln aufs Lenkrad. »Wir sind fast da.«
    Branding war nicht gerade eine Weltstadt. Wir kamen an einer Tankstelle vorbei, zwei Kirchen, einem McDonald’s, einem Motel, einem Wal-Mart, einem Bäcker und einer Reihe frei stehender Häuser mit Veranden. Ich sog jeden Stein, jeden Garten und jedes Haus auf, aber ich erkannte nichts.
    Lara lenkte den Wagen in eine Auffahrt und parkte unter einem hölzernen Carport mit einem weißen Blütendach. »Bobbie’s B & B. Willkommen.«
    Sobald der Motor schwieg, war es seltsam still. Ich nahm meinen Rucksack und öffnete die Tür. Mein Knöchel protestierte sofort, als ich meinen Fuß auf den Kies stellte. Ich stützte mich auf die Tür, schob mich raus und mir wurde fast schwindelig von einem betäubend süßen Geruch.
    »Die Blumen«,
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