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Bottini, Oliver - Louise Bonì 02

Titel: Bottini, Oliver - Louise Bonì 02
Autoren: Im Sommer der Mörder
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wartete.
    Sie fand es nicht weiter auffällig, dass sich das LKA schon eingeschaltet hatte. Wäre das Waffendepot größer gewesen, hätte das Amt den Fall ohnehin sofort übernommen. Fragend hob sie die Brauen.
    »Gestern Abend hat mich ein Staatssekretär angerufen und sich nach dem Stand der Ermittlungen erkundigt.«
    Auch das kam ihr nicht allzu merkwürdig vor. Staatssekretäre telefonierten gern – und oft genug mit Leuten, die nicht mit ihnen telefonieren wollten.
    »Und vom BND kam ein Anruf, wir möchten dem Kollegen dort das Behördengutachten der KTU und die Ergebnisse der Verkaufswegeanfrage zur Verfügung stellen.«
    Sie nickte. Das war allerdings verwunderlich. Kripo und BND
    hatten selten etwas miteinander zu tun. Der BND hockte hinter seinen Mauern in Pullach und kümmerte sich um Afghanistan, Tschetschenien, Irak, Al-Qaida, nicht um Freiburg oder Kirchzarten. Die Zusammenarbeit der Behörden, vor allem des LKA, mit dem BND war sukzessive besser geworden, seit August Hanning vor ein paar Jahren Präsident des Geheimdienstes geworden war und sich um Offenheit, Kooperation und Imagepflege bemühte. Aber er war nach wie vor einer von wenigen, die das taten – vor allem, seit feststand, dass der BND nach Berlin umziehen würde.
    »Das ist das eine«, fuhr Almenbroich fort. »Das andere ist: Sie geben uns Informationen. Das LKA weist darauf hin, dass Münchner Neonazis irgendwo größere Mengen Waffen horten –
    womöglich in Baden. Der Staatssekretär lässt mitteilen, dass die rechte Gefahr in Baden-Württemberg zwar weitgehend zurückgedrängt, aber nicht besiegt ist. Von irgendjemandem hat er die Information, dass baden-württembergische Neonazis möglicherweise einen Anschlag planen. Und vom BND ist zu hören, dass Geheimdienstinformationen aus den USA nahe legen, dass süddeutsche Neonazis mit amerikanischem Geld Waffen gekauft haben.«
    »Alles gut möglich.«
    Almenbroich nickte. »Trotzdem.« In diesem Moment begann die Funkuhr zu fiepen, und er zuckte zusammen. »Was ist das denn?«
    »Ihr Wecker.«
    Er griff danach. »Wie schaltet man ihn aus?«
    »Oben draufhauen.«
    Almenbroich haute oben drauf, das Fiepen endete.
    Schmunzelnd stellte er den Wecker zurück. »Trotzdem«, wiederholte er.
    Aber er konnte sein Unbehagen nicht begründen. Irgendwo zwischen der äußeren Hitze und der inneren Kälte, sagte er, stecke ein merkwürdiges Gefühl in seinem Körper. Es sage: Schön, dass die sich für unsere Arbeit interessieren und uns Tipps geben. Aber komisch ist es schon. Alle wollen was, und um es zu bekommen, schicken sie uns in dieselbe Richtung.
    Wollen sie, frage das Gefühl, bloß verhindern, dass wir in eine andere Richtung gehen? Er lächelte düster. »Finden Sie das paranoid?«

    »Ein wenig.«
    »Vielleicht haben Sie Recht. Zehn Jahre Staatsschutz prägen.«
    Sie nickte. Sie hatte nicht daran gedacht, dass Almenbroich früher selbst Staatsschützer gewesen war. Alle Staatsschützer waren paranoid – und das war gut. Almenbroich hatte das Dezernat Staatsschutz fünf Jahre lang geleitet, bevor es im April 2000 aufgelöst worden war. Nach dem 11. September 2001 hatte man es als D 13 reanimiert. Zu diesem Zeitpunkt war Almenbroich bereits Kripoleiter gewesen.
    Er erhob sich und kam um den Schreibtisch herum. Sie gingen zur Tür. »Trotzdem«, sagte Louise. »Ich halte die Augen offen.«
    Auch sie hatte plötzlich ein merkwürdiges Gefühl: Almenbroich verbarg etwas vor ihr. Er wusste mehr, als er ihr offenbart hatte.
    Aber das war undenkbar. Alle anderen ja, doch der strenge, aufrichtige Almenbroich? Niemals.
    Er legte die Hand auf die Türklinke. »Wenn Sie glauben, dass es Neonazis waren, dann konzentrieren Sie sich auf die Neonazis. Wenn Sie glauben, dass es keine Neonazis waren, dann ermitteln Sie in die andere Richtung – ganz egal, was Rolf oder Anselm sagen. Wichtig ist nur eines: die Wahrheit.« Er lächelte. »Die gute, alte Wahrheit. Je älter man wird, desto deutlicher begreift man, dass sie alles ist, was wir haben. Sie ist der Kern des Ganzen, der wichtigste Wert einer aufgeklärten Gesellschaft. Leider auch der unbequemste, deshalb meiden wir sie gern. Doch letztlich, Louise, geht es immer um die Wahrheit.
    Von der Wahrheit der Geburt bis zur Wahrheit des Todes. Das Leben dazwischen ist sinnvoller, erfüllter und christlicher, wenn man es unter dem Aspekt der Wahrheit lebt.«
    Sie runzelte die Stirn. »Na ja.«
    Almenbroich lachte und legte ihr die andere Hand auf den
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