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Besser

Besser

Titel: Besser
Autoren: Doris Knecht
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    Eins
    Ich werde nicht kommen heute, ich weiß es jetzt schon. Zu nervös. Zu nüchtern. Zu viele Sachen im Kopf. Und die Narbe an seinem Hals zu deutlich vor meinen Augen, viel deutlicher als sonst. Er liegt auf mir, in mir und ich mache die Augen zu und sehe diese Narbe trotzdem. Es ist nicht die Narbe an dem anderen Hals, die Narbe, die ich vergessen wollte, schon vergessen hatte, an dieser Narbe hier war kein Messer schuld, keine Wut und kein Krieg, es ist eine harmlose, alte Narbe, ein Kinderfahrradunfall, ein dummer Sturz, irgend so etwas, aber ich sehe diese Narbe und erinnere mich an die andere Narbe an dem anderen Hals. Ich dränge die Erinnerung weg, verscheuche sie und lasse meinen Körper mit seinem sprechen, während ich überlege, wie spät es jetzt ungefähr ist … Halb drei vermutlich, um halb sieben werden zehn Leute zum Essen kommen, sechs Erwachsene, vier oder fünf Kinder. Adam kocht den Hauptgang, was bedeutet, dass ich mich um alles andere zu kümmern habe. Er fickt mich, drückt mit seinen Händen meine Handgelenke auf die Matratze, sein langer, knochiger Körper bewegt sich auf mir, er stöhnt laut und ich mache die vorgesehenen Geräusche, während ich an die fertigen Vorspeisen im Kühlschrank denke, an die gestern bereits zubereitete Entenleber-Pâté, an die Ziegenkäse-Tartes und an die Würstchen in Blätterteig für die Kinder, die ich nur mehr aufzubacken brauche. Ich wünschte, ich wäre mehr bei der Sache, aber ich bin es nicht, ich will mich darauf einlassen, aber es gelingt nicht. Er stemmt sich hoch, aus mir heraus, dreht mich herum und schiebt mit den Knien meine Beine auseinander. Ich habe zur Sicherheit noch italienische Wildschweinsalami besorgt, ein Stück Parmesan, fette, schwarze Oliven und Avocados, es wird reichen, auch falls Adam das Lamm, sein erstes Lamm, versemmelt. Er packt meine Hüften, keucht und stöhnt. Es wird alles gut sein, alles wird gut aussehen, perfekt, vorschriftsmäßig, nichts verrät mich. Schweiß rinnt meinen Nacken hinab, ich spüre, wie in meinem rechten Oberschenkel ein Muskel verkrampft. Das Kissen riecht nach billigem Waschmittel. Er wird schneller, heftiger, gleich kommt er. Zum Dessert in Rotweinsud gedünstete Birnen mit Vanilleeis, er wimmert jetzt und krächzt meinen Namen, und für die Kinder Schokosauce auf Birnenpüree, schnell gemacht. Er krallt sich mit beiden Händen in meine Hüften, und jetzt kommt er, er kommt endlich, und ich tue so, als käme ich auch, er brüllt, er stöhnt ein letztes Mal wie erlöst auf, er fällt, seine Hände in meinen Haaren, schwer auf mich und atmet heiser in meinen Nacken. Ich bleibe einfach mal so liegen. Ist gut so. Ich werde heute das Geschirr von Adams Großmutter verwenden, das mit dem Rosenmuster.

    «Hast du den Knoblauch mitgebracht?»
    Hatte ich.
    «Habe ich. Und Bratenschnur auch, wie befohlen.»
    Adams SMS war da gewesen, als ich das Handy wieder eingeschaltet habe.
    «Hatte ich vergessen», sagt Adam. «Weil ich wieder mal in Hundescheiße gestiegen bin und mich so aufgeregt habe. Irgendwann rutscht mir die Faust aus.»
    Ja, haha, Adams Mädchenhammer, sicher.
    «Da ist ja der Supermarkt neben dem Atelier, war kein Problem … Hier.»
    «Danke.» Adam küsst mich hastig auf den Mund und reißt dann die Folie vom Schnurknäuel.
    «Für dich immer, Schatz», sage ich.
    Adam kocht jetzt. Oder besser: Er glaubt, er kocht. Als Elena aus der Säuglingszeit herauswuchs und wir sie nicht mehr so einfach in die Restaurants mitnehmen konnten, in denen Adam damals praktisch wohnte, als wir uns also gezwungenermaßen privat mit anderen Familien mit ebenfalls nicht gesellschaftsfähigen Kleinkindern sozialisierten, hatte er begonnen, vom Kochen zu reden, und dass er das jetzt auch anfange. Denn wenn ihr Luschen kochen könnt, kann ich das schon lange, so Adam zu den anderen Vätern, die fast alle kochen, zum Teil gut kochen, weil auf täglicher Basis. Dann fing er an, und jetzt kocht er manchmal, meistens für Gäste. Was man sich so vorstellen muss, dass Adam große, teure Fische vom Naschmarkt daherschleppt und dann Manuel anruft, der ihm erklärt, was er damit tun soll. Manuel kennt Adam lange genug, er hat Adam in seinem Restaurant ungefähr eine Million Mal bekocht, er kennt Adam und seine Möglichkeiten und sagt ihm deshalb nur die einfachsten Dinge: Leg den Fisch auf ein Blech, fülle ihn mit Zitronenscheiben und Kräutern, bepinsle ihn mit Olivenöl und schieb ihn eine
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