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John Corey 01 - Goldkueste

John Corey 01 - Goldkueste

Titel: John Corey 01 - Goldkueste
Autoren: Nelson DeMille
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1. Kapitel
    Durch mein Fernglas konnte ich einen etwa zwölf Meter langen schönen Kabinenkreuzer beobachten, der wenige hundert Meter vor der Küste ankerte. An Bord waren zwei Paare um die Dreißig, die sich köstlich amüsierten, in der Sonne lagen, Biere kippten und weiß der Teufel was alles machten. Die Frauen waren lediglich mit winzigen Bikinihöschen bekleidet, und einer der Kerle, der jetzt am Bug stand, zog seine Badehose aus, stellte sich einige Augenblicke so zur Schau, sprang dann ins Wasser und schwamm eine Runde um das Boot. Was für ein großartiges Land. Ich setzte mein Fernglas ab und riss ein Budweiser auf.
    Es war Spätsommer, aber nicht Ende August, sondern September vor der Herbst-Tagundnachtgleiche. Das Labor-Day-Wochenende lag hinter uns, und der Altweibersommer -was immer das ist - stand ins Haus.
    Ich, ein Cop namens John Corey, zurzeit auf Genesungs urlaub, sa ß auf der Veranda hinter dem Haus meines Onkels in einem Korbstuhl, während mir seichte Gedanken durch den Kopf gingen. Zum Beispiel fiel mir ein, dass das Problem beim Nichtstun ist, dass man nicht weiß, wann man damit fertig ist.
    Die Veranda ist eine altmodische umlaufende Holz konstruktion, die ein viktorianisches Farmhaus mit Schindeln, Erkern und T ürmchen im Zuckerbäckerstil der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts auf drei Seiten umgibt. Von meinem Platz aus konnte ich über den sanft abfallenden grünen Rasen nach Süden über die Great Peconic Bay hinaussehen. Die Sonne stand tief am westlichen Himmel, wo sie um 18.45 Uhr auch hingehörte. Ich bin ein Städter, aber hier draußen hatte ich wirklich angefangen, mich mit der Natur, dem Himmel und so weiter anzufreunden, und vor einigen Wochen endlich den Großen Bären am Nachthimmel entdeckt.
    Ich trug ein weißes T-Shirt ohne Aufdruck und abgeschnittene Jeans, die gepasst hatten, bevor ich so viel abgenommen hatte. Meine nackten Füße lagen auf dem Geländer, und die beiden großen Zehen rahmten den zuvor erwähnten Kabinenkreuzer ein.
    Um diese Zeit fangen Grillen, Heuschrecken und andere Insekten allmählich zu zirpen an, aber da ich kein großer Fan von Naturlauten bin, hatte ich auf dem Tischchen neben mir einen Kassettenrecorder stehen, der Der große Frust spielte. In der linken Hand hielt ich das Budweiser, das Fernglas hatte ich im Schoß liegen, und in Griffweite der rechten Hand lag auf den Holzdielen meine private Kanone: ein Revolver Smith & Wessen Kaliber 38 mit fünf Zentimeter langem Lauf, der gut in meine Handtasche passt. Bloß ein Scherz.
    Irgendwann in den zwei Sekunden Pause zwischen »When a Man Loves a Woman« und »Dancing in the Street« hörte ich Schritte auf den knarrenden alten Verandadielen. Da ich allein lebe und keinen Besuch erwartete, griff ich nach dem Revolver und legte ihn auf meinen Schoß. Damit niemand mich für paranoid hält, sollte ich erwähnen, dass ich mich hier nicht von Mumps, sondern von drei Schusswunden erholte. Wie bei Immobilien kommt's bei solchen Wunden auf Lage, Lage und nochmals Lage an. Im meinem Fall war die Lage dieser Löcher offenbar richtig, denn ich genas, statt zu verwesen.
    Ich sah nach rechts, wo die Veranda um die Westecke des Hauses führte. Dort erschien ein Mann, der ungefähr fünf Meter von mir entfernt stehenblieb und die von der untergehenden Sonne geworfenen langen Schatten absuchte. Tatsächlich warf er selbst einen langen Schatten, der über mich fiel, so dass er mich anscheinend nicht sah. Da die Sonne hinter ihm stand, war es für mich schwierig, sein Gesicht zu erkennen und seine Absichten auszumachen. Also fragte ich: »Was kann ich für Sie tun?«
    Er sah zu mir herüber. »Oh... hey, John. Hab' dich dort nicht gesehen.“
    »Setz dich, Chief.« Ich steckte den Revolver unter meinem T-Shirt in den Hosenbund und stellte »Dancing in the Street« leiser.
    Sylvester Maxwell, alias Max, der hiesige Polizeichef, kam herbei geschlendert und hockte sich mir gegenüber aufs Verandageländer. Er trug einen blauen Blazer, ein weißes Hemd, eine beige Baumwollhose und Seglerschuhe ohne Socken. Ob er sich im Dienst befand oder nicht, konnte ich nicht beurteilen. »In der Kühlbox liegen ein paar Dosen Limonade«, sagte ich.
    »Danke.« Er griff nach unten und angelte sich ein Budweiser aus dem Eis. Max sagt zu Bier gern Limonade.
    Er trank einen Schluck und starrte danach stumm vor sich hin. Ich sah wieder auf die Bay hinaus und konzentrierte mich auf »Too Many Fish in the Sea« von The
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