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Bombay Smiles

Bombay Smiles

Titel: Bombay Smiles
Autoren: Jaume Sanllorente
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gegründet, als Fischer die verschiedenen Inseln besiedelten, aus denen sich die Stadt heute zusammensetzt. Danach wurde die Stadt von verschiedenen Hindu-Dynastien regiert, kam in den Besitz der Araber, bis sie schließlich an Portugal fiel, welches die Stadt 1534 dem Sultan von Gujarat überließ. Das britische Königshaus ergriff 1665 Besitz von Bombay, trat es aber kurz darauf für den Betrag von nur zehn Pfund Sterling jährlich an die Britische Ostindien-Kompanie ab.
    Seit 1996 trägt Bombay offiziell den Namen Mumbai, der aus dem ursprünglich im Bundesstaat Maharashtra gesprochenen Marathi-Dialekt stammt und mit der Göttin Mumba in Verbindung gebracht wird, die ehemals von dortigen Fischern verehrt wurde. Der Volksheld der Marathen ist Chhatarapati Shivaji. Ihm war es gelungen, das mächtige Reich Maharashtra zu erobern, dessen heutige Hauptstadt Bombay ist. Einige Parteien, wie beispielsweise die Shiv Sena, sind überzeugte Gefolgsleute Shivajis und
verteidigen kompromisslos den Staat und den Hinduismus als Mehrheitsreligion.
    Bombay ist auch das Zentrum der gigantischen indischen Filmindustrie, genannt Bollywood, die jährlich die meisten Kinofilme weltweit produziert. Tag für Tag strömen außerdem Hunderte von Indern aus dem ganzen Land in diese Stadt, um ihre Träume zu verwirklichen. Für viele von ihnen endet die Reise in einem Alptraum aus Erpressung und Ausbeutung.
    Meine Maschine landete im Morgengrauen. Als sich die Türen des Flugzeugs öffneten, spürte ich wieder die typische Hitze auf der Haut. Doch dieses Mal fühlte sie sich vertrauter und freundlicher an.
    »Ich dachte, dieses Land nie wiederzusehen«, erinnerte ich mich. »Jetzt bin ich hier.«
    Am Flughafen nahm ich ein Taxi und ließ mich quer durch die Stadt bis in den südlichen Bezirk fahren, wo ich mich einquartieren wollte. Ich hatte im Stadtteil Colaba ein Zimmer in einer günstigen Pension reserviert, die mir Freunde empfohlen hatten. Sie lag nicht weit entfernt vom Gateway of India, dem Triumphbogen, der Bombays berühmteste Sehenswürdigkeit ist und 1911 zur Erinnerung an einen Besuch König Georgs V. errichtet wurde.
    Morgens war es in der Stadt recht düster. Während der gesamten Fahrt sah ich wieder und wieder graue Bündel am Straßenrand liegen. Worum es sich handelte, konnte ich aber nicht genau erkennen. Bald stellte sich heraus, dass es Menschen waren,
die auf offener Straße schlafen mussten, weil sie nicht einmal in einer Baracke Unterschlupf fanden.
    Bombay wirkte auf mich vor allem grau. Ich sah das dunkle Grau der Einsamkeit und die helleren Grautöne der Armut und des Schmutzes. Eine traurige, tieftraurige Farbe war es. Grau, die Farbe Bombays.
    Wenige Tage später fuhr ich mit dem Bus nach Benaulim Beach im kleinen Bundesstaat Goa, wo ich über das Wochenende eine Holzhütte bezog. Wie schön es dort war. Jeden Morgen erwachte ich vom Rauschen der Wellen und sah den Wolken am Himmel dabei zu, wie sie immer neue Formationen bildeten, die sich dann in der endlosen Weite des Arabischen Meeres spiegelten. Was für ein Luxus!
    Anschließend fuhr ich mit dem Bus nach Bangalore und von dort aus weiter bis nach Anantapur, um Projekte der Vicente-Ferrer-Stiftung zu besuchen. Vicente und Ana Ferrer nahmen mich herzlich auf, und dieser zweite Kontakt mit einer Non-Profit-Organisation war ganz sicher eine Inspiration und wappnete mich gegen die Überraschungen, die die Zukunft für mich bereithielt.
    Ich verließ den Bundesstaat Andra Pradesh mit einem Zug, der mich wieder nach Bombay brachte. Als ich an der Endstation dieser Reise eintraf, begann der Rest meines Lebens.
    Als ich die Hauptstadt von Maharashtra wiedersah, fand ich sie genauso wie in der ersten Nacht:
grauenhaft. Dreckig und stickig vom Smog, vollgestopft mit Menschen. Überall stieß ich mit jemandem zusammen. Schmutzig, verlaust, ausgehungert und zerlumpt fixierten mich die Angerempelten mit ihren bohrenden Blicken, in deren Intensität die gesamte Ungerechtigkeit einer grausamen Gesellschaft lag. Es waren Unberührbare. Sie lasen den Abfall auf, bettelten und flehten das Reich der Ignoranz und Verachtung - mitsamt den von konsumgierigen Reichen geschaffenen absurden Gesetzen - um Gnade an.
    Es gab so viele Arme in dieser Stadt. Wurde nicht immer behauptet, Bombay sei das Mekka der Filmindustrie, die Stadt der Großunternehmer und der Träume? War nicht Kalkutta Indiens ärmste Stadt?
    Die meisten Reisenden hielten sich im Touristenzentrum Colaba auf, von
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