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Bombay Smiles

Bombay Smiles

Titel: Bombay Smiles
Autoren: Jaume Sanllorente
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dorthin beschreibt er auf so offene, authentische Weise, dass er uns mitten im Herzen berührt. Und auch in der Bauchnabelregion beginnt es zu rumoren. Er hat die Blickrichtung geändert. Das könnte ja jeder tun …! Zumindest rein theoretisch. Und praktisch auch.
    Denn er war ja wie wir.

    Nina Ruge
    München, im November 2010

1
    Urlaub

    Wir denken an unser eigenes Leid nur.
Dem Leid der Menschheit gegenüber
verschließen wir uns.
    KRISHNAMURTI

    Tausende Sterne leuchteten in jener Märznacht am Himmel. Sanft schäumend umspülte das Wasser meine nackten Füße, das Mittelmeer lag ruhig da und strahlte Ruhe und Frieden aus. Hinter mir überragten die beiden Türme des Olympischen Dorfes die Stadt - seit 1992 zusätzliche Wahrzeichen Barcelonas. Wie auf einer Postkarte, dachte ich. Damals verstand ich noch nicht, dass es nicht darauf ankommt, eine Postkarte zu betrachten, sondern darauf, ein Teil von ihr zu sein.
    Ich hatte eine anstrengende Nacht hinter mir, wir hatten praktisch ohne Pause durchgearbeitet. In dem Restaurant, in dem ich jobbte, um mir etwas dazuzuverdienen, waren die Rolling Stones samt Crew zu Gast gewesen. Das war meine Wochenendbeschäftigung:
mich in einem der besten Lokale der Stadt um Prominente zu kümmern.
    In diesem Restaurant verkehrte die High Society Barcelonas - und gelegentlich der ganzen Welt: Musiker von internationalem Rang, Weltstars verschiedenster Branchen, Politiker, Prinzen und Prinzessinnen, der geborene und der selbst ernannte Adel sowie die üblichen schillernden Gestalten, die üblicherweise die Stars umschwirren. Meine Aufgabe bestand darin, dafür zu sorgen, dass sich alle wohl fühlten. Was im Grunde bedeutete, alle denkbar schwierigen Situationen zu meistern - etwa verärgerte Kunden dazu zu bringen, das Lokal mit einem Lächeln zu verlassen. Ich musste mich um die Reservierungen kümmern, die Gäste in Empfang nehmen und mir den Lieblingstisch jedes einzelnen Stammgastes merken.
    Es war eine tolle Zeit. Mit den Kollegen, mit denen ich mir die Nächte um die Ohren schlug, hatte ich eine Menge Spaß. Ich teilte Freud und Leid mit ihnen. Wie ich mussten sie Zumutungen und Launen klaglos ertragen, alleine, damit es bis zum Monatsende reichte. Wir amüsierten uns aber auch nicht wenig. Eines kann ich über diese Zeit auf alle Fälle sagen: Ich habe mich keine Sekunde gelangweilt.
    Außerdem arbeitete ich als Journalist bei einer Wirtschaftszeitung. Oft kam ich erst um vier Uhr morgens ins Bett und musste um sechs wieder aus
den Federn. Aber ich fand es toll. Mir war klar, dass es nicht ewig so weitergehen konnte, und vielleicht genoss ich es gerade deswegen umso mehr - wegen dieser merkwürdigen Gelassenheit, wegen diesem Gefühl von Vorfreude sowie gespannter Erwartung, das uns mitunter eigen ist, sobald wir meinen, dass wir uns in einer Übergangsphase befinden.
    Ich verfasste tagaus tagein Außenhandelsartikel. Ich verfasste Marktanalysen, schrieb über Hafenbewegungen, Transport- und Logistikabkommen - und tagaus tagein trug ich eine Krawatte! In die Wirtschaft war ich mehr oder weniger zufällig hineingestolpert, ich hatte es nämlich während meines Studiums der Journalistik versäumt, mir darüber Gedanken zu machen, in welchem Bereich ich eigentlich arbeiten wollte. Doch mit der Zeit lernte ich den Wirtschaftsjournalismus zu schätzen, trotz der öden Konferenzen und der oft absurden Machtkämpfe von Managern, über die ich zu berichten hatte.
    Man könnte sagen, es fehlte mir an nichts: Ich hatte Arbeit, Familie, Freunde, ich war jung … Ich war rundum zufrieden mit meinem Leben und hatte nicht vor, es zu ändern.
    Ich wollte mir nicht eingestehen, dass der stressige Arbeitsrhythmus der letzten Monate langsam seine Spuren hinterließ. Die Asthmaanfälle, unter denen ich seit meiner Kindheit leide, waren in den letzten Wochen häufiger geworden, und die Menschen
in meinem Umfeld gaben mir immer öfter zu verstehen, was an sich auf der Hand lag: Selbst wenn ich mit meinem Leben und meiner Arbeit rundum zufrieden war und es mir im Prinzip gut ging - ich war ganz offensichtlich urlaubsreif.
    In jener Nacht, als ich unter dem Sternenhimmel im Sand saß und dem Meeresrauschen lauschte, überkam mich ein ganz neues Gefühl: »Eine Sehnsucht nach dem, was kommen könnte« - so dürfte es ein Literat wohl bezeichnen.
    Am nächsten Tag wollte ich ein Reisebüro aufsuchen und einen Flug nach Kapstadt buchen. Ja, mein Entschluss stand fest: Ich wollte nach Südafrika. Oder
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