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Böse Sterne

Titel: Böse Sterne
Autoren: Dietmar Bittrich
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Orte, an denen man Sie in den Pensionen schon seit Jahren mit Namen kennt. Da sind Sie wer, da fordert man nichts Unzumutbares,
     da sind Sie willkommen.
    Es ist aber doch nicht das Altersheim, von dem Sie neulich mit verklärtem Blick geredet haben, oder? Beinahe? So eine Art
     Kurort? Also, jetzt mal nur unter uns: Sind Sie eigentlich schon pensioniert? Oder sehen Sie nur so aus? Sie haben diesen
     abgeklärten Blick, den eigentlich nur Menschen mit mehr als sechzig Altersringen um den Bauch aufsetzen dürfen.
    Sie aber auch. Wir mögen diesen Habitus. Er bringt ein Element der Schlafmützigkeit in diese allzu wache Welt. Ach, übrigens:
     Sammeltassen und Loks haben Sie bereits ausreichend. Besitzen Sie auch schon eine Schlafmütze? Mit Zipfel? Na, da wissen wir
     ja, wie wir Sie beschenken können, Sie Glückspilz!
     
    Ihr sicherer Weg zum Liebeskummer
    So. Dass Sie liebenswert sind, haben wir hinreichend zum Ausdruck gebracht. Jetzt die bange Frage: Warum sehen andere Menschen
     das nicht ein? Warum haben Sie immer wieder Kummer? Warum macht man Ihnen das Herz schwer? Weil das Blut in Ihren Adern langsamer
     fließt?
    Kann schon sein. Vielleicht verlieben Sie sich gerade |24| deshalb in flatterhafte Wesen. Sie fallen immer wieder auf Gaukler, Luftikusse, Windhunde rein. Auf Leute, die mit Ihrem Herzen
     jonglieren. Sie erhoffen sich einen Hauch dieser Leichtigkeit. Und in dieser Hoffnung versäumen Sie die Qualitätsprüfung,
     ohne die Sie sich sonst auf nichts einlassen.
    Ist das ein Fehler? Nein. Es ist eine Notwendigkeit, entstanden aus der schlichten Tatsache, dass alle anderen Zeichen leichtgängiger
     sind als Sie. Ihr eigenes Zeichen reizt Sie nicht. Sie können sich nur in jemanden verlieben, der wendiger, leichtfüßiger,
     flüchtiger ist. Wir müssen Ihnen den Weg zum Liebeskummer nicht erst weisen. Sie gehen Ihnen mit schweren Füßen allein.
    Aber zusehen dürfen wir, ja? Nur damit wir Spaß haben? Eigentlich mögen Sie keine Zuschauer. Aber für uns machen Sie eine
     Ausnahme, weil wir Sie heute schon mehrfach gelobt haben. Und da machen wir gleich weiter: Sie sind ein sinnliches Wesen.
     So wie Sie essen, so lieben Sie auch. Was soll das heißen? Dass Sie beim Küssen schmatzen? Und im Bett gleich danach einschlafen?
     Kommt vor. Häufig schlafen Sie sogar vorher ein.
    Vor allem wollen Sie die Liebe wie Ihre kulinarischen Leckerbissen sehen, riechen, schmecken. Langsam und genießerisch. Am
     besten in einem weichen Himmelbett. Mit Ausblick auf die Schweizer Bergwelt oder auf fruchtbare Milch- und Sahne-Landschaften.
    Schon mal erlebt? Nein? Werden Sie auch kaum erleben. Weil die anderen Zeichen nicht so sinnlich sind wie |25| Sie. Es gibt nicht viele Streichler und Schwelger, Kuschler und Koser unter den Sternzeichen. Die meisten geben sich bei diesen
     Künsten anfangs Mühe, in der Werbephase, dann lassen sie nach. Während Ihre Sinnlichkeit weiter zunimmt im Laufe der Jahre,
     immer parallel zu Ihrem zulässigen Gesamtgewicht.
    Grausam, aber wahr: Ausgerechnet Sie mit Ihrer stubenwarmen Erotik, mit Ihrer sahnigen Körperlichkeit, Sie werden nie ebenbürtig
     geliebt. Oder sagen wir: selten. Nicht so häufig, wie Sie es verdient haben.
    Aber nun müssen wir der Fairness halber auch sagen: Sie können extrem nerven. Sie sind ja nicht nur charmant und treu und
     sinnlich. Sie sind auch unbeweglich, stur und verfressen. Ja, vielleicht ist das sogar vorrangig. Beim letzten Weight-Watcher-Treffen
     haben Sie behauptet, Sie äßen mal aus Frust und mal aus Lust. »Und das ist auch gut so«, haben Sie angefügt.
    Denn Sie halten Ihren Weg für den einzigen und besten. Sie sind bereit, Ihren Partner zu verwöhnen. Aber nur nach Ihren eigenen
     Gesetzen. Sie streicheln ihn nicht, wann und wo er will, sondern wann und wo Sie wollen. Sie tischen ihm das auf, was Ihnen
     schmeckt. Sie schaffen ihm ein Ambiente, das Ihnen gefällt. Sie bauen ihm ein Nest, in dem Sie sich wohlfühlen.
    Sie bitten ihn um seine Meinung. Sie fragen ihn nach seinen Wünschen. Was er antwortet, spielt keine Rolle. Sie machen es
     so, wie es richtig ist. Und richtig ist es, wie Sie es wollen. Kann gar nicht anders sein. Die ganze Schöpfung |26| funktioniert nach Ihren Richtlinien. Und da soll Ihr Partner eine Ausnahme bilden? Das wäre doch gelacht.
    Ist aber so. Ihre Partner sind die Ausnahmen von den Regeln, nach denen Sie leben. Und das geht ganz schwer rein in Ihren
     quadratischen Schädel. Die können Sie nicht hinbiegen,
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