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Böse Sterne

Titel: Böse Sterne
Autoren: Dietmar Bittrich
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verstehen Sie nicht.
     
    So schaffen Sie den beruflichen Abstieg
    Sie sind überall einsetzbar, wo Helfer und Samariter benötigt werden. Ehrenamtliche, natürlich. Denn für Ihr Selbstwertgefühl
     ist es unverzichtbar, dass Sie gebraucht und nach Gutdünken ausgenutzt werden. Erstens können Sie dann seufzen, zweitens mitfühlend
     leiden und drittens Verantwortung meiden.
    Dass Sie unpraktisch sind, hat jeder Ihrer Arbeitgeber nach kurzer Zeit festgestellt. Das zeigt sich auch im Privaten. |155| Wer Ihre Wohnung betritt, bemerkt eine romantische Kuscheligkeit, möchte Ihnen aber sofort eine Putzhilfe sponsern. Viele
     Besucher, hört man, greifen bei Ihnen, bevor sie sich setzen, zu Staubsauger und Putzlappen. Ist das ein Trick von Ihnen?
     Dann fehlt Ihnen nur noch jemand, der Ordnung in Ihre Papiere bringt.
    So ähnlich gestaltet sich Ihr Arbeitsplatz. Sie stellen einen kleinen Buddha auf, dekorieren die Lampe und richten sich Delphinfotos
     als Bildschirmschoner ein. Fehlen nur noch die Walgesänge. Dann ist für Sie schon das Wichtigste geschafft. Von nun an werden
     Sie undurchschaubar vor sich hin wursteln.
    Man hat Sie eingestellt, weil Sie den Anschein erweckten, Sie seien freundlich und ließen sich mühelos führen. Tatsächlich
     zeigen Sie wenig Ehrgeiz, eine bestimmende Rolle zu spielen. Sie mucken nicht auf. Sie ordnen sich unter. Das freut die Chefs
     und alle, die es werden wollen.
    Sprachforschern ist aufgefallen, dass Fische-Geborene am seltensten von allen Zeichen das Wort »Ich« benutzen. Bereits Fische-Kinder
     lernen dieses zentrale Wort später als alle anderen. Ellbogen und Ego-Trip braucht also niemand von Ihnen zu befürchten. Etwas
     anderes stört und wächst allmählich zum Trennungsgrund: Es kommt nichts heraus bei Ihrer Arbeit. Sie legen keinen Wert auf
     Ergebnisse. Sie wissen nach kurzer Zeit nicht mehr, was eigentlich das Ziel Ihrer Arbeit war.
    |156| Stattdessen erweisen Sie sich als geduldiger Zuhörer für die Probleme Ihrer Kollegen. Immer sitzt jemand bei Ihnen und plaudert.
     Man sieht Sie einfühlsam nicken. Sie verstehen ja alles, besonders Kummer, Sorgen und Nöte. Davon können Sie gar nicht genug
     bekommen. Wenn Sie sich schließlich – falls noch Zeit bleibt – Ihrer eigentlichen Arbeit zuwenden, kommt sie Ihnen leblos
     und zweitrangig vor. Sie wissen gar nicht mehr, warum Sie das tun sollen.
    Dieser Umstand entgeht auch denjenigen nicht, die Ihr Gehalt zahlen. Und so gehören Sie mit Ihren Fische-Kollegen zu den häufigsten
     Jobwechslern im Tierkreis. Fische führen auch die Statistik der Studienabbrecher an. Ob Sie das Ziel aus den Augen verlieren
     oder einfach nur die Nächte verzechen, Sie stellen jedenfalls Ihre Referate nicht fertig, schließen Hausarbeiten nicht ab
     und versäumen die Anmeldung zum Examen. Und schließlich halten Sie dauerhaft und mit Abstand die Number One in der Top Ten
     der Sozialhilfeempfänger.
    Und nun wollen Sie, so wird gemunkelt, ausgerechnet Sie, eine Fähigkeit an den Tag legen, die den Fischen von den klassischen
     Astrologen schlichtweg abgesprochen wird: Sie wollen zeigen, dass Sie sich selbst ernähren können. Wirklich? Stimmt das? Oder
     wurde dieses Gerücht nur von Ihren Eltern gestreut, denen Sie immer noch auf der Tasche liegen?
    Was wollen Sie denn machen? Irgendwas Gutmenschenhaftes? Gestrandete retten, Gefallene aufrichten, |157| Süchtige beraten, von Gleich zu Gleich? Es würde passen, aber Geld gibt es dafür nicht. Was dann? Ihre Hinterglaskunst und
     Seidenmalerei werden Sie selbst bei eBay nicht los. Ihre Songs, hat man geheuchelt, müssten unbedingt produziert werden. Aber
     bare Münze will dafür keiner hinlegen.
    Ihre Idee mit dem vegetarischen Küchenservice findet zuwenig Unterstützung. Ihre Fähigkeit, die Frisur nach der Aura zu schneiden
     – oder stutzen Sie umgekehrt die Aura nach der Frisur?   –, wird nicht ausreichend honoriert. Sie können massieren, das schon, aber Sie sind so selten erreichbar. Als erschwerend
     erweist sich Ihre Neigung, Ihren Fleiß nach dem Mondkalender zu richten. Meistens steht der Mond falsch.
    Seit Sie als Kind schlafwandelnd durchs Haus geisterten, geht die Sage, Sie hätten mediale Fähigkeiten. Sie könnten Leute
     in frühere Leben zurückführen, die Botschaften des Ururgroßvaters übermitteln und sich dicke Schwarten aus dem Jenseits diktieren
     lassen. Tatsächlich ist unter den eingetragenen Hellsehern das Sternzeichen Fische am häufigsten. Ebenfalls
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