Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Böse Sterne

Titel: Böse Sterne
Autoren: Dietmar Bittrich
Vom Netzwerk:
für deren Konkurrenz. Sie sind in der Lage, neue Konzepte allein durch Ihre
     dickfellige Präsenz zu Fall zu bringen. Sie brauchen nicht erst Widerstand zu leisten. Wie Sie so dasitzen, ganz Klotz, ganz
     Stumpfheit, das bringt jede Vision zum Einsturz. Ihre subversive Muffigkeit senkt die Begeisterung von Projektentwicklern
     auf null. »Mit der können wir das nicht machen«, murmeln die Entwickler, »leider ist sie unkündbar.« Oder er.
    Unkündbarkeit ist Ihre Berufung. Streben Sie danach. Von der Selbstständigkeit müssen wir abraten. Es gibt Stier-Geborene,
     die töpfern recht hübsch und bemalen Bauernschränke und singen. Aber das reicht nicht zu dem abgefederten Leben mit Fettrand,
     das Sie anstreben. Selbstständigkeit würde eigene Ideen erfordern, würde hinausgehen über das Wiederkäuen von Fernsehnachrichten.
     Und eigentlich möchten Sie es beim Wiederkäuen belassen. Das Hervorgekaute erscheint Ihnen neu genug, immerhin haben Sie es
     persönlich eingespeichelt.
    Nein, Sie werden kein Risiko eingehen. Bevor Sie sich zu etwas aufraffen, rechnen Sie immer den erforderlichen |30| Aufwand gegen den Nutzen hoch. In hundert Prozent der Fälle ergibt sich, dass der Aufwand zu groß wäre.
    So bleiben Sie also sitzen auf Ihrem Sofa und legen die Beine hoch. Das fördert die Durchblutung. Sie telefonieren in aller
     Ruhe. Sie engagieren sich für die Natur, indem Sie Ihre Topfpflanzen gießen. Oder Sie sehen sich einen Landschaftsfilm
     an, finden es schön, dass es noch Äcker gibt und dass Sie sie nicht pflügen müssen, und malen sich aus, was Sie am Abend
     essen werden.
    Schaffen Sie es noch raus auf den Balkon? Dann werden wir uns vielleicht zu Ihnen gesellen. Sie haben ja gern Gesellschaft.
     Und während Sie uns vorstöhnen, wie stressig das Leben ist, klauen wir Ihnen eine Scheibe Wurst.
     
    So können wir Sie ködern und beerben
    Indem wir Ihnen recht geben.
    Indem wir Sie in einen Landgasthof begleiten.
    Indem wir behaupten, wir wollten Ihre Sammlung sehen.
    Indem wir Ihnen neueste Sicherheitstipps von ausgewiesenen Experten verraten.
    Indem wir einen Ausflug samt Einkehr mit Ihnen machen.
    Indem wir beteuern, wir hätten Sie lieb wie einen Teddybären.
    Indem wir Sie qualitätsbewusst nennen und fragen, welche Dinge und Geschäfte Sie empfehlen.
    Indem wir Sie häufig mit Ihrem Namen anreden.
    Indem wir Ihnen den Nacken massieren.
    |31| Tipp für Erben: Stiere benötigen klare Aussagen. »Wenn du mich nicht in deinem Testament bedenkst, bringe ich dir keine Schokolade
     mehr mit.«
     
    Häufige Todesarten
    In der Sonne eingeschlafen.
    Beim Studieren der Sicherheitsvorschriften vom Blitz getroffen.
    Dem aus dem Sessellift gefallenen Portemonnaie nachgesprungen.
    Nach Wurstwettessen geplatzt.
    Im Lehnstuhl verkalkt.
     
    Ihr Grabspruch
    Aus Sicherheitsgründen geschlossen.
     
    Typische Stiere
    August der Starke, dicker König
    Honoré de Balzac, dicker Schriftsteller
    Orson Welles, dicker Schauspieler
    Queen Elisabeth II., sture Königin
    Saddam Hussein, sturer Diktator
    Joseph Beuys, sturer Volkskünstler
    Johannes Paul II., ausdauernder Papst
    Rudolf Heß, ausdauernder Nazi
    Shirley MacLaine, ausdauernde Pilgerin
    Udo Lindenberg, alter Schlaffsack

|32|

    Zwillinge
    22. 5.– 21. 6.
    Warum wir Sie mögen
    Ein Seufzer der Erleichterung! Bei Ihnen müssen wir nicht übervorsichtig sein. Sie können einiges einstecken. Leute, die mit
     Ihnen befreundet sind, bescheinigen Ihnen Pflegeleichtigkeit. Man müsse nicht dauernd Rücksicht nehmen. Gut zu wissen! Selbst
     von ausgesuchten Bosheiten würden Sie kaum tangiert werden, heißt es. Na, mal sehen, was wir schaffen.
    Sie sind in der Lage, eine Menge Informationen aufzunehmen, aufgeregt weiterzuerzählen und gleich wieder zu vergessen. Nichts
     bleibt bei Ihnen haften. Eine Lebensweisheit allerdings haben Sie sich mit einiger Mühe merken können. Einen Spruch von Shakespeare
     oder Schiller oder wie der hieß: Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust. Glückwunsch! Und Sie meinen, dieser Geistesblitz
     von einem Satz gilt für Sie.
    |33| Aber er gilt nicht. In Ihrer Brust wohnen keine zwei Seelen. Da wohnt gar nichts. Wo andere Leute eine Seele haben, gähnt
     bei Ihnen ein Hohlraum. Wo bei anderen ein Herz pocht, wehen zugige Winde durch leere Hallen. Wenn man das Ohr an Ihre Brust
     hält – dürfen wir mal?   –, hört man es pfeifen. Das ist der Wind. Oder kommt das vom Rauchen? Jedenfalls haben Sie dauerhaft auf Durchzug
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher