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Böse Freundin (German Edition)

Böse Freundin (German Edition)

Titel: Böse Freundin (German Edition)
Autoren: Myla Goldberg
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bei unserer Musterung durchfiel, haben wir ‹Du bist raus› gesagt oder dass sie still sein muss, bis eine von uns sie anspricht, lauter solchen Mist. Sie hat immer gehorcht. Und weil wir ‹brave Mädchen› waren und Leanne den Mund gehalten hat, wusste kein Mensch davon.»
    «Wie lange ging das so?», fragte er.
    «Den ganzen Winter, bis ins Frühjahr hinein. Jeden Tag. Wir wurden es nie leid. Aber sie wohl schon, denn schließlich … das ist mir erst wieder eingefallen, als ich mit Josie geredet habe.»
    «Cee?», sagte Jeremy. «Alles okay?»
    «Nein. Ich bin nur so … Ich kann dich im Moment nicht mal ansehen.»
    «Du musst es mir nicht erzählen.»
    Celia nickte. «Doch. An dem Tag hatte Leanne lauter verkehrte Sachen an … eine braune Hose und ein Fußballtrikot, schwarze Turnschuhe und zu allem Unglück auch noch einen Cowboygürtel. Wir haben sie immer in drei Kategorien bewertet: Farben, Outfit und Auftreten – das Letzte hatten wir aus Star Search  –, und an dem Tag hat sie auf der ganzen Linie versagt.» Sie sah an Jeremy vorbei aus dem Fenster. «Ich fand, wir sollten sie zur Strafe in den Wald schicken, und Djuna fand, wir sollten ihr die Haare abschneiden, und statt uns groß darüber zu streiten, haben wir beschlossen, beides zu machen.»
    Sie schloss die Augen und sah den Schrank im Kunstsaal vor sich, die alte Suppendose, in der ein Dutzend Bastelscheren steckten.
    «Es war das erste Mal, dass Leanne sich gewehrt hat», sagte sie. «Wir könnten sie gern im Wald aussetzen, aber die Haare abschneiden: nein. Mir war klar, dass irgendwas nicht stimmte, weil Djuna so verdächtig schnell einverstanden war. Nachmittags, als die Busse kamen, haben wir uns alle fünf hinter der Schule getroffen. Ich wusste, dass Djuna die Schere dabeihatte. Als Erstes hat sie Leanne die Hände gefesselt. Leanne hat gebettelt, und ich habe zu Djuna gesagt, ich fände das keine gute Idee, aber Djuna wollte nicht hören. Anfangs hat Leanne sich gesträubt, aber dann hat Josie mir geholfen, sie festzuhalten, und da hat sie wohl eingesehen, dass sie sich die Mühe sparen konnte. Djuna hat ihr die Haare im Nacken bis zum Ansatz abgeschnitten und dann an der Seite weitergemacht. Ich weiß nicht, ob Leanne sich gewunden hat oder ob Djuna einfach nicht aufgepasst hat, jedenfalls quiekte Leanne auf einmal, und als Djuna zurückfuhr, sah man einen kleinen Schnitt in Leannes Ohr. Es war nicht schlimm, nur so, wie es manchmal beim Haareschneiden passiert, aber Djuna hatte sich wohl doch auch erschrocken, denn sie ließ es sofort bleiben und sagte, Schluss damit, jetzt ab in den Wald. Ich hab zu ihr gesagt, es reicht, immer wieder, die ganze Strecke auf der Ripley Road bis um die Kurve. Wir hatten uns zwar schon oft angebrüllt und ‹Ich hasse dich› gesagt, aber an dem Tag …»
    Die Stille am Esszimmertisch glich einer Glasperle, die das Haus in ihrem Inneren barg.
    «Als ich an dem Nachmittag in den Bus stieg und du nicht da warst», sagte Jeremy, «habe ich die ganze Fahrt lang überlegt, ob ich petzen soll oder nicht. Mom meinte, du wärst wohl mit zu Djuna gegangen, und ich hab nicht widersprochen, weil ich dachte, damit wärst du mir was schuldig. Und dann haben die Polizisten dich nach Hause gebracht und sind mit reingekommen.» Er schüttelte den Kopf. «Ich hab mich auf der Treppe versteckt. Ich dachte, Mom würde mich in mein Zimmer schicken, aber das hat sie nicht gemacht. Als Erstes hast du dich übergeben, mitten im Flur. Du hast nicht geweint oder so. Aber du hast ausgesehen, als ob … ich weiß nicht, Cee. Als ob man ein Stück aus dir herausgerissen hätte.»
    «Du hast das alles mit angesehen?»
    Er nickte. «So halb wollte ich eigentlich zurück in mein Zimmer oder mir wenigstens die Ohren zuhalten, aber ich hab’s nicht fertiggebracht. Und je länger ich gelauscht habe, desto wütender bin ich geworden.»
    «Auf mich?»
    «Auf Djuna!», sagte er. «Dich da so zu sehen … Ich meine, selbst ich wusste damals schon, dass man nicht zu einem Fremden ins Auto steigen soll, und da war ich erst acht!»
    Sie sah ihren Bruder eindringlich an. «Jem.»
    «Ich weiß», sagte er. «Mom hat mir erzählt, wie du es in Erinnerung hast. Die Sache im Wald. Ich will dir nicht widersprechen, Cee, aber an dem Tag hat es sich für mich definitiv so angehört, als würdest du die Wahrheit sagen.»
    Sie sah weg.
    «Hör zu», sagte er. «Keine Ahnung, ob dir das irgendwie weiterhilft, aber auf mein Gedächtnis ist nur
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