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Böse Freundin (German Edition)

Böse Freundin (German Edition)

Titel: Böse Freundin (German Edition)
Autoren: Myla Goldberg
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bis zu einem bestimmten Punkt Verlass. Große Teile der Jahre an der Highschool, die erste Zeit nach dem Entzug … alles weg. Als ich wieder so halbwegs im Lot war, ist es mir öfter passiert, dass jemand im Supermarkt auf mich zukam und ‹Hey, Mann› sagte und so weiter, und ich hatte keinen blassen Schimmer, wer das sein sollte.»
    «Was hast du dann gemacht?»
    «Anfangs hab ich durch die Leute durchgeguckt, als ob es Geister wären, aber das fand ich irgendwie nicht in Ordnung. Ich meine, es war ja nicht ihre Schuld, dass ihre Erinnerung besser funktionierte als meine. Also hab ich dann irgendwann einfach auch ‹Hey› gesagt und ein bisschen erzählt, was ich so treibe. Hat mir keinen Zacken aus der Krone gebrochen und war schnell vorbei. Und dann habe ich halt weitergewurstelt.»
    «Und ich war nicht da», sagte sie. «Du hast dich mit alldem herumgeschlagen, und ich war einfach … Ich hätte hier bleiben sollen.»
    Jeremy lächelte.
    «Nö», sagte er. «Du warst da, wo du sein solltest. Weit weg in Chicago, hast das nächste Kapitel in deinem Leben aufgeschlagen. Ehrlich gesagt, wäre es vermutlich schwieriger gewesen, dich um mich herum zu haben, als nur aus der Ferne daran erinnert zu werden, wie viel Scheiß ich gebaut habe. Das ist der Fluch des kleinen Bruders, im Schatten von jemandem zu leben. Ich war immer dazu verdammt, eifersüchtig zu sein, selbst auf die ganze Sache mit Djuna.»
    Celia sah ihn groß an.
    «Ich weiß schon», lachte er. «Klingt verrückt, aber sieh’s doch mal so: Alle waren auf einmal ganz besonders nett zu dir! In der Bücherei hat dir die Bibliothekarin eins von den gespendeten Büchern geschenkt, im Lebensmittelladen hast du von der Kassiererin was Süßes bekommen – allerdings hast du damals überhaupt nichts davon mitgekriegt. Du warst wie so ein Zombie, nur deswegen hat es funktioniert. Wenn du dich normal verhalten hättest, hätten die Leute schnell damit aufgehört; und da ist mir dann klar geworden, dass ich doch nicht so sein wollte wie du. Du warst so entsetzlich traurig.»
    Vom Fenster fiel Licht auf sein Gesicht und warf die vertrauten alten Schatten.
    «Machst du dir manchmal Sorgen?», fragte Celia. «Nachdem es jetzt nicht mehr nur um dich allein geht? Ich rede gar nicht von Daniel. Einfach bloß, dass man mit jemandem zusammen ist. Ich glaube, so halb und halb habe ich die ganzen Jahre Angst gehabt, dass ich, wenn ich nicht aufpasse, schlicht … Ich meine, wenn man einmal weiß, wozu man fähig ist, wie kann man dann sicher sein …?»
    «Kann man nicht», sagte Jeremy. «Anfangs bin ich so ungefähr dreimal pro Tag zu Treffen gegangen und hatte immer noch das Gefühl, das reicht nicht aus. Aber mit Daniel habe ich einen Fixpunkt, auf den ich mich konzentrieren kann, außerdem sehe ich allein daran, dass er da ist, was sich alles verändert hat.»
    «Aber hast du keine Sorge, dass eines Tages –?»
    «Ständig», sagte er. «Jeden Morgen denke ich beim Aufwachen daran, wie einfach es wäre, alles wieder über den Haufen zu schmeißen. Aber zu wissen, wie es geht, heißt nicht, es auch zu tun. Also entscheide ich mich jedes Mal wieder dagegen. Und klar, das kostet mich viel mehr Mühe als andere, aber ich denke mal, grundsätzlich kommt da niemand drum herum. Ich tue es eben jetzt. Und du auch, schätze ich, auf die eine oder andere Weise.»
    Noreen steckte den Kopf zur Tür herein.
    «Tut mir leid, wenn ich störe», sagte sie, «aber Pam meint, Daniels Schnuller wäre im Auto und du hättest die Schlüssel?»
    «Ist es schon Zeit für sein Nickerchen?» Celias Bruder ging zur Tür, die Schlüssel fest im Griff, als könnten sie jeden Moment Reißaus nehmen.

[zur Inhaltsübersicht]
    23. Kapitel
    Mrs. Pearson wohnte etwas abseits einer zweispurigen Landstraße, die auch einen Namen hatte, vornehmlich aber unter ihrer Nummer bekannt war. An ihr entlang reihten sich Felder, der ein oder andere Obst- und Gemüsestand und Einfamilienhäuser, deren Gärten direkt an die Straße grenzten und um die Sicherheit der Kinder fürchten ließen. Erst als sie das nächste Ortsschild passierte, bemerkte Celia, dass sie im Dämmerlicht an der Abzweigung vorbeigefahren war. Die aus dem Internet heruntergeladene Wegbeschreibung sagte nichts von einem schmalen, unbefestigten Weg, der unmittelbar hinter einem kleinen Haus in den Wald führte und eher ein zaghafter Vorstoß in die Wildnis zu sein schien. In unregelmäßigen Abständen standen Postkästen mit
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