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Böse Freundin (German Edition)

Böse Freundin (German Edition)

Titel: Böse Freundin (German Edition)
Autoren: Myla Goldberg
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war.
    Das Schweigen dehnte sich. Früher hatten ihre Unterhaltungen einem Tanz geglichen, bei dem Celia sicher durch alle Drehungen geführt wurde.
    «Wie geht es deinen Eltern?», fragte Mrs. Pearson.
    «Gut!», brach es mit viel zu breitem Lächeln aus Celia heraus, während ihr fünf verschiedene Dinge durch den Kopf schossen. «Sie fangen an, vom Ruhestand zu reden, aber ich glaube, sie wüssten nicht, was sie dann mit sich anfangen sollten … Äh, Mrs. Pearson? Es tut mir leid, dass meine Mutter sich nie mehr gemeldet hat.»
    «Celia.» Djunas Mutter seufzte. «Du bist jetzt zweiunddreißig Jahre alt. Ich glaube, du kannst Grace zu mir sagen, oder?» Ihre schlanken, eleganten Finger legten sich um die Tasse. «Und fühl dich bitte nicht verpflichtet, dich für deine Mutter zu entschuldigen. Wir waren nicht gerade Busenfreundinnen. Dabei wäre es ja so hübsch gewesen, wenn aus der Freundschaft zwischen Kindern auch eine unter den Großen erwächst, aber worüber soll man noch viel reden, wenn man die Lehrer und die kleinen Triumphe und Rückschläge durchgehechelt hat? Ich fand es so … deprimierend, eine Freundschaft einzig und allein darauf zu gründen, dass beide Säugetiere sind und lebende Junge zur Welt gebracht haben.»
    Das Lächeln machte ihr Gesicht weicher. «Natürlich trage ich deiner Mutter nichts nach. Wirklich nicht. Letztendlich hat sie nur das Gleiche getan wie alle anderen auch und was ich umgekehrt mit Sicherheit ebenfalls getan hätte. Was soll man denn unter solchen Umständen schon sagen oder tun? Man kann doch nie über das reden, was beide denken, nämlich dass der eine sein Kind noch hat.»
    Dank Mrs. Pearson hatte Celia einst von bunt angestrichenen Häusern geträumt, ein jedes bewohnt von einer Mutter, die schnell und scharfsinnig sprach. Hochgeistig lautete das Wort, auf das sie in der Fünften gestoßen war und mit dem sie unverständliche Begriffe und Themen im Stillen belegte. Wenn Djuna nach einem Streit schmollend in ihrem Zimmer saß, hatten sie und Mrs. Pearson mitunter ganze Nachmittage gemeinsam verbracht.
    Djunas Mutter biss von einem weiteren Keks ab und legte ihn neben den ersten. «Ich schätze, deswegen gehören so viele einer Kirchengemeinde an», fuhr sie fort. «Da hat man immer jemanden, der einem zur Seite steht. Darum hängen wir Atheisten ja auch alle so an unseren Seelenklempnern.» Sie lachte unvermittelt auf, es klang wie das Bellen eines Seehundes. «Ein teurer Spaß, der Atheismus. Mit einem Geistlichen käme man deutlich günstiger weg.»
    Celia hatte die alte Furcht vergessen, das Gefühl, lediglich einer Audienz beizuwohnen, aus der man jeden Moment entlassen werden konnte.
    «Jetzt sag mir, was ist denn aus deiner Dichtkunst geworden?», erkundigte sich Mrs. Pearson. «Du hast so schöne Verse geschrieben, höchst ungewöhnlich für dein Alter.»
    Das Gespräch wandelte sich zu einer Prüfung, für die Celia samt und sonders die falschen Dinge gelernt hatte.
    «Im College habe ich schon noch viel geschrieben», sagte sie, «aber danach im Grunde nichts mehr.»
    Djunas Mutter ließ den Blick von ihr fortschweifen.
    «Ich hatte Hoffnungen in dich gesetzt, Liebes», räumte sie ein. «Damals hast du so etwas Funkelndes, Strahlendes an dir gehabt. Ich dachte, es wäre der Glanz einer angehenden Dichterin, aber vielleicht war es auch einfach nur die Jugend. Jedenfalls hat es auf Djuna abgefärbt. Von mir oder von Dennis hatte sie das mit Sicherheit nicht. Wir waren als Kinder nie beliebt. Du kannst dir wohl vorstellen, wie schön es war, sie hier so aufblühen zu sehen. Sie hatte sich bis dahin immer so schwergetan, Freundschaften zu schließen.»
    Celia sah Djunas dunkle Zöpfe und ihren blassen Nacken vor sich. An jenem ersten Tag im Unterricht hatte Djuna sich kein einziges Mal umgedreht. Sie saß reglos auf ihrem Stuhl, außer wenn sie sich meldete, mit dem ganzen Wesen darauf ausgerichtet, aufgerufen zu werden.
    «Ich habe immer eher gedacht, etwas von ihr hätte auf mich abgefärbt», sagte Celia.
    Mrs. Pearson lächelte. «Dann habt ihr zwei wechselseitig wohl das Beste in euch zum Vorschein gebracht.»
    «Ich weiß nicht so recht.» Celias Mund war staubtrocken. Sie trank ihren Kaffee aus, den Djunas Mutter auffüllte, bevor Celia die Tasse abgestellt hatte. «Ich erinnere mich, dass wir oft gestritten haben.»
    «Ja, sicher habt ihr das!», sagte Mrs. Pearson. «Ihr wart eben Mädchen! Und wolltet einander immer übertrumpfen. Ich weiß
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