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Böse Freundin (German Edition)

Böse Freundin (German Edition)

Titel: Böse Freundin (German Edition)
Autoren: Myla Goldberg
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wovon Huck sich allerdings nicht täuschen ließ.
    Nach dem Essen zog Warren Huck zum Küchendienst heran, und Noreen verschwand mit Pam und Daniel im Fernsehzimmer.
    «Nicht sauer werden», sagte Jeremy zu Celia, als alle außer ihnen draußen waren, «aber Mom und Dad haben mir erzählt, weswegen du hier bist.» Celia beneidete ihn um den ungezwungenen Tonfall, um die täglichen Gespräche mit ihren Eltern; beides würde ihr immer verwehrt bleiben.
    «Ist schon okay», sagte sie. «Ich hätte es dir gleich sagen sollen, als du hier angerufen hast.»
    Sie saßen auf ihren angestammten Plätzen. Es musste Jahre her sein, seit sie zuletzt allein in einem Raum gewesen waren. Die Haut um Jeremys Augen war kreuz und quer von winzigen Linien durchzogen, als hätte er sein Leben in der Sonne verbracht und nicht in der Stadt mit der neuntstärksten Bewölkung Amerikas.
    «Jem», sagte sie. «Wie war ich damals?»
    Ihr Bruder schwenkte ein Glas Wasser und betrachtete den kleinen Strudel darin.
    «Wann, ‹damals›?», fragte er zurück.
    «Als wir Kinder waren», sagte sie. «Habe ich dich da gepiesackt?» Kleiner sagte sie schon lange nicht mehr, aber jünger war ebenso bedeutungslos. Der Mann, der ihr am Tisch gegenübersaß, war schlicht ihr Bruder.
    «Ich wüsste gern, woran du dich erinnerst», sagte sie.
    Jeremy warf ihr einen prüfenden Blick zu. «Ich soll aufzählen, was du mir alles Grässliches angetan hast, als wir klein waren?»
    Sie nickte.
    «Gut, dann lass mich mal nachdenken.» Er erstellte eine mentale Strichliste. «Okay. Du hast mich jahrelang beim Monopolyspielen dazu gekriegt, so was wie die Schlossallee gegen die Badstraße einzutauschen, weil Lila angeblich eine schönere Farbe wäre als Blau. Einmal hast du mir Wasser, gemischt mit Zahnpasta und ein paar Spritzern Waschlotion, gegeben und behauptet, es wäre eine neue Milchsorte. Und manchmal hast du dich hinter der Couch versteckt und, wenn ich ins Zimmer gekommen bin, geknurrt wie ein Wolf und mich zu Tode erschreckt.» Er lehnte sich zurück.
    «Ist das alles?», fragte sie.
    Er nickte. «Im Großen und Ganzen, ja. Laut Mom hast du mir, als sie mit mir frisch aus dem Krankenhaus kam, in den Finger gebissen, um zu prüfen, ob ich ein echtes Baby bin, aber so weit reicht selbst mein Gedächtnis nicht zurück.»
    Sie atmete zittrig aus.
    «Cee?», sagte er. «Alles okay? Ich verschweige dir nichts. Ganz im Ernst, du warst eine nette große Schwester.»
    «Auch wenn Djuna mit dabei war?»
    Er hob die Schultern. «Dann warst du gemeiner zu mir, aber wir hatten trotzdem Spaß.»
    «Inwiefern war ich gemein?», flüsterte sie.
    «Bloß so blöde Kleinigkeiten. Manchmal hast du mir Beleidigungen an den Kopf geworfen, oder wenn wir drei zusammen was gespielt haben, musste ich immer der Sklave oder der Hund oder das Baby sein. Mann, aber mit euch beiden war es nie langweilig, ihr habt euch immer so voll in alles reingestürzt. Mit meinen Freunden war das nie so. Wir haben uns höchstens mal gestritten, wer Boba Fett sein darf, aber dann gab es eben eine kleine Klopperei, und die Sache war erledigt. Pam sagt, das andere ist typisch Mädchen.» Er lächelte. «Ich muss schon sagen, sosehr ich Frauen liebe, wenn ich mir ansehe, was Pam jetzt durchmacht und was du damals durchgemacht hast, dann beneide ich euch kein bisschen.»
    Aus dem Fernsehzimmer war Noreen zu hören, die in einer Art Sprechgesang Kinderreime gurrte.
    «Jem?», sagte Celia. «Damals gab es auch noch dieses Mädchen, von dem du am Telefon gesagt hast, dass du dich nicht mehr an sie erinnerst.»
    «Leanne?»
    Celia nickte. «Sie war so ein halber Junge, wohnte drüben im Ostteil der Stadt, und eines Tages hat sie sich uns irgendwie angeschlossen. Hat mittags in der Schule bei uns am Tisch gegessen, ist uns in der Pause nachgelaufen, hat so ziemlich alles gemacht, was wir ihr gesagt haben.»
    «Die Sorte gibt’s überall», sagte Jeremy.
    «Ja, wahrscheinlich, aber wir haben es zu weit getrieben. Leanne wollte so sein wie wir, und das wurde dann zu einem Spiel. Djuna und ich haben sie jeden Tag bewertet, und wenn sie zu schlecht abschnitt …»
    «Was war dann?»
    «Es ist nicht mal so, als hätte ich es vergessen», sagte Celia leise. «Ich hab’s bloß unter den Teppich gekehrt. Jem, wir waren schrecklich zu ihr. Wir haben lauter ‹Behandlungen› erfunden und behauptet, die würden ihr helfen, zum Beispiel nur noch Möhren essen oder Waschlotion statt Shampoo verwenden. Und wenn sie
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