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Böse Freundin (German Edition)

Böse Freundin (German Edition)

Titel: Böse Freundin (German Edition)
Autoren: Myla Goldberg
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von Fels zu Fels gern an seiner Seite hat. Für seine Verwandlung von kompakt zu speckig machte Celia zu gleichen Teilen die Tatsache, dass er keine Drogen mehr nahm, und das Leben mit Frau und Kind verantwortlich. Gesicht, Hals und Bauch waren deutlich runder geworden; ein Außenstehender würde ihn mittlerweile wohl für den älteren Geschwisterteil halten. Sie fand diesen Gedanken eher betrüblich, als dass er ihr geschmeichelt hätte, obwohl Jeremy sich deswegen vermutlich keine grauen Haare wachsen lassen würde. Ehe und Vaterschaft hatten für ihn die Dankbarkeit fast zum Dauerzustand werden lassen, was Celia bei jedem, der nicht zur Familie gehörte oder es sich nicht so schwer erkämpft hatte, nervig gefunden hätte.
    «Echt schön, dass du da bist», sagte er jetzt und hielt dabei Daniel so locker auf der Hüfte, wie Celia es bis dahin nur bei Müttern gesehen hatte. «Pam ist im Fernsehzimmer, Mom bedient sie von vorn bis hinten.»
    «Glückwunsch», sagte Celia.
    Er lächelte. «Wir hatten es nicht erwartet, aber es hat uns auch nicht direkt überrascht.»
    «Und, wie fühlt sie sich?»
    «Ach, das erzählt sie dir sicher gern lang und breit selber.»
    Daniel strampelte.
    «Was ist, du Nervensäge? Willst du laufen?» Jeremy grinste. «Er kommt mir vor wie so ein Spielzeug zum Aufziehen», sagte er, setzte Daniel ab und heftete sich an seine Fersen.
    «Wie geht’s dir?», fragte Huck auf dem Weg zum Fernsehzimmer im Flüsterton.
    Celia hatte Wackelpudding in den Knien; am liebsten hätte sie Huck in irgendeine stille Ecke gezogen und ihm alles erzählt. «Du hattest recht», sagte sie. «Ich hätte nicht hinfahren sollen.»
    «Was sagst du?», rief Warren.
    «Nichts, Daddy.»
    «Hast du deine Freundin angetroffen?», fragte ihr Vater.
    Celia wusste nicht, was sie antworten sollte. Es stand ihr nicht zu, einen Zeitstrahl mit Leanne beginnen und mit Lee enden zu lassen. Zwischen dem Mädchen in den abgetragenen Kleidern und dem Mann, der Celias Namen förmlich ausgespien hatte, eine Gedankenverbindung herzustellen wäre nur eine weitere Grenzüberschreitung, eine Missachtung der Warnung, Abstand zu wahren.
    «Sie war nicht da», sagte Celia und folgte den anderen ins Fernsehzimmer.
    Pam winkte ihr von Noreens Sessel aus zu. «Entschuldige, wenn ich nicht aufstehe», sagte sie, «aber Mom hat es mir hier so gemütlich gemacht, dass ich ohne einen Flaschenzug vermutlich nicht mehr hochkomme.» Für dreizehn Wochen sah sie schon ziemlich rund aus; Celia fragte sich, ob es vielleicht an der Bluse lag. Sie hegte den Verdacht, dass ein Großteil der Umstandsmode absichtlich das Augenmerk auf den Zustand der Trägerin lenkte, als wortloser Bundesgenosse der T-Shirts, auf denen LIEFERZEIT: 9 MONATE oder VOLLPENSION MAMA stand – ein kompletter Industriezweig, gegründet auf der Angst der Schwangeren, einfach nur für dick gehalten zu werden. Celia hatte gehofft, dass sich zwischen ihr und der Frau ihres Bruders so etwas wie eine natürliche Affinität entwickeln würde, doch nach vier Weihnachtsfesten begegnete Pam ihr immer noch mit einem Panzer aus guter Laune. Sie stammte aus Tompkins County und gehörte einer weitverzweigten Sippe an, deren Mitglieder nie über die Grenzen ihres Bundesstaates hinauskamen. Celia spürte, dass Pam sie mochte, aber die Zurückhaltung schien ihr im Blut zu liegen – das angeborene Misstrauen eines Tiers gegenüber einem Wesen, das den Wald verlassen hatte.
    «Wie fühlst du dich?», fragte sie. Pam verzog das Gesicht.
    «Das willst du gar nicht wissen», sagte sie. «Jedenfalls ernähre ich mich zurzeit von Ofenkartoffeln und Bananen.»
    «Habe ich beides da», trällerte Noreen aus der Küche. «Ich hatte schon so eine Ahnung, dass du dich womöglich nicht für Quiche erwärmen kannst.»
    Pam erbleichte. «Erwähnt ja nichts, was mit Eiern zu tun hat», hauchte sie.
    Die folgende halbe Stunde war Daniel gewidmet, der sorgsam bewacht den ersten Stock erkundete und abwechselnd hoheitsvoll winkte oder einen gigantischen Hummer aus Plüsch hinter sich herzog. Der Brunch wurde von einem mehrstimmigen Chor untermalt: Pams Schilderungen ihrer morgendlichen Übelkeitsattacken mischten sich mit Lobgesängen auf das Kleinkindalter – was Daniel schon sagen und essen konnte, wie gut er durchschlief und wie viele Zähne er mittlerweile hatte. Die Fixiertheit von Eltern und Großeltern auf den Erstgeborenen bot Celia die Möglichkeit, sich hinter viel Lächeln und Nicken zu verschanzen,
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