Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bobby Z

Bobby Z

Titel: Bobby Z
Autoren: Don Winslow
Vom Netzwerk:
Vergräbt sein Gesicht in
der Brust des Mannes, um sich zu verstecken.
    »Olivia konnte kein Kind großziehen«, sagt Elizabeth verächtlich.
»Olivia könnte nicht mal eine Zimmerpflanze großziehen. Das hätte ich wissen
sollen. Bei ihrer achten Entziehungskur oder so habe ich beschlossen, ihn zu mir
zu nehmen. Und dann taucht er hier auf,
und ich dachte, na ja, scheiß drauf, er sollte wissen, dass er ein Kind hat.«
    »Ein Enkelsohn«, murmelt Huertero. Seine Augen füllen sich mit Tränen,
laufen über. Er weint, als er sagt: »Ein Enkelsohn. Ein Schatz.«
    Tim kann nicht glauben, was er da hört, und fragt sich, warum
Elizabeth das alles nicht vielleicht ein kleines bisschen eher gesagt hat. Und
als Nächstes hockt sich Huertero neben ihn auf den Boden, versucht Kits
Aufmerksamkeit auf sich zu lenken und säuselt: »Du wirst alles haben. Spielsachen,
Boote, Spiele, Pferde. Du wirst einen Stall haben mit Reitpferden, du wirst
leben wie ein Prinz aus dem Märchen. Frühmorgens werden wir ausreiten, und ich
werde dir Geschichten von deinen Vorfahren erzählen, und wie sie Mexiko
erobert und die Komantschen und die Apachen und die Yankees besiegt haben. Und
du wirst eine liebe Lehrerin bekommen, die dir Spanisch beibringt, und
Elizabeth wird deine Nanny sein. Möchtest du das?«
    Dabei versucht er den Jungen zu umarmen oder wenigstens zu berühren,
aber Kit klammert sich an Tim und presst seinen Kopf noch fester an seine
Brust. Blut tropft aus Tims Nase auf das Haar des Jungen.
    Huertero steht auf und versucht, sich den Staub von der Hose zu
klopfen.
    »Packt den Jungen«, befiehlt er.
    »Der Junge bleibt bei mir«, sagt Tim. »Nehmen Sie Ihr Geld und gehen
Sie.«
    Huertero lächelt bloß und sagt: »Packt den Jungen.«
    »Dock ZZ«, sagt Tim. »Die Nowhere. Sie können
hin und mit dem Boot abhauen, aber lassen Sie mir den Jungen.«
    Elizabeth will etwas sagen, aber Tim fährt ihr über den Mund: »Halt
die Klappe.«
    Weil er auch weiß, dass es zu Ende ist. Er weiß, Huertero wird sich
den Jungen und das Geld schnappen und ihn dann umbringen. Und das Kind wird ein
beschissenes Leben im Reichtum führen, aber wenigstens kann er es durchstehen
in dem Bewusstsein, dass sein Vater ihn geliebt hat.
    Was ein Kind eigentlich schon verlangen kann.
    »Ich gehe mit Ihnen«, sagt Kit zu Huertero. »Ich möchte mit Ihnen
gehen.«
    »Kit...« sagt Tim.
    Er hört Kit sagen: »Wenn Sie ihn nicht umbringen.«
    Kit ist ein verdammt schlauer, zäher kleiner Bursche, und er sagt:
»Sie können mich nicht einfach mitnehmen, wenn ich nicht will. Ich werde
schreien und brüllen, und dagegen können Sie nichts machen. Und ich werde den
Bullen erzählen, dass Sie mich gekidnappt haben, und dann wandern Sie ins
Gefängnis.«
    Tim hätte gedacht, dass Huertero jetzt völlig ausrastet, aber der alte
Knabe strahlt wie eine Dreckschippe und sagt: »Der Junge hat Temperament.«
    »Der Junge meint's ernst«, sagt Kit.
    Und der Junge hat offenbar eine Reihe von langen Nächten vor der
Glotze verbracht, weil er jetzt sagt: »Ich will jedes Jahr einen Brief von ihm,
und er und ich machen einen Code aus, so dass ich weiß, ob er falsch ist.
Solange mein Vater am Leben ist, bleibe ich bei Ihnen.«
    »In deinen Adern fließt das Blut deiner Mutter«, sagt Huertero.
    »Und das meines Vaters«, sagt Kit.
    Huertero streckt feierlich die Hand aus, und Kit schüttelt sie.
    »Abgemacht«, sagt Huertero. »Mein Ehrenwort darauf.“
    »Ehrenwort«, sagt Kit.
    Und Tim sagt gar nichts, weil er will, dass der Junge denkt, was er
gerne denken möchte: dass er nämlich seinem Daddy das Leben gerettet hat. Aber
Tim weiß, dass auf Huerteros Ehrenwort absolut geschissen ist.
    Aber da steht Kit vor ihm und versucht tapfer zu sein, und Tim streckt
die Arme aus und der Kleine umarmt ihn. Und Tim flüstert: »Ich hab dich lieb«,
und Kit flüstert: »Ich hab dich auch lieb«, und das ist verdammt tapfer, weil
sie beide heulen wie die Schlosshunde.
    Als Nächstes weiß Tim noch, wie Elizabeth Kit an der Hand nimmt und
ihn wegführt. Tim berührt Kits Finger, und dann sind sie weg.
    Und Tim kniet im Dreck und heult.
    Auf dem Weg zum Auto murmelt Huertero seinem besten Mann zu: »Wenn
wir auf dem Boot sind, legt ihn um.«
    Der Mann nickt. »Ich warte hier.«
    Huertero schüttelt den Kopf. »Wird nicht nötig sein. Der kommt schon.«
    »Si?«
    Si, denkt Huertero.
    Huertero kennt die Männer. Und er weiß, dass dieser Mann kommen wird.
    Wenn ein Mann einen solchen Sohn hat,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher